[...]
Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands treffen, wenn diese Regelung nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden. [...]
Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG ist die Abschiebung eines Ausländers auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer nach § 60a Abs. 4 AufenthG eine Bescheinigung auszustellen. [...].
Der Antragsteller beabsichtigt, die Ehe mit Frau ... zu schließen. Diese ist zwar nicht deutsche Staatsangehörige. Sie ist aber Mutter des am 04.04.2007 in Göttingen geborenen deutschen Kindes ... und aus diesem Grund im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG. Im Hinblick darauf, dass Frau ... das Recht hat, die familiäre Lebensgemeinschaft mit ihrem Kind in Deutschland zu führen, wäre es ihr im Fall der Eheschließung mit dem Antragsteller nicht zumutbar, mit ihrer Familie in ihr Heimatland zurückzukehren. Demzufolge dürfte in diesem Fall im Hinblick auf den auch für Ausländer geltenden Schutz der Ehe aus Art. 6 Abs. 1 GG der Antragsteller nicht aus dem Bundesgebiet abgeschoben werden.
Ein Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung wegen der Eheschließung setzt allerdings voraus, dass diese unmittelbar bevorsteht. Dies ist anzunehmen, wenn der Eheschließungstermin feststeht oder jedenfalls verbindlich bestimmbar ist. Sind die Vorbereitungen in dem Verfahren der Eheschließung bereits soweit vorangeschritten, dass die Anmeldung der Eheschließung (§ 4 PStG) vorgenommen wurde, die Verlobten die gemäß § 5 Abs. 1 und 2 PStG von dem Standesbeamten geforderten Urkunden beschafft haben und bei der Prüfung der Ehefähigkeit von ausländischen Verlobten ein Antrag auf Befreiung von der Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses (§ 5a PStG) gestellt wird, so steht die Eheschließung unmittelbar bevor, wenn dem zuständigen Standesamt sämtliche für diese Befreiung erforderlichen Unterlagen vorliegen (vgl. Nr. 60a.2.3.1 i.V.m. Nr. 30.0.9 und Nr. 30.0. der Vorläufigen Niedersächsischen Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz - Vorl. Nds. VV-AufenthG -). Für die Annahme einer solchen Situation spricht, dass der Standesbeamte die Antragsunterlagen an das für die Entscheidung über den Antrag auf Befreiung von der Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses zuständige Oberlandesgericht weitergeleitet hat, da dem Standesbeamten gemäß § 5a Satz 1 PStG die Vorbereitung dieser Entscheidung obliegt und er die hierfür notwendigen Nachweise von den Verlobten anzufordern hat. Umgekehrt ist nicht von einer unmittelbar bevorstehenden Eheschließung auszugehen, wenn der Standesbeamte einen Termin zur Eheschließung aus Gründen nicht festsetzen kann, die in die Sphäre der Verlobten fallen (OVG Hamburg, Beschluss vom 04.04.2007 - 3 Bs 28/07 -, lnfAuslR 2007, 282; VGH Mannheim, Beschluss vom 13.11.2001 - 11 S 1848/01 InfAuslR 2002, 228). Gleiches gilt, wenn sich im weiteren Verfahrensgang herausstellt, dass eine Entscheidung des Oberlandesgerichts deshalb nicht ergehen kann, weil es noch an Unterlagen fehlt oder sonst Zweifel oder Unklarheiten bestehen, die in den Zurechnungsbereich der Verlobten fallen; dann ist bis zu dem Zeitpunkt, in dem die für die Entscheidung über den Antrag noch fehlenden Unterlagen nachgereicht bzw. die Zweifel oder Unklarheiten beseitigt worden sind, von einer unmittelbar bevorstehenden Eheschließung nicht auszugehen (vgl. OVG Bautzen, Beschluss vom 16.05.2006 - 3 BS 61/06 -, AuAS 2006, 242).
Nach Maßgabe dieser Grundsätze steht auf der Grundlage der bisherigen Erkenntnisse die Eheschließung des Antragstellers mit Frau ... unmittelbar bevor. Die zuständige Standesbeamtin des Standesamts Northeim hat dem Gericht auf telefonische Anfrage mitgeteilt, aus ihrer Sicht lägen alle erforderlichen Unterlagen vor. Sie habe den Antrag auf Befreiung von der Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses an das OLG Braunschweig weitergeleitet. Dieses habe nur deshalb noch nicht über den Antrag entschieden, weil sich die hierzu vom Antragsgegner angeforderten Ausländerakten beim Verwaltungsgericht befänden. Letzterer Umstand fällt nicht in die Sphäre des Antragstellers und ist ihm nicht anzulasten.
Das Gericht vermag allerdings nicht abzusehen, ob im Rahmen der ausstehenden Prüfung des Oberlandesgerichts Fragen, Unklarheiten oder Zweifel auftreten werden, die der Sphäre des Antragstellers zuzurechnen wären. Sollte eine solche Situation eintreten, so wäre ab jenem Zeitpunkt nach den o.g. Grundsätzen nicht mehr von einer unmittelbar bevorstehenden Eheschließung auszugehen (vgl. OVG Bautzen, Beschluss vom 16.05.2006, a.a.O.). Angesichts dessen hält das Gericht es unter Ablehnung des weitergehenden Antrags für angebracht, dem Antragsgegner aufzugeben, eine Bescheinigung über die Aussetzung der Abschiebung des Antragstellers bis zur Entscheidung des Oberlandesgerichts Braunschweig über seinen Antrag auf Befreiung von der Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses, längstens jedoch bis zum Ablauf von drei Monaten nach Bekanntgabe des vorliegenden Beschlusses auszustellen, da in diesem Zeitraum bei normalem Verlauf des Prüfungsverfahrens eine Entscheidung über den Befreiungsantrag möglich sein sollte. Sollte nach Ablauf der drei Monate aus Gründen, die nicht in die Sphäre des Antragstellers fallen, keine Entscheidung über den Befreiungsantrag vorliegen, so stände es ihm frei, erneut um vorläufigen Rechtsschutz nachzusuchen. [...]
Soweit im Vortrag des Antragsgegners der Verdacht durchklingt, der Bruder des Antragstellers habe die Vaterschaft für das Kind nur deshalb anerkannt, um diesem den Status eines deutschen Staatsangehörigen zu verschaffen, und es handele sich in Wahrheit um ein Kind des Antragsteller selbst, entbehrt dies jeder nachvollziehbaren Grundlage. Im Übrigen entfaltet der gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 StAG durch Anerkennung der Vaterschaft (§ 1592 Nr. 2 BGB) begründete Status des Kindes Rechtswirkung, solange die Vaterschaft nicht gemäß § 1600 BGB wirksam angefochten worden ist. [...]