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Die sofortige weitere Beschwerde ist auch begründet, soweit die Betroffenen beantragt haben, die Rechtswidrigkeit des Beschlusses des Amtsgerichts vom 20. Juli 2006 festzustellen.
Das Amtsgericht hat die Anordnung der Freiheitsentziehung vom 20. Juli 2006 auf § 11 FEVG gestützt. Ist Antrag auf Freiheitsentziehung gestellt, so kann das Gericht einem Betroffenen nach dieser Vorschrift einstweilen die Freiheit für die Dauer von höchstens sechs Wochen entziehen, sofern dringende Gründe für die Annahme vorhanden sind, dass die Voraussetzungen für die Unterbringung vorliegen, und über die endgültige Unterbringung nicht rechtzeitig entschieden werden kann, § 11 Abs. 1 FEVG. Dabei hat das Gericht die Person, der die Freiheit entzogen werden soll, mündlich anzuhören, §§ 11 Abs. 2 S. 1, 5 Abs. 1 S. 1 FEVG. Die Anhörung kann bei Gefahr im Verzug unterbleiben; sie muss dann jedoch unverzüglich nachgeholt werden, § 11 Abs. 2 S. 2 FEVG.
Der Beschluss vom 20. Juli 2006 erging ohne mündliche Anhörung der Betroffenen. Das Amtsgericht ist insoweit von Gefahr im Verzug ausgegangen, hat zur Begründung hierzu aber keine Ausführungen gemacht, was gemäß § 6 Abs. 1 FEVG jedoch erforderlich gewesen wäre. Das Landgericht hat die vorläufige Freiheitsentziehung aus materiell-rechtlichen Gründen für rechtmäßig gehalten. Die Verfahrensrügen der Betroffenen hat das Landgericht nur im Hinblick auf die unterlassene Beiziehung der Ausländerakten behandelt. Soweit die Betroffenen auch ihre unterlassene Anhörung beanstandet haben, enthält der Beschluss des Landgerichts keine Ausführungen.
Dies hält einer rechtlichen Nachprüfung, auf die das Gericht der weiteren Beschwerde beschränkt ist, §§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO, nicht stand. Es ist nicht erkennbar, aus welchen Gründen die Tatsacheninstanzen vorliegend eine Gefahr im Verzug für gegeben erachtet haben, die das Amtsgericht hätte berechtigen können, vor Erlass seiner Entscheidung von der persönlichen Anhörung der Betroffenen abzusehen. Auch aus den Akten ergibt sich hierfür nichts. Vielmehr sieht das Gesetz regelmäßig die Ladung eines Betroffenen, dem die Freiheit entzogen werden soll, zur persönlichen Anhörung vor. Erst wenn er einer solchen Ladung nicht folgt, kann seine Vorführung angeordnet werden, § 5 Abs. 1 S. 2 FEVG. Deshalb kann Gefahr im Verzug auch nicht allein damit begründet werden, dem Betroffenen werde durch die Ladung der Haftantrag der Ausländerbehörde bekannt, so dass die Möglichkeit bestehe, er werde sich seiner Verhaftung entziehen; vielmehr bedarf es für eine solche Annahme konkreter Anhaltspunkte (Senat, Beschluss vom 23. April 2008 – 1 W 48/08 –, OLG-Report 2008, 624). Solche waren hier nicht gegeben. Vielmehr ist das Gegenteil der Fall.
Zunächst ist die – auf den unklaren Angaben der Ausländerbehörde beruhende – Feststellung des Landgerichts unzutreffend, die Betroffene zu 1 habe letztmalig am 6. April 2006 bei der Ausländerbehörde vorgesprochen. Tatsächlich ist sie nochmals am 18. April 2006 bei der Ausländerbehörde erschienen, um Rechtsmittel gegen den die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis versagenden Bescheid der Ausländerbehörde vom 6. April 2006 einzulegen. [...]
Darüber hinaus waren die Betroffenen unter ihrer Meldeanschrift in Berlin wohnhaft. Der Ausländerbehörde war auch die Anschrift der Verlobten der Betroffenen zu 1 bekannt. Dem Amtsgericht wäre also eine Vorladung, vgl. § 5 Abs. 1 S. 2 FEVG, möglich gewesen, ggf. hätte die Ladung über die Verfahrensbevollmächtigten der Betroffenen erfolgen können. [...]
Die außergerichtlichen Kosten der Betroffenen waren der Ausländerbehörde nicht aufzuerlegen. Das kommt nur dann in Betracht, wenn der Antrag der Behörde auf Freiheitsentziehung abgelehnt wird und das Verfahren ergeben hat, dass ein begründeter Anlass zur Stellung des Antrags nicht vorlag, § 16 Abs. 1 S. 1 FEVG. Die Ausländerbehörde hatte hier jedoch genügenden Anlass zur Beantragung eines Vorabhaftbeschlusses. Die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Haftgrundes nach § 62 Abs. 2 S. 2 AufenthG lagen vor. Die Feststellungen des Amtsgerichts und des Landgerichts haben die Betroffenen insoweit nicht in Frage gestellt. Die Entscheidung über die Anordnung der beantragten sogenannten "kleinen Sicherungshaft" lag danach im pflichtgemäßen Ermessen des Amtsgerichts (OLG München, OLG-Report 2006, 269), war also nicht allein von dem Haftantrag der Ausländerbehörde und den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 62 Abs. 2 S. 2 AufenthG abhängig. [...]