Ob ein Asylbewerber außerhalb einer Gemeinschaftsunterkunft untergebracht wird, richtet sich nicht nach § 3 AsylbLG, sondern nach § 53 AsylVfG.
Ob ein Asylbewerber außerhalb einer Gemeinschaftsunterkunft untergebracht wird, richtet sich nicht nach § 3 AsylbLG, sondern nach § 53 AsylVfG.
(Leitsatz der Redaktion)
[...]
Die Beschwerde hat keinen Erfolg, denn sie ist nicht statthaft.
Zwar ist die Beschwerde nicht deswegen unzulässig, weil die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit für Streitigkeiten der vorliegenden Art nicht zuständig sind.
Anders als der Prozessbevollmächtigte der Antragsteller meint, ist die Anspruchsgrundlage für die von den Antragstellern begehrte Unterbringung in einer Unterkunft außerhalb der Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber nicht in den Vorschriften des Asylbewerberleistungsgesetzes zu finden. Vielmehr sind die Antragsteller verpflichtet, in der Gemeinschaftsunterkunft – hier: in der G.straße ... in K. – zu wohnen. Diese Verpflichtung der Antragsteller beruht auf § 53 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG und den Zuweisungsbescheiden der ZAB vom 24.04.2006 und 01.12.2006. Dabei handelt es sich um bestandskräftige Verwaltungsakte, der wirksam bleiben, solange sie nicht aufgehoben oder geändert werden. Eine Änderung hat der Antragsgegner mit Bescheid vom 08.05.2008, der Gegenstand des Klageverfahrens A 5 K 850/08 beim Verwaltungsgericht Dresden ist, abgelehnt.
Nach Auffassung des Senats richtet sich die Frage, ob ein Asylbewerber außerhalb einer Gemeinschaftsunterkunft wohnen darf oder Unterkunft in einer Gemeinschaftsunterkunft zu nehmen hat, wenn er nicht mehr verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung i.S.d. §§ 44, 47 AsylVfG zu wohnen, ausschließlich nach § 53 Abs. 1 AsylVfG und nicht nach den Vorschriften des Asylbewerberleistungsgesetzes. Diese Vorschriften regeln vielmehr, wie die Leistungsbehörden des AsylbLG die Versorgung der Leistungsberechtigten jenes Gesetzes u.a. mit Unterkunft sicherzustellen haben. Insofern besteht zwar ein tatsächlicher Zusammenhang in der Gewährleistung von Unterkunft durch Sachleistung in der Gemeinschaftsunterkunft nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG und der aus § 53 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG folgenden Verpflichtung, dort zu wohnen. Allerdings kann es nach Ansicht des Senats aus systematischen Gründen nur dann, wenn dem Asylbewerber eine Unterkunft außerhalb der Gemeinschaftsunterkünfte wegen der besonderen Umstände des Einzelfalls gemäß § 53 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG gestattet ist, zu einer Entscheidung nach § 3 Abs. 2 AsylbLG kommen. Stellt sich also – wie hier – die grundsätzliche Frage, ob ein Asylbewerber nach wie vor verpflichtet ist, in einer Gemeinschaftsunterkunft gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG zu wohnen, so handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit im Sinne des § 40 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO –, weil die streitentscheidende Norm im Asylverfahrensgesetz zu finden und daher keine Sonderzuständigkeit der Sozialgerichte nach § 51 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG – gegeben ist (a.A. VG Aachen, Beschluss vom 28.11.2005 – 6 L 823/05 – Juris-Dokument).
Dies entspricht Sinn und Zweck des Asylverfahrensgesetzes, dem die Vorschriften des Asylbewerberleistungsgesetzes folgen. Denn die Unterbringung eines Asylbewerbers in einer Gemeinschaftsunterkunft ist nach demWillen des Gesetzgebers grundsätzlich nicht auf Dauer angelegt. Asylbewerber unterliegen während der Dauer ihres Asylverfahrens und darüber hinaus vielfältigen Beschränkungen gerade in der Bestimmung ihres Aufenthaltsortes. So ist der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Regel auf den Landkreis der Ausländerbehörde, der die Asylbewerber zugewiesen wurden, beschränkt. Sie dürfen diesen grundsätzlich nur mit ausdrücklicher behördlicher Erlaubnis verlassen (vgl. §§ 56, 58 AsylVfG). Zusätzlich sind Asylbewerber in der Regel auch verpflichtet, in Gemeinschaftsunterkünften zu wohnen. Da ihr Aufenthalt nur dazu dient, eine rechtskräftige Entscheidung über ihr Asylbegehren herbeizuführen, verfügen sie über kein verfestigtes Bleiberecht und weisen daher keinen Integrationsbedarf auf, so dass grundsätzlich von einem nur vorübergehenden Aufenthalt im Bundesgebiet auszugehen ist. Dementsprechend sind die Leistungen, die Leistungsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beanspruchen können, gegenüber den allgemeinen Sozialhilfeleistungen gekürzt, was verfassungsrechtlich unbedenklich ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11.07.2006, – 1 BvR 293/05 –, BVerfGE 116, 229 ff.; BVerwG, Urteil vom 29.09.1998 – 5 B 82/97 –, NVwZ 1999, 669). Denn der Gesetzgeber wollte mit den Leistungs- und Versorgungsregelungen für Asylbewerber keinen Anreiz für die Einreise von Ausländern oder einen weiteren Aufenthalt aus wirtschaftlichen Gründen schaffen (vgl. Adolph in SGB II, SGB XII, AsylbLG, Kommentar Losebl., Stand August 2007, § 3 AsylbLG RdNr. 8 m.w.N.).
Daher stellt sich die Frage, wie die Leistungsbehörden des Asylbewerberleistungsgesetzes den notwendigen Bedarf u.a. an Unterkunft im Sinne von § 3 AsylbLG zu decken haben, erst dann, wenn die grundsätzliche Verpflichtung, in einer Gemeinschaftsunterkunft Unterkunft zu nehmen, nicht mehr besteht. Denn solange die Asylbewerber in der Gemeinschaftsunterkunft untergebracht sind, gibt es keinen Bedarf, der anderweitig zu decken wäre (vgl. Fosselt in Fichtner/Wenzel, Kommentar zur Grundsicherung, 3. Aufl., § 3 AsylbLG, RdNr. 5 m.w.N.).
Mit diesem Verständnis des Rangverhältnisses zwischen § 53 AsylVfG und § 3 AsylbLG werden im Übrigen widersprüchliche Entscheidungen der jeweils zuständigen Behörden und Gerichtsbarkeiten weitgehend vermieden. Wenn die für die Entscheidung nach dem Asylverfahrensgesetz zuständige Ausländerbehörde bindend entschieden hat, dass aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls gemäß § 53 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG ausnahmsweise eine Unterbringung außerhalb von Gemeinschaftsunterkünften möglich oder sogar geboten ist, kann die Leistungsbehörde den notwendigen Bedarf nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG an Unterkunft nicht mit der Begründung verneinen, dass der Asylbewerber verpflichtet sei, in der Gemeinschaftsunterkunft zu wohnen.
Ein Anspruch nach § 6 AsylbLG scheidet entgegen der Ansicht des Prozessbevollmächtigten der Antragsteller schon deswegen aus, weil die Bereitstellung einer Unterkunft als Grundleistung ausschließlich in § 3 AsylbLG geregelt ist und daher keine sonstige Leistung im Sinne des § 6 AsylbLG darstellt. Denn der Bedarf an Unterkunft wird nicht zur Deckung besonderer Bedürfnisse i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG benötigt, sondern gehört zu den Grundbedürfnissen. Allerdings können die besonderen Bedürfnisse von Kindern ggf. im Rahmen des § 53 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG zu berücksichtigende Belange des Ausländers darstellen.
Dessen ungeachtet war die vom Amtsgericht Kamenz mit Beschluss vom 09.05.2008 ausgesprochene Verweisung gemäß § 17a Abs. 2 Satz 3 Gerichtsverfassungsgesetz – GVG – für das Sozialgericht Dresden bindend. Denn der Verweisungsbeschluss hat nicht nur abdrängende, sondern auch aufdrängende Wirkung, so dass nicht in einen dritten Rechtsweg weiterverwiesen werden konnte (vgl. Gummer in Zöller, ZPO, Kommentar, 20. Aufl., § 17a GVG, RdNr. 12). Die Bindungswirkung besteht auch bei – wie hier – unrichtiger Verweisung, weil keine Anhaltspunkte für eine Rechtswegerschleichung oder sonst willkürliche Bestimmung der Rechtswegzuständigkeit ersichtlich sind (Gummer, a.a.O., § 17a GVG RdNr. 13). [...]
Die Beschwerde ist auch nicht deswegen unzulässig, weil sie wegen § 80 AsylVfG ausgeschlossen wäre. Vielmehr hat das durch Verweisung zur Entscheidung bestimmte Gericht gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG über den anhängig gewordenen Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zu entscheiden. Allerdings hat das Gericht in diesen Fällen grundsätzlich seine eigene Verfahrensordnung anzuwenden (Hüßtege in Thoma/Putzo, ZPO, Kommentar, 28. Aufl., § 17a GVG RdNr. 6; BSG, Beschluss vom 12.05.2005 – B 3 P 13/04 B –, Juris-Dokument Rz. 10). Auch wenn die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit gehindert sind, den sachlich unrichtigen Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts Kamenz vom 09.05.2008 infrage zu stellen, erstreckt sich diese Bindung nur auf die Prüfung des Rechtsweges. Hiervon unberührt bleiben Fragen des materiellen Rechts (vgl. BSG, Beschluss vom 12.05.2005 – B 3 P 13/04 B – a.a.O.). Das bedeutet, dass auch für das weitere Verfahren die Vorschriften des SGG anzuwenden sind (so z.B. auch: OLG Köln, Beschluss vom 10.07.2006 – 16 WX 116/06 – Rz. 3). Da eine gesetzliche Regelung für das einzuschlagende Verfahren bei irrigen Rechtswegverweisungen fehlt, muss diejenige Klage und Verfahrensart gewählt werden, die am meisten dem Rechtsschutzbegehren des Klägers entspricht (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.06.1967 – IV C 216/65 –, NJW 1967, 2128, 2130).
Daran gemessen ist die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts vom 09.05.2008 allerdings gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG ausgeschlossen. [...] Nach § 78 Abs. 2 AsylVfG steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts allerdings nur zu, wenn sie vom Oberverwaltungsgericht zugelassen wird, so dass im Hauptsacheverfahren die Berufung also nicht i.S.d. § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG zulässig wäre. Es kann dahinstehen, ob unter Zugrundelegung der Vorschriften des SGG etwas anderes zu gelten hätte, weil das Klageverfahren der Hauptsache nicht bei einem Gericht der Sozialgerichtsbarkeit anhängig ist. Da gegen ein Urteil des angerufenen Verwaltungsgerichts im Verfahren A 5 K 850/08 nur das Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde gegeben wäre, ist die Berufung im Hauptsacheverfahren nicht zulässig, so dass auch nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG die Beschwerde vorliegend ausgeschlossen ist. [...]