Befindet sich ein Ausländer gem. § 62 Abs. 4 AufenthG im vorläufigen Gewahrsam der Ausländerbehörde, so bedarf sein Asylantrag gem. § 14 Abs. 2 Nr. 2 AsylVfG der Schriftform.
Befindet sich ein Ausländer gem. § 62 Abs. 4 AufenthG im vorläufigen Gewahrsam der Ausländerbehörde, so bedarf sein Asylantrag gem. § 14 Abs. 2 Nr. 2 AsylVfG der Schriftform.
(Leitsatz der Redaktion)
[...]
Das gemäß § 106 Abs. 2 Satz 1 AufenthG, §§ 7 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 FEVG, §§ 27 Abs. 1, 29 FGG zulässige Rechtsmittel des Betroffenen bleibt in der Sache ohne Erfolg. [...]
a) Rechtlich einwandfrei hat das Landgericht die Haftgründe des § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 5 AufenthG bejaht.
b) Der Betroffene ist nach den Feststellungen des Landgerichts mittels gefälschter Dokumente mit Hilfe von Schleusern in das Bundesgebiet gelangt. Dieses Verhalten begründet grundsätzlich – so auch hier – den Verdacht, dass sich der Betroffene der Abschiebung durch Untertauchen entziehen werde (OLG München, Beschluss vom 30.01.2008 BeckRS 2008 04491 = AuAS 2008, 89).
c) Der Bestätigung der amtsgerichtlichen Haftanordnung durch die Kammer steht nicht entgegen, dass der Betroffene sich bei der Polizei und vor dem Amtsrichter dahin geäußert hat, er wolle einen Asylantrag stellen.
aa) Durch das gegenüber der Autobahnpolizei geäußerte Begehren, einen Asylantrag stellen zu wollen, hat der Betroffene noch keine Aufenthaltsgestattung gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG erworben. Da er aus einem sicheren Drittstaat (§ 26a AsylVfG) unerlaubt eingereist war, setzt die Aufenthaltsgestattung gemäß § 55 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG einen förmlichen Asylantrag im Sinne des § 14 AsylVfG voraus (BGH FGPrax 2003, 142; OLG München a.a.O.; Senatsbeschluss – I 3 Wx 16/08 – vom 09. April 2008). Die bereits an das Asylgesuch anknüpfende Aufenthaltsgestattung nach § 55 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ist der wirksamen Asylantragstellung zeitlich vorgelagert, um den durch die verfassungsrechtliche Asylgarantie geforderten Abschiebungs- und Verfolgungsschutz effektiv gewährleisten zu können (BGH a.a.O. ) Ein Ausländer, der, wie der Betroffene, aus einem sicheren Drittstaat unerlaubt einreist, genießt aber nach Art. 16a Abs. 2 GG kein Asylrecht, sodass in diesen Fällen für eine Vorverlagerung des Aufenthaltsrechts keine Veranlassung besteht. Mit dem Asylbegehren bei der Bundespolizei war daher gemäß § 55 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG noch keine Aufenthaltsgestattung verbunden, selbst wenn es gegenüber einer Stelle geäußert wird, die gemäß § 19 Abs. 1 AsylVfG grundsätzlich (vgl. aber § 19 Abs. 3 AsylVfG) zur Aufnahme und Weiterleitung des Gesuchs verpflichtet ist (BGH a.a.O.; OLG München a.a.O. mit Nachw.).
bb) Zur Zeit des Asylbegehrens vor dem Amtsgericht befand sich der Betroffene zwar noch nicht in Abschiebungshaft, wohl aber – bei bestehendem dringendem Verdacht für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 62 Abs. 2 Satz 1 AufenthG – im vorläufigen Gewahrsam der für den Haftantrag zuständigen Behörde (§ 62 Abs. 4 AufenthG).
Hiernach war der Asylantrag gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 2 AsylVfG auch in diesem Zeitpunkt schriftlich beim Bundesamt zu stellen. Die Aufnahme eines mündlichen Antrags zur Niederschrift und dessen Weiterleitung durch die Polizei oder den Haftrichter ist weder im Verwaltungsverfahrensgesetz noch im Asylverfahrensgesetz vorgesehen. Mündliche Anträge können nur beim Bundesamt gestellt werden (vgl. BGH a.a.O.; OLG München a.a.O.; Renner § 14 AsylVfG Rdz. 14).
Der die Schriftform wahrende Asylantrag des Betroffenen ist aber erst am 25. September 2008 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eingegangen und demnach aus der Sicherungshaft heraus gestellt worden und steht daher der Anordnung und Aufrechterhaltung von Abschiebungshaft nicht entgegen (§ 14 Abs. 3 Nr. 5 AsylVfG; 62 Absatz 2 Satz 1 Ziffer 5 AufenthG).
Melchior (Rundbriefe zur Abschiebungshaft 04/2008) meint dagegen, sofern ein Betroffener um Asyl nachsuche, dürfe grundsätzlich Sicherungshaft nicht angeordnet werden. Werde festgestellt, dass der Betroffene aus einem sicheren Drittstaat unerlaubt eingereist ist und dass deshalb die haftverschonende Aufenthaltsgestattung erst mit dem Asylantrag beim Bundesamt entstehen kann, so sei es ein Gebot der Fairness, den Betroffenen entsprechend zu belehren und ihm (bevor es zur Haftanordnung kommt) zumindest die Möglichkeit zu geben, sofort – z.B. per Fax – mit dem Bundesamt Kontakt aufzunehmen und einen haftverschonenden Antrag anzubringen statt ihn "in die Falle" des § 14 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG laufen zu lassen. Dem ist die Abwägung des Gesetzgebers entgegen zu halten, dass der aus einem sicheren Drittstaat einreisende Asylsuchende, bei dem die Aufenthaltsgestattung (soweit nicht beim Bundesamt gestellt) einen förmlichen Asylantrag voraussetzt (§§ 14 Abs. 2 Satz 2, 55 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG) gegenüber Demjenigen, bei dem dies nicht der Fall ist und für den die Aufenthaltsgestattung deshalb gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG bei einem Erst-Asylbegehren nur an das Nachsuchen um Asyl anknüpft (vgl. KG vom 12.12.2003 – 25 W 173/02 – bei Melchior, Abschiebungshaft Anhang), die geringere Schutzbedürftigkeit aufweist¸ weil Ersterer mit Blick auf Art. 16a Abs. 2 GG kein Asylrecht genießt (BGH a.a.O.). [...]