[...]
Das Rechtsmittel erweist sich als unbegründet. Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens ist unzulässig, da die neuen Tatsachen nicht geeignet sind, eine der Rechtsfolgen nach § 359 Nr. 5 StPO herbeizuführen. Auch unter Zugrundelegung des Tatsachenvortrags des Beschwerdeführers wäre der Strafbefehl des Amtsgericht Göppingen nämlich zu Recht ergangen.
Nach § 85 Nr. 2 AsylVfG macht sich strafbar, wer wiederholt einer Aufenthaltsbeschränkung nach § 56 Abs. 1 oder 2 AsylVfG zuwiderhandelt. Nach Ansicht der Kammer hat der Beschwerdeführer auch unter Zugrundelegung des im Wiederaufnahmeverfahren vorgetragenen Sachverhalts diesen Tatbestand erfüllt.
Anders als der Beschwerdeführer geht die Kammer davon aus, dass § 56 Abs. 3 AsylVfG keine eigenständige Beschränkung des Aufenthaltsrechts enthält, sondern lediglich die Grenzen der Beschränkung nach § 56 Abs. 1 AsylVfG konkretisiert.
Die Entscheidung des OLG Stuttgart aus dem Jahr 1998 (NStZ-RR 1999, 315 = StV 1999, 97), auf die sich der Beschwerdeführer beruft, steht dem nicht entgegen. Die genannte Entscheidung führte anhand der damals geltenden Gesetzeslage dogmatisch aus, dass die Beschränkung nach § 56 Abs. 1 bzw. Abs. 2 AsylVfG eine Beschränkung der Aufenthaltsgestattung nach § 55 AsylVfG bedeute; bestehe die Aufenthaltsgestattung nach § 55 AsylVfG nicht mehr, sei auch ihre Beschränkung bereits begrifflich nicht denkbar. Dieser Rechtsprechung (die früher auch vom LG Ulm vertreten wurde) wurde durch die Einfügung des § 56 Abs. 3 AsylVfG mittlerweile die Grundlage entzogen. Ursprünglich umfasste § 56 AsylVfG lediglich zwei Absätze; in dessen Absatz 1 ist die Aufenthaltsgestattung nach § 55 AsylVfG auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt, in dem die für die Aufnahme des Ausländers zuständige Aufnahmeeinrichtung liegt. Durch das Aufenthaltsgesetz wurde mit Wirkung vom 01.01.2005 an den bestehenden § 56 AsylVfG dessen neuer Absatz 3 angefügt. Dieser regelt, dass räumliche Beschränkungen auch nach Erlöschen der Aufenthaltsgestattung in Kraft bleiben bis sie aufgehoben werden. Nach der Begründung des Gesetzesentwurfs ist Zweck der Neuregelung u.a., "Unsicherheiten über die [...] Fortgeltung asylverfahrensrechtlicher räumlicher Beschränkungen" zu vermeiden (vgl. BTDrs 15/955 S. 34). Aus dem eindeutigen Wortlaut des § 56 Abs. 3 AsylVfG i. V. m. der amtlichen Begründung folgt nach Ansicht der Kammer, dass nach der Neuregelung dieselbe räumliche Beschränkung unabhängig von der Aufenthaltsgestattung in Kraft bleibt: sie wird gerade nicht durch eine andere, neue Beschränkung ersetzt (im Ergebnis ebenso: VGH Kassel, Beschl. vom 25.08.2006, Az.: 8 TG 1617/06 – zitiert nach Beckonline; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 04.05.2007, Az.: 3 S 23.07 – zitiert nach juris). § 56 Abs. 3 AsylVfG hat also keine konstitutive Wirkung. Verstößt danach ein abgelehnter Asylbewerber gegen die (fortgeltende) Aufenthaltsbeschränkung, begeht er einen Verstoß gegen § 56 Abs. 1 AsylVfG, nicht aber gegen § 56 Abs. 3 AsylVfG. Ein solcher Verstoß ist aber nach § 85 Nr. 2 AsylVfG im Fall seiner Wiederholung ausdrücklich unter Strafe gestellt.
Angesichts der eindeutigen Formulierung von § 85 Nr. 2 AsylVfG bedurfte es einer Änderung dieser Norm nach Einführung des § 56 Abs. 3 AsylVfG nicht. Die Änderung außerstrafrechtlicher Ausfüllungsnormen von Blankettgesetzen zieht eine Änderung der Strafbarkeit jedenfalls dann nach sich, wenn, wie hier, der Schutz des Blanketttatbestandes im Wesentlichen unberührt bleibt und lediglich Tatumstände ausgewechselt oder ergänzt werden (vgl. Eser in: Schönke-Schröder, StGB, 26. Aufl., § 2 Rdnr. 26; BVerfG NJW 1995, 315, 316). Bei fortgeltenden Aufenthaltsbeschränkung entspricht die Sanktionsbewehrung in § 85 Nr. 2 (bzw. § 86 Abs. 1) AsylVfG auch dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift. Diese soll die ordnungsgemäße und zügige Durchführung des Asylverfahrens dadurch gewährleisten, dass der Asylbewerber für Behörden und Gerichte zuverlässig erreichbar bleibt. Aber auch über den Zeitpunkt des rechtskräftigen Abschlusses des Asylverfahrens bis zum Zeitpunkt einer etwaigen Abschiebung muss die Erreichbarkeit sichergestellt sein. Denn der abgelehnte Asylbewerber muss auch nach Eintritt der Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung leicht erreichbar sein, falls – etwa aufgrund des Fehlens eines Passes – eine Abschiebung nicht sofort erfolgen kann (so OLG Stuttgart, a.a.O. S. 316). Gründe, weshalb ein Ausreisepflichtiger gegenüber Asylbewerbern privilegiert werden sollte, sind nicht ersichtlich. [...]