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Die zulässige Klage ist nicht begründet. [...]
Rechtsgrundlage für den Widerruf der mit Bescheid vom 11.07.1995 festgestellten Abschiebungshindernisse nach § 53 Abs. 4 des Ausländergesetzes ist § 73 Abs. 3 Asylverfahrensgesetz. [...]
Zutreffend hat das Bundesamt in seinem Bescheid zunächst ausgeführt, dass sich die Verhältnisse in Afghanistan, insbesondere in Kabul, seit 1995 grundlegend geändert haben und somit zunächst die Voraussetzungen für einen Widerruf gegeben sind. Insoweit wird auf die Ausführungen in dem Bescheid des Bundesamtes verwiesen.
Einem Widerruf steht auch nicht entgegen, dass bei dem Kläger derzeit Abschiebungshindernisse insbesondere im Sinne von § 60 Abs. 7 AufenthG vorliegen (wie das Bundesamt zutreffend auch in dem streitgegenständlichen Bescheid in Ziffer 2 festgestellt hat), so dass auch insoweit die Aufhebung des Bescheides nicht verlangt werden kann.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtes Frankfurt und des Hessischen VGH kann sich der Kläger als junger, allein stehender Afghane ohne nennenswertes Vermögen, ohne Berufsausbildung und ohne schwerwiegende gesundheitliche Beeinträchtigungen im Falle einer zwangsweisen Rückführung in sein Heimatland dort ein Leben am Rande des Existenzminimums finanzieren und sich allmählich wieder in die afghanische Gesellschaft integrieren. Dies hat der Hessische VGH in seiner Entscheidung vom 12. Juni 2008 (Az.: 8 UE 3056/06) unter Auseinandersetzung mit den jüngeren Auskünften und Stellungnahmen zur Lage in Afghanistan - insbesondere des letzten Lageberichtes des Auswärtigen Amtes, des Gutachtens von Dr. Danesch vom 4. Dezember 2006, des Gutachtens von Amnesty International vom 17. Januar 2007, des Gutachtens des Herrn Rieck vom 15. Januar 2008 und des Gutachtens des Dr. Glatzer vom 31. Januar 2008 - entschieden und entsprechend begründet. Dieses Urteil war Gegenstand der Erörterung der Sach- und Rechtslage in der mündlichen Verhandlung. Zur weiteren Begründung und zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen in diesem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes verwiesen.
Das Gericht teilt die darin vertretene Ansicht, dass auch anhand der neueren Gutachten und Stellungnahmen jungen und gesunden, arbeitsfähigen Männern eine Rückkehr zumindest nach Kabul zuzumuten ist, auch wenn sie besonders anfänglich nur mit Schwierigkeiten ihr Dasein fristen können. Dies gilt auch im Falle des Klägers, der bereits seit achtzehn Jahren in der Bundesrepublik Deutschland ist. Dabei geht das Gericht hier davon aus, dass der Kläger bei einer unterstellten Rückkehr nach Kabul dort tatsächlich ohne Familienangehörige oder familiäre Unterstützung zu leben hat, obwohl dies substantiiert so von dem Kläger nicht behauptet worden ist. Auch wenn der Kläger bereits seit achtzehn Jahren in der Bundesrepublik Deutschland lebt, so spricht das nicht zwingend dafür, dass keine familiären Bande mehr zu Verwandten in Afghanistan, die dort nach wie vor aufenthältlich sind, bestehen. Angesichts der großfamiliären Strukturen, der Dauerhaftigkeit und Bedeutung solcher familiärer Bindungen in der afghanischen Gesellschaft, ist es rein spekulativ zu unterstellen, allein eine langjährige Abwesenheit stünde einer Rückkehr in einen großfamiliären Verband entgegen. Aber auch wenn man davon ausgeht, dass der Kläger keinen familiären Anschluss in Afghanistan mehr finden kann, so ist er nach der Rechtsprechung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtes Frankfurt in der Lage, dort zumindest am Rande des Existenzminimums zu leben. Letztlich sei auch noch darauf hingewiesen, dass der Kläger nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung fünf Geschwister in der Bundesrepublik Deutschland hat, die alle mittlerweile eingebürgert sind und über einen Arbeitsplatz und eigenes Einkommen verfügen. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass der Kläger bei einer unterstellten Rückkehr nach Afghanistan dort nicht auf die Hilfe seiner in Deutschland lebenden Geschwister zählen könnte. [...]