1. Zu den Mindestaufenthaltszeiten sind möglicherweise auch solche aus familiären Gründen zu rechnen.
2. Die Abschiebung langjährig geduldeter Ausländer kann sich im Einzelfall als unverhältnismäßiger Eingriff in das geschützte Privatleben iSv Art. 8 EMRK darstellen - auch wenn sie nicht unter die gesetzliche Altfallregelung fallen.
1. Zu den Mindestaufenthaltszeiten sind möglicherweise auch solche aus familiären Gründen zu rechnen.
2. Die Abschiebung langjährig geduldeter Ausländer kann sich im Einzelfall als unverhältnismäßiger Eingriff in das geschützte Privatleben iSv Art. 8 EMRK darstellen - auch wenn sie nicht unter die gesetzliche Altfallregelung fallen.
(Amtliche Leitsätze)
[...]
Die Antragstellerin erstrebt mit ihren beiden Kindern die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. [...]
Da die Antragsteller zuletzt Duldungen erhalten haben, ist § 104a Abs. 1 AufenthG die für sie zutreffende Anspruchsgrundlage (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 30.7.2008 - 18 B 602/08 -), derzufolge geduldeten Ausländern abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden soll, wenn sie sich u.a. am 1. Juli 2007 - mit Kindern - seit mindestens sechs Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten haben. Begünstigt werden damit ausreisepflichtige Ausländer, deren letzter Status zumindest der einer Duldung war (vgl. auch Funke-Kaiser in GK-AuslR, Std. Jan. 2008, § 104a AufenthG Rn. 8). Das ist hier der Fall.
Sinn und Zweck der Regelung soll es sein, dem Bedürfnis der seit Jahren im Bundesgebiet geduldeten und integrierten Ausländern nach einer dauerhaften Perspektive Rechnung zu tragen (BT-Drucks. 16/5065, S. 201 f.). Zugleich sollte dem Umstand entsprochen werden, dass zahlreiche dieser Ausländer in nächster Zeit ohnehin nicht abgeschoben werden. Somit dient § 104a Abs. 1 AufenthG dazu, unter bestimmten Voraussetzungen Ausländern, die sonst ohnehin zu dulden wären, eine Aufenthaltserlaubnis zu vermitteln. Auf die gen. Mindestaufenthaltszeiten sollen Zeiten einer Aufenthaltsgestattung sowie Aufenthaltserlaubnisse aus humanitären Gründen anrechenbar sein. Es spricht Vieles dafür, dass dazu nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes auch Zeiten rechnen, in denen (sogar) ein Aufenthalt aus familiären Gründen erlaubt war. Unter solchen Bedingungen wäre die Mindestaufenthaltszeit von 6 Jahren erfüllt, abgesehen davon, dass die Antragstellerin auch eine eigene Wohnung hat sowie eine Arbeitsstelle und zudem unbestraft ist.
Für das vorliegende Verfahren kann das jedoch dahin stehen, weil die Abschiebung langjährig geduldeter Ausländer, die aus irgendwelchen Gründen nicht unter die gesetzliche Altfallregelung fallen, sich im Einzelfall als unverhältnismäßiger Eingriff in das geschützte Privatleben iSv Art. 8 EMRK darstellen kann (VGH Baden-W., Beschluss v. 3.11.2008 - 11 S 2235/08 -). [...]
Angesichts des Wertgehalts des Art. 8 EMRK sowie des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist somit dem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes stattzugeben und eine Abschiebung der Antragsteller noch vor Abschluss des rechtshängigen Klageverfahrens 1 A 113/08, die vorzeitig zu vollendeten Tatsachen führte, zu unterbinden. [...]