[...]
Die zulässige Klage ist nur zum Teil begründet. Die Klägerin kann nicht die Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG beanspruchen; auch Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG liegen nicht vor; Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung sind rechtmäßig. Rechtswidrig ist der - nicht hinsichtlich der Ablehnung des Antrages auf Anerkennung als Asylberechtigte - angefochtene Bescheid des Bundesamtes vom 14.06.2007 nur insoweit, als das Bundesamt den Asylantrag zu Unrecht gerade als offensichtlich unbegründet abgelehnt hat (vgl. den im Eilverfahren ergangenen Beschl. v. 18.07.2007 - A 3 K 277/07 - sowie den Beschl. über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe v. 02.01.2008).
Soweit die Klägerin die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 60 Abs. 1 AufenthG begehrt, ist die Klage unbegründet. Zur Begründung macht sie geltend, sie gehöre der Volksgruppe der Roma an. [...]
Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG liegen nicht vor, soweit die Klägerin geltend macht, sie sei aufgrund ihrer Zugehörigkeit zum Volk der Roma im Kosovo der Gefahr von Vertreibungen und Übergriffen seitens der albanischen Bevölkerung bzw. der UCK ausgesetzt. [...]
Gemessen daran lässt sich nicht feststellen, dass derzeit Roma und Ashkali/Ägypter in der für die Annahme einer Gruppenverfolgung erforderlichen Dichte Opfer von asylerheblichen Übergriffen und Vertreibungen seitens der albanischen Bevölkerung sind. Zwar können die UNMIK und die KFOR - als internationale Organisationen - nicht vollständig Übergriffe gegenüber Angehörigen von Minderheiten verhindern. Sie sind aber jedenfalls insoweit zur Gewährung von Schutz in der Lage, dass es nicht zu Übergriffen in einem für die Annahme einer Gruppenverfolgung erforderlichen Ausmaß kommt. Nach der derzeitigen Erkenntnislage (vgl. Bericht des AA über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien - Kosovo - v. 29.11.2007, S. 11) werden Angehörige von Minderheiten im Kosovo nach wie vor in unterschiedlicher Stärke Opfer von Diskriminierungen, die in einigen Gegenden des Kosovo bis hin zu Bedrohungen ihres Lebens und ihrer körperlichen Unversehrtheit führen können. Die KFOR und die internationale Polizeieinheit UNMIK-Polizei sind jedoch nicht nur willens, sondern zunehmend auch tatsächlich in der Lage, Minderheitenschutz zu gewähren. Die Tendenz interethnischer Vorfälle scheint 2007 weiter rückläufig verlaufen zu sein. Hinzu kommt, dass die Sicherheitssituation nicht einheitlich für den Kosovo insgesamt zu erfassen ist, sondern nur individuell von Ort zu Ort und in Abhängigkeit von den jeweiligen Gegebenheiten beurteilt werden kann (vgl. Lagebericht des AA v. 29.11.2007, S. 12). KFOR, UNMIK und das Bundesministerium für Verteidigung sehen die Sicherheitslage als überwiegend ruhig, wenn auch nicht als stabil an (vgl. Lagebericht des AA v. 29.11.2007, S. 16).
Auch die ethnischen Auseinandersetzungen im März 2004, die - nach offiziellen Angaben - 19 (albanische und serbische) Tote, 870 Verletzte, die systematische Zerstörung von öffentlichem und privatem Eigentum und die Vertreibung von 4.100 Minderheitenangehörigen, darunter 390 Roma/Ashkali, zur Folge hatten (vgl. Lagebericht des AA v. 29.06.2006, S. 12), gebieten im Ergebnis keine andere Beurteilung. Tote auf Seiten der Roma/Ashkali gab es keine, es kam aber zu einer Reihe von Verletzten - von insgesamt 870 verletzten Personen - (vgl. Lagebericht des AA v. 04.11.2004). Angesichts von im Kosovo lebenden ca. 31.000 Roma (wohl einschließlich Ashkali und Ägypter) ist die erforderliche Verfolgungsdichte nicht erreicht, zumal da weitere massenhafte Ausschreitungen seit März 2004 nicht mehr vorgekommen sind. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die ethnischen Auseinandersetzungen in erster Linie zwischen Albanern und Serben ausgetragen wurden und die KFOR zwar - wie in Vushtrii/Vucitrn, wo ein ganzes Wohnviertel der Ashkali geplündert und niedergebrannt wurde - häufig Vertreibungen und Zerstörungen nicht verhindern, sie aber die Bevölkerung evakuieren konnte, um schwere Verletzungen und Todesfälle zu verhindern. Nachdem 2.000 Mann Verstärkung am 20. März entsandt wurden, gelang es der KFOR, die Gewalt einzudämmen (vgl. UNHCR-Position v. 30.03.2004 zur Schutzbedürftigkeit von Personen aus dem Kosovo im Lichte der jüngsten ethnisch motivierten Auseinandersetzungen). Die Bundeswehr hat als Konsequenz aus den Unruhen im März ihren Ausbildungsbetrieb und die Einsatztätigkeit völlig umgestellt (vgl. Die Welt v. 06.10.2004). [...]
Angesichts der verbesserten Sicherheitslage ist die erforderliche Verfolgungsdichte nicht erreicht und die Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG mithin nicht gerechtfertigt.
Hinsichtlich Mazedonien liegen die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG ebenfalls nicht vor. Es sind keine Erkenntnismittel bekannt, die die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft aufgrund der Zugehörigkeit zum Volk der Roma rechtfertigen könnten. Entsprechende Umstände legt die Klägerin auch nicht dar. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf den Beschluss des Einzelrichters vom 02.01.2008 sowie auf den angefochtenen Bescheid des Bundesamtes verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylVfG). Ausgehend hiervon kann die Klägerin, die zur Begründung für ihre Klage allein auf die Zugehörigkeit zum Volk der Roma abstellt, auch nicht die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2, 3, 5 bis 7 AufenthG beanspruchen. Insbesondere die Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist nicht gerechtfertigt. [...]
Etwas anderes gilt hier auch nicht im Hinblick auf § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG i.d.F. des Gesetzes vom 19.08.2007 (BGBl. I, S. 1970), der Art. 15c der Richtlinie des Rates der Europäischen Union 2004/83/EG (sog. Qualifikationsrichtlinie) umsetzt und in dessen Anwendungsbereich die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG nicht greift (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.06.2008 a.a.O.). § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG setzt aber unter anderem voraus, dass die drohende Gefahr auf einem internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikt beruht. Ein innerstaatlicher Konflikt liegt jedenfalls dann nicht vor, wenn es sich nur um innere Unruhen und Spannungen handelt wie Tumulte, vereinzelt auftretende Gewalttaten und andere ähnliche Handlungen, die nicht als bewaffnete Konflikte gelten (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.06.2008 a.a.O.). Gemessen hieran greift § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG hier nicht ein.
Zwar liegt möglicherweise hinsichtlich der zur Minderheit der Roma sowie der Ashkali/Ägypter aus dem Kosovo gehörenden Personen keine Erlasslage vor, die eine Durchbrechung der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG hindert. Von einer extremen Gefahrenlage für Angehörige der Minderheit der Ashkali/Ägypter kann jedoch nicht ausgegangen werden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 21.03.2006 - A 6 S 1027/05 - und v. 30.11.2006 - A 6 S 674/05 -). Gleiches gilt bezogen auf die Volksgruppe der Roma (vgl. OVG Saarland, Beschl. v. 08.02.2008 - 2 A 16/07 -, juris; Bayer. VGH, Urt. v. 10.08.2005 - 22 B 03.30050 - juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 28.07.2004 - 13 A 2870/04.A - juris). Wegen der allgemeinen Sicherheitslage gilt hier nichts anderes als im Zusammenhang mit § 60 Abs. 1 AufenthG.
Ferner erscheint die Grundversorgung mit Lebensmitteln und Wohnraum - trotz nach wie vor bestehender Schwierigkeiten aufgrund der nur eingeschränkten Mobilität von Angehörigen der Minderheiten - grundsätzlich gesichert. Auch wenn die Lebensbedingungen im Kosovo für Angehörige von Minderheiten nach wie vor problematisch sind (vgl. dazu auch Schweizerische Flüchtlingshilfe v. 10.10.2008 a.a.O.), kann von einer extremen Gefahrenlage im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht gesprochen werden. Soweit im Bericht der Gesellschaft für bedrohte Völker von Oktober 2003 ("Roma, Ashkali und "Ägypter" - ohne Zukunft im Kosovo; Ergebnisse einer Recherche vom 01. März 2003 bis 30. September 2003") von Unterernährung bei Roma, Ashkali und Ägyptern berichtet wird, fehlt es an konkreten Anhaltspunkten dafür, dass es deshalb zu schweren Mangelerscheinungen oder gar zu Todesfällen gekommen ist. Auch im Bericht der Gesellschaft für bedrohte Völker von Juni 2005 ("Roma und Ashkali im Kosovo: Verfolgt, Vertrieben, Vergiftet") sind entsprechende Angaben nicht enthalten. Nach alledem muss zwar davon ausgegangen werden, dass die Lebensmittelversorgung unzureichend ist. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass deshalb etwa für die Mehrheit der Roma und Ashkali eine extreme Gefahrenlage mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit besteht, liegen jedoch nicht vor. Gleiches gilt hinsichtlich der medizinischen (Grund-) Versorgung, die sich je nach Region unterschiedlich darstellt. Infolge einer Verbesserung der medizinischen Infrastruktur im ländlichen Raum sowie dem Aufbau medizinischer Einrichtungen von Hilfsorganisationen ist eine Basisversorgung in den meisten Fällen gewährleistet. Der Zugang zur gesundheitlichen Versorgung besteht nach den Erkenntnissen des Deutschen Verbindungsbüros Kosovo (vgl. z.B. Auskunft v. 12.01.2006 an VG Saarlouis) unabhängig von der ethnischen Zugehörigkeit. Die Versorgung mit Wohnraum ist grundsätzlich gewährleistet. Auch wenn die UNMIK betont, dass die Unterkunftsfrage für rückkehrende Angehörige der Roma, Ashkali und Ägypter im Gegensatz zu den Verhältnissen seit dem Sommer 2005 als extrem problematisch zu bezeichnen sei (vgl. Lagebericht des AA v. 29.11.2007, S. 17), ist festzustellen, dass allem Anschein nach in den Kosovo zurückgekehrte Roma, Ashkali und Ägypter Wohnraum - etwa bei Verwandten oder Freunden - finden oder anderweitig untergebracht werden konnten. Auch fehlt es - soweit ersichtlich - an (Presse-) Berichten über Fälle, in denen auf Dauer keine Unterkunft zur Verfügung gestellt werden konnte.
Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 AufenthG im Hinblick auf die Lage der Roma in Mazedonien sind weder ersichtlich noch von der Klägerin vorgetragen worden. [...]