Asylanerkennung eines iranischen Staatsangehörigen wegen Konversion zum Christentum im Iran, die den iranischen Sicherheitskräften bekannt geworden ist.
Asylanerkennung eines iranischen Staatsangehörigen wegen Konversion zum Christentum im Iran, die den iranischen Sicherheitskräften bekannt geworden ist.
(Leitsatz der Redaktion)
[...]
Die zulässige Klage ist begründet. Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen, um als Asylberechtigter i.S.d. Art. 16 a Abs. 1 GG anerkannt zu werden und um ihm die Flüchtlingseigenschaft i.S.d. § 60 Abs. 1 AufenthG zuzuerkennen. [...]
Der Kläger ist nach Maßgabe dieser Grundsätze als Asylberechtigter anzuerkennen. Er hat nämlich glaubhaft sein Verfolgungsschicksal geschildert. Es steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass sich das Geschehen im Kern so abgespielt hat, wie der Kläger es geschildert hat.
Insbesondere hat der Kläger nachvollziehbar dargelegt, dass er sich seit Mitte 2007 dem Christentum zugewandt hat durch intensive Gespräche mit seinem Freund ... und durch einen regen Internetkontakt mit einem zum Christentum konvertierten Muslimen aus seinem weiteren familiären Umfeld. Er hat sich taufen lassen, hat vor seiner Taufe häufiger den armenisch-christlichen Gottesdienst in Bandar Anzali besucht und sich durch Bibelstudium des alten und neuen Testaments mit der christlichen Geschichte vertraut gemacht. Weiter hat er entsprechende Literatur zu hause aufbewahrt und Christusbilder in seinem PC unterhalten, so u.a. als Hintergrundbild seines Desktops. Sein im sicherheitsrelevanten Bereich tätiger Onkel hat im Februar 2008 diese Bilder und die Bibeln des Klägers in dessen Zimmer entdeckt und geriet mit dem Kläger darüber in einen erbitterten Streit, der zu tätlichen Auseinandersetzungen führte. Ein ebenfalls beim Geheimdienst tätiger Freund des Onkels wurde Zeuge dieser Auseinandersetzung und besprach sich mit dem Onkel des Klägers, woraufhin dieser sich fürchtete, dass Ordnungskräfte zur Festnahme herbeigerufen werden könnten, weshalb er sich durch Flucht dieser Situation entzog und bis zu seiner Ausreise, zunächst in die Türkei, sich versteckt im Iran aufhielt.
Aufgrund des Kontaktes des Klägers mit seinem christlichen Freund, seiner Teilnahme an Gottesdiensten und seiner Auseinandersetzung mit dem christlichen Glauben, welche dem Onkel als Mitglied des Geheimdienstes bekannt waren, kann davon ausgegangen werden, dass die konkrete Gefahr besteht, dass der Kläger bei einer Rückkehr in den Iran Verhören ausgesetzt sein wird und damit verbundene staatliche Misshandlungen erleiden muss. Dabei ist nicht maßgeblich, dass die Konversion des Klägers nur einem kleinen Kreis von Personen und nicht staatlicherseits bekannt ist, da der Kläger vielfältige anderweitige Aktivitäten (siehe oben) entfaltet hat, die seine Hinwendung zum Christentum belegen. Es ist auch damit zu rechnen, dass der Kläger bei Rückkehr in den Iran und möglicherweise stattfindenden Verhören von seiner Konversion und seiner Hinwendung zum christlichen Glauben berichtet und damit als Apostat angesehen wird.
Der Iran steht für das Jahr 2006 an dritter Stelle auf dem Welt-Verfolgungs-Index des christlichen Hilfswerks Open Doors. In den Jahren 2004 und 2005 belegte er noch den fünften Platz unter fünfzig Ländern, in denen Repressionen gegen Christen beobachtet worden sind. Auf diesem Verfolgungs-Index weist das Auswärtige Amt in seinem Lagebericht vom 24. März 2006 ausdrücklich hin. Ein entsprechender Hinweis auf diesen Index fehlte in den früheren Lageberichten des Auswärtigen Amtes. In dem vom Auswärtigen Amt in Bezug genommenen im Internet allgemein zugänglichen Welt-Verfolgungs-Index für das Jahr 2006 wird unter Nr. 3.1 - die ersten Zehn im Detail - zum Iran ausgeführt, die Verschlechterung der Religionsfreiheit für Christen habe 2004 mit dem Sieg konservativer Parteien begonnen. Auf die Wahl von Mahmud Ahmadinedschad zum Präsidenten im Juni 2005 habe eine neue Welle der Christenverfolgung eingesetzt. Örtliche Behörden im ganzen Land seien angewiesen worden, gegen alle christlichen Hausgemeinden vorzugehen. Dies habe dazu geführt, dass die christlichen Kirchen einem Gläubigen mit muslimischem Hintergrund nicht mehr beistünden. [...]