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OVG Saarland

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Zitieren als:
OVG Saarland, Beschluss vom 18.12.2008 - 2 A 317/08 - asyl.net: M15033
https://www.asyl.net/rsdb/M15033
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Familienzusammenführung, Schutz von Ehe und Familie, nichteheliche Lebensgemeinschaft, Kinder, Eltern-Kind-Verhältnis, ausländische Kinder, Ausreisehindernis, Zumutbarkeit, Familienzusammenführung im Ausland
Normen: AufenthG § 27 Abs. 1; AufenthG § 25 Abs. 5; GG Art. 6 Abs. 1; EMRK Art. 5
Auszüge:

[...]

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung (§§ 124a Abs. 4, 124 Abs. 1 VwGO) gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 25.6.2008 - 10 K 526/07 -, mit dem seine Klage auf Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis abgewiesen wurde, muss erfolglos bleiben. [...]

Der Kläger wirft insoweit die aus seiner Sicht höchstrichterlich zu klärende Frage auf, ob es "Personen mit legalem Aufenthalt im Bundesgebiet" – hier konkret der Lebensgefährtin und der Tochter – "zumutbar ist, ihr Aufenthaltsrecht aufzugeben, um eine familiäre Lebensgemeinschaft leben zu können". Diese ohnehin nur im Einzelfall klärbare Frage ist hier ohne weiteres zu bejahen, ohne dass es insoweit der Durchführung des angestrebten Rechtsmittelverfahrens bedürfte. Das Aufenthaltsgesetz enthält in den §§ 27 ff. AufenthG spezielle Regelungen vor dem Hintergrund des Grundrechts des Art. 6 GG (Ehe und Familie), zu dessen Verwirklichung dort Aufenthaltsrechte für Ausländer begründet werden. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass sich hieraus ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im Falle des nicht mit der Lebensgefährtin verheirateten Klägers auch aufgrund der Vaterschaft zu der nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzenden Tochter – abgesehen von der Frage einer Erfüllung der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen (§ 5 AufenthG) und der Überwindbarkeit der zusätzlichen Sperrwirkungen seiner bestandskräftigen Ausweisung aus der Bundesrepublik (§ 11 AufenthG) – nicht herleiten lässt. Der § 25 Abs. 5 AufenthG stellt – auch in Verbindung mit Art. 8 EMRK – keinen allgemeinen "Auffangtatbestand" für diese Fälle dar. Die Annahme einer rechtlichen Unmöglichkeit der Ausreise setzt daher (deutlich) mehr voraus als üblicherweise mit der Aufenthaltsbeendigung und der Rückkehr in das Heimatland verbundene Schwierigkeiten. Solche werden aber von dem Kläger – auch im Zulassungsverfahren – nicht geltend gemacht. Eine Unzumutbarkeit kann insbesondere erkennbar nicht aus dem Umstand hergeleitet werden, dass die Lebensgefährtin des Klägers vorträgt, sie habe ab 1.9.2008 eine – ausweislich des vorgelegten Arbeitsvertrags ohnehin bis 28.2.2009 befristete – Beschäftigung bei der "D. GmbH" in A-Stadt aufgenommen. Die Voraussetzungen, bei deren Vorliegen der Art. 8 EMRK mit Blick auf das dort auch geschützte "Privatleben" weitgehend in die hiesigen Lebensverhältnisse integrierten Ausländern in ganz eng begrenzten Ausnahmefällen unter dem Aspekt des "faktischen Inländers" eigenständig Bleiberechte zu vermitteln vermag (vgl. dazu zuletzt OVG des Saarlandes, Beschluss vom 8.7.2008 - 2 D 245/08 -, wonach die Annahme einer Unzumutbarkeit der Ausreise im Sinne des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG unter dem Aspekt des nach Art. 8 EMRK geschützten "Privatlebens" eine abgeschlossene und "gelungene" Integration des Ausländers in die Lebensverhältnisse in Deutschland voraussetzt, von der nicht bereits ausgegangen werden kann, wenn sich ein Ausländer für einen bestimmten auch längeren Zeitraum im Inland aufgehalten hat und eine Aufenthaltsbeendigung vielmehr nur dann einen konventionswidrigen Eingriff in das "Privatleben" beinhaltet, wenn der Ausländer aufgrund seines (längeren) Aufenthalts über so starke persönliche, soziale und wirtschaftliche Kontakte zum "Aufnahmestaat" verfügt, dass er aufgrund der Gesamtentwicklung "faktisch zu einem Inländer" geworden ist, dem wegen der Besonderheiten seines Falles ein Leben in dem Staat seiner Staatsangehörigkeit, zu dem er keinen Bezug (mehr) hat, schlechterdings nicht mehr zugemutet werden kann), liegen hier offensichtlich – und zwar weder bei dem Kläger noch bei der Lebensgefährtin – vor.

Die von dem Kläger als Beleg für seine abweichende Rechtsauffassung in der Antragsschrift angeführte Textstelle aus einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (verwiesen wurde insoweit auf "BVerfG vom 12.5.1987 - 2 BvR 1226/83, 101, 313/84") betrifft einen anderen Sachverhalt. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass der Kläger und Frau F. nicht verheiratet sind, so dass ihre Beziehung nicht in den Schutzbereich des Art. 6 GG fällt, dessen Verwirklichung die Regelungen des Aufenthaltsrechts über den Familiennachzug dienen (§ 27 Abs. 1 AufenthG). Des Weiteren geht es vorliegend um die zu bejahende Frage, ob dem minderjährigen Kind gleicher Staatszugehörigkeit eine Ausreise beziehungsweise ein Leben im Heimatland seiner Eltern zugemutet werden kann. Die angeführte Entscheidung des VGH Kassel (verwiesen wurde insoweit auf Hess. VGH - 3 TG 723/07 - vom 15.6.2007) betrifft nach dem Zitat die Frage der gemeinsamen Lebensführung im Heimatland "eines" Elternteils. Der vorliegende Fall ist gekennzeichnet durch die Besonderheit, dass beide Eltern und das Kind dieselbe, nämlich konkret die serbische, Staatsangehörigkeit besitzen. Außerdem wird auch in diesem Zitat nur festgehalten, dass sich die Entscheidung an Art. 6 GG "messen lassen" müsse. Auch in dem Zusammenhang mag es Fälle geben, in denen über die reine Aufenthaltsbeendigung in Deutschland hinausgehende Besonderheiten eine Unzumutbarkeit der Rückkehr in das Heimatland beider Eltern begründen. Diese sind – wie das Verwaltungsgericht ausgeführt hat – hier aber nicht ansatzweise vorgetragen. Auch das Antragsvorbringen enthält keinen Hinweis auf ein Vorliegen solcher Umstände. [...]