VG Saarland

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Zitieren als:
VG Saarland, Urteil vom 16.12.2008 - 2 K 16/08 - asyl.net: M15042
https://www.asyl.net/rsdb/M15042
Leitsatz:

Eine Aufenthaltserlaubnis nach der Bleiberechtsregelung 2006 oder der Altfallregelung des § 104 a Abs. 1 AufenthG ist ausgeschlossen, wenn staatenlose Ausländer jahrelang keine zumutbaren Bemühungen entfalten, sich in ihrem Herkunftsstaat wieder einbürgern zu lassen (hier: Albanien).

 

Schlagwörter: D (A), Aufenthaltserlaubnis, Bleiberechtsregelung 2006, Altfallregelung,Verzögerung der Aufenthaltsbeendigung, Albanien, Albaner, Einbürgerungsantrag, Wiedereinbürgerung, Mitwirkungspflichten, Kinder, Zurechnung, Zumutbarkeit, Staatenlose
Normen: AufenthG § 23 Abs. 1; AufenthG § 104a Abs. 1 S. 1 Nr. 4
Auszüge:

Eine Aufenthaltserlaubnis nach der Bleiberechtsregelung 2006 oder der Altfallregelung des § 104 a Abs. 1 AufenthG ist ausgeschlossen, wenn staatenlose Ausländer jahrelang keine zumutbaren Bemühungen entfalten, sich in ihrem Herkunftsstaat wieder einbürgern zu lassen (hier: Albanien).

(Leitsatz der Redaktion)

 

[...]

Die Klage bleibt ohne Erfolg.

Die Kläger haben gegenüber dem Beklagten keinen Anspruch auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen. [...]

Den Klägern steht der geltend gemachte Anspruch auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen weder nach der auf der Grundlage des § 23 Abs. 1 AufenthG ergangenen Bleiberechtsregelung des saarländischen Ministeriums für Inneres, Familie, Frauen und Sport vom 20.12.2006 für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausreisepflichtige ausländische Staatsangehörige (Bleiberechtsregelung 2006) noch nach der am 28.08.2007 in Kraft getretenen Altfallregelung des § 104 a Abs. 1 AufenthG zu.

Nach Ziffer 3.1 der Bleiberechtsregelung 2006 ist die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auch bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen für ein Bleiberecht unter anderem dann ausgeschlossen, wenn der Ausländer behördliche Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung vorsätzlich hinausgezögert oder behindert hat. Dies ist beispielsweise dann anzunehmen, wenn die Passlosigkeit selbst verursacht wurde, etwa weil der Ausländer seinen Mitwirkungspflichten bei Passbeschaffungsmaßnahmen trotz ausdrücklicher Aufforderung der Ausländerbehörde mehrfach nachweislich nicht nachgekommen ist, oder die Staatsangehörigkeit aufgegeben bzw. bei der Klärung der Staatsangehörigkeit nicht mitgewirkt wurde. Eine nahezu inhaltsgleiche Bestimmung enthält die Altfallregelung in § 104 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG, der für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ebenfalls voraussetzt, dass der Ausländer die Ausländerbehörde nicht vorsätzlich über aufenthaltsrechtlich relevante Umstände getäuscht oder behördliche Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht vorsätzlich hinausgezögert oder behindert hat. Die entsprechenden Ausschlussgründe haben die Kläger dadurch verwirklicht, dass die Kläger zu 1) und 2) seit erfolglosem Abschluss ihrer Asylverfahren im Januar bzw. April 1996, mithin über einen Zeitraum von über zwölf Jahren keine Bemühungen unternommen haben, um sich wieder in ihrem Herkunftsstaat Albanien einbürgern zu lassen. Im Gegenteil haben es die Kläger zu 1) und 2) ausweislich eines in den Ausländerakten befindlichen Vermerks vom 15.03.2001 ausdrücklich abgelehnt, bei der albanischen Vertretung in Bonn entsprechende Anträge auf Einbürgerung in die albanische Staatsbürgerschaft zu stellen, obwohl ihnen unter Hinweis auf eine von dem damaligen Landesamt für Ausländer- und Flüchtlingsangelegenheiten Saarland eingeholte Stellungnahme des Auswärtigen Amtes vom 16.01.2001 mitgeteilt worden war, dass dies die einzige Möglichkeit sei, Heimreisedokumente zu erhalten. Dass die dauerhafte und fortgesetzte Weigerung der Kläger zu 1) und 2), sich um die Wiedererlangung der albanischen Staatsangehörigkeit zu bemühen, insbesondere einen förmlichen Wiedereinbürgerungsantrag zu stellen, um so eine Aufenthaltsbeendigung zu ermöglichen, eine der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis entgegenstehende Verzögerungshandlung im Sinne von Ziffer 3.1 der Bleiberechtsregelung 2006 wie auch im Sinne des § 104 a Abs. 1 Nr. 4 AufenthG darstellt, steht dabei außer Frage, zumal die Kläger zu 1) und 2) wiederholt auf die Notwendigkeit der Stellung eines Wiedereinbürgerungsantrages zur Beseitigung des bestehenden Ausreisehindernisses sowie ihre diesbezüglichen Mitwirkungspflichten hingewiesen worden sind.

Da die Kläger zu 3) bis 5) minderjährig sind – Kläger zu 5) – bzw. waren – Kläger zu 3) und 4) –, ist ihnen, da sie selbst insoweit keine eigenständigen Rechtshandlungen haben vornehmen können, das Verhalten ihrer Eltern, der Kläger zu 1) und 2) zuzurechnen (vgl. dazu etwa VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 10.05.2006 - 11 S 2354/05 -, zitiert nach juris).

Anhaltspunkte dafür, dass die Beantragung der Wiedereinbürgerung in die albanische Staatsangehörigkeit von vorneherein aussichtslos gewesen oder für die Kläger unzumutbar wäre, sind nicht erkennbar. [...]