VG München

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Zitieren als:
VG München, Urteil vom 27.11.2008 - M 10 K 08.638 - asyl.net: M15074
https://www.asyl.net/rsdb/M15074
Leitsatz:

Die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis gem. § 26 Abs. 4 AufenthG setzt nicht voraus, dass die Voraussetzungen der Aufenthaltserlaubnis noch vorliegen; die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen müssen für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 i.V.m. § 35 AufenthG nicht vorliegen; allein die Möglichkeit, dass das Bundesamt ein Widerrufsverfahren einleitet, oder die Anfrage der Ausländerbehörde an das Bundesamt, ob ein Widerrufsverfahren eingeleitet werden soll, rechtfertigt nicht die Ablehnung der Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG; bei der Ermessensentscheidung ist maßgeblich auf die Integration des Ausländers abzustellen.

 

Schlagwörter: D (A), Niederlassungserlaubnis, Untätigkeitsklage, Widerruf, Flüchtlingsanerkennung, Anfrage, Bundesamt, Erlasslage, Minderjährige, allgemeine Erteilungsvoraussetzungen, Identität ungeklärt, Identitätsnachweis, Ermessen, Integration, Afghanen, Ermessensreduzierung auf Null
Normen: VwGO § 75; AufenthG § 26 Abs. 4; AufenthG § 35; AufenthG § 5 Abs. 1 Nr. 1a
Auszüge:

Die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis gem. § 26 Abs. 4 AufenthG setzt nicht voraus, dass die Voraussetzungen der Aufenthaltserlaubnis noch vorliegen; die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen müssen für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 i.V.m. § 35 AufenthG nicht vorliegen; allein die Möglichkeit, dass das Bundesamt ein Widerrufsverfahren einleitet, oder die Anfrage der Ausländerbehörde an das Bundesamt, ob ein Widerrufsverfahren eingeleitet werden soll, rechtfertigt nicht die Ablehnung der Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG; bei der Ermessensentscheidung ist maßgeblich auf die Integration des Ausländers abzustellen.

(Leitsatz der Redaktion)

 

[...]

Die zulässige Klage hat in der Sache Erfolg.[...]

1. Die Klage ist als Verpflichtungsklage in Form einer Untätigkeitsklage nach § 75 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässig.

Ist über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, ist die Klage vor Ergehen der Behördenentscheidung zulässig. Ein solcher Fall ist hier gegeben. Die Beklagte hat über den Antrag auf Niederlassungserlaubnis vom 11. Januar 2007, eingegangen bei der Beklagten am 12. Januar 2007, nicht entschieden, sondern lediglich darauf verwiesen, dass sie nach Weisungen der übergeordneten Behörden zunächst eine Äußerung des Bundesamts abwarten müsse. Dieses Vorbringen stellt keinen zureichenden Grund im Sinne von § 75 Satz 1 und 3 VwGO dar, der die Zulässigkeit der Klage nach Ablauf von drei Monaten ausschließen könnte. Gehen Stellungnahmen anderer Behörden nicht in angemessener Frist ein, so hat die Beklagte auf eigener Erkenntnisgrundlage zu entscheiden (vgl. VG Weimar, Beschluss vom 23.11.1995, Az. 7 K 719/33 und VG Frankfurt, Urteil vom 6.12.2007, Az. 1 E 3804/06). Die in § 75 Satz 2 VwGO genannte Frist von drei Monaten seit Antragstellung kann als Anhaltspunkt dafür dienen, bis wann in der Regel mit einer Entscheidung über den Antrag gerechnet werden kann. Ist diese Frist, wie im vorliegenden Fall, verstrichen, ist die Untätigkeitsklage zulässig, wenn die Behörde keine tatsächlichen Hinderungsgründe vorbringt, die eine zeitnahe Entscheidung verhindern. Sie kann sich dabei nicht auf die Untätigkeit einer anderen Behörde berufen, ohne für deren Untätigkeit zureichende Gründe zu benennen. Der mit der Bestimmung des § 75 VwGO verfolgte Zweck, die Behörde zu einer zügigen Entscheidung zu veranlassen, würde unzulässigerweise dadurch umgangen, dass die Untätigkeit der verfahrensleitenden Behörde durch die Untätigkeit einer anderen Behörde entschuldigt wird, ohne dass hierfür besondere Gründe genannt werden oder ersichtlich sind.

2. Die Klage ist auch begründet, da der Kläger einen Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis gemäß § 26 Abs. 4 AufenthG i.V.m. § 35 AufenthG hat und die Unterlassung der Erteilung den Kläger deshalb in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 5 VwGO).

2.1. Der Kläger erfüllt die Tatbestandsvoraussetzungen des § 26 Abs. 4 i.V.m. § 35 AufenthG. Hiervon gehen die Parteien übereinstimmend zu Recht aus (vgl. insbesondere Schreiben der Beklagten vom 26.11.2008).

Nach § 26 Abs. 4 AufenthG kann einem Ausländer, der seit sieben Jahren eine Aufenthaltserlaubnis wie im vorliegenden Fall nach § 25 Abs. 2 AufenthG besitzt, eine Niederlassungserlaubnis erteilt werden, wenn die in § 9 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 2 bis 9 AufenthG bezeichneten Voraussetzungen vorliegen. Im Fall des Klägers ist zu beachten, dass er als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und deswegen gemäß § 26 Abs. 4 Satz 4 AufenthG die erleichterten Voraussetzungen des § 35 AufenthG gelten. Der Kläger ist seit 17. Oktober 2001 im Besitz von Aufenthaltserlaubnissen, die nach § 26 Abs. 4 Satz 3 AufenthG auf die geforderte Aufenthaltsdauer angerechnet werden. Damit erfüllte er im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts sogar die Voraussetzungen des § 26 Abs. 4 Satz 1 AufenthG, der einen siebenjährigen Besitz einer Aufenthaltserlaubnis verlangt. Auch die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 26 Abs. 4 i.V.m. § 35 AufenthG sind gegeben (vgl. Bl. 105 und 106 der Behördenakte). Dem steht auch nicht entgegen, dass der Kläger ohne Identitätsnachweis in das Bundesgebiet einreiste. Die allgemeine Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1a AufenthG steht der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 35 AufenthG nicht entgegen. Der auf den Kläger anwendbare § 35 AufenthG enthält in § 35 Abs. 3 AufenthG eine abschließende Regelung über die Versagungsgründe. Neben dieser spezialgesetzlichen Regelung greifen die Regelversagungsgründe des § 5 AufenthG nicht ein (vgl. vorläufige Anwendungshinweise des Bundesministerium des Innern zum Aufenthaltsgesetz vom 22.12.2004 Nr. 35.3.1 und GK-Aufenthaltsgesetz, Marx, § 35 RdNr. 101 ff.). Das Gericht schließt sich deshalb der übereinstimmenden Auffassung der Parteien an, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 26 Abs. 4 i.V.m. § 35 AufenthG im vorliegenden Fall gegeben sind.

2.2 Die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis steht auch bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen im Ermessen der Beklagten. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte erklärt, dass neben der Weisungslage keine Ermessensgesichtspunkte bestehen, die einer Erteilung der Niederlassungserlaubnis entgegenstehen würden (vgl. Schreiben vom 26.11. 2008). Nachdem die Vorgaben des Schreibens des Bayerischen Staatsministerium des Innern vom 3. August 2005 (Az. 1 A 22086.14-12/Re) und des Schreibens der Regierung . . . vom 2. April 2007 im vorliegenden Fall eine negative Ermessensentscheidung nicht rechtfertigen können, besteht ein Anspruch des Klägers auf Erteilung der Niederlassungserlaubnis.

Maßgeblich für die Beurteilung, welche Gesichtspunkte mit welchem Gewicht in die von § 26 Abs. 4 AufenthG vorgesehene Ermessensausübung einzustellen sind, ist die Zielsetzung der Norm. Zwar lässt sich aus den Gesetzesmaterialien (BT-Drs. 15/420, S. 80) nichts entnehmen. Die Vorschrift ermöglicht jedoch nach Wortlaut, systematischer Stellung sowie Sinn und Zweck unabhängig von Erteilungs- und Verlängerungsvoraussetzungen des befristeten Aufenthaltsrechts die Erlangung eines Daueraufenthaltsrechts. Entscheidend ist deshalb auf die Integrationsleistung des Ausländers abzustellen (vgl. VG München, Urteil vom 18.1.2007, Az. M 24 K 06.2075, S. 8 des Urteilsumdrucks).

Ausgehend von dieser Grundlage kann eine ablehnende Ermessensentscheidung im Fall des Klägers nicht aus dem Schreiben des Bayerischen Staatsministerium des Innern (IMS) vom 3. August 2005 abgeleitet werden. Zwar kann von diesem Schreiben eine ermessensbindende Wirkung ausgehen, sofern sich hieraus auch eine entsprechende Verwaltungspraxis herausgebildet hat. Die ermessensbindendeWirkung geht jedoch nicht soweit, dass Besonderheiten des Einzelfalles nicht berücksichtigt werden könnten (BayVGH, Beschluss vom 14.11.1997, Az. 10 CS 97.559 und BVerwG, Beschluss vom 10.8.1990, Az. 1 B 114/89, zit. nach juris RdNr. 11). Bei Berücksichtigung der Besonderheiten des vorliegenden Einzelfalls rechtfertigt das Schreiben eine ablehnende Ermessensentscheidung nicht.

Der Kläger ist nicht so zu behandeln, wie die in dem IMS vom 03. August 2005 als vorrangig Zurückzuführende bezeichneten afghanischen Staatsangehörigen. [...]

Auch die im IMS vom 3. August 2005 geregelten Grundsätze zur Erteilung einer Niederlassungserlaubnis für nicht vorrangig zurückzuführende afghanische Staatsangehörige hindern eine positive Ermessensentscheidung im Fall des Klägers nicht. Das IMS vom 3. August 2005 sieht vor, dass die Ausländerbehörde im Fall des Antrags auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG ein Widerrufsverfahren durch das Bundesamt anzuregen hat. Die Entscheidung des Bundesamts soll abgewartet und danach bei der Ermessensentscheidung berücksichtigt werden, dass die freiwillige Ausreise und die Rückführung afghanischer Staatsangehöriger möglich sei und außerhalb der Bleiberegelung kein humanitärer Aufenthaltsgrund mehr bestehe, der die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG rechtfertigen könnte (vgl. IMS vom 3.8.2005, S. 8 Nr. II.3).

Die Beklagte ist nach diesen Vorgaben vorgegangen und hat deshalb am 25. September 2007 beim Bundesamt angefragt, ob in absehbarer Zeit ein Widerruf der Flüchtlingsanerkennung erfolgt. Zugleich wurde dem Bundesamt mit Schreiben vom 10. Oktober 2007 mitgeteilt, dass die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis bevorstehe.

Es bestehen schon Zweifel, ob die bloße Möglichkeit, dass ein Widerrufsverfahren eingeleitet werden könnte, im Rahmen der Ermessensentscheidung dergestalt berücksichtigt werden kann, dass die Niederlassungserlaubnis gemäß § 26 Abs. 4 i.V.m. § 35 AufenthG abgelehnt wird. Anders als § 26 Abs. 3 AufenthG setzt § 26 Abs. 4 AufenthG das Fortbestehen eines der Tatbestände nach den §§ 22 bis 25 AufenthG nicht voraus (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.5.2007, Az. 11 S 2093/06, zit. nach juris RdNr. 5 und VG München, Urteil vom 6.3.2008, Az. M 24 K 07.5378, zit. nach RdNr. 24). § 26 Abs. 4 AufenthG hat allein die wirtschaftlich, sozial und sprachlich gelungene Integration in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland im Blick (vgl. VGH Baden-Württemberg, a.a.O.). Der Wegfall einer Erteilungsvoraussetzung nach den §§ 22 bis 25 AufenthG steht der Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG daher nicht von vornherein entgegen, solange der Ausländer noch im Besitz der Aufenthaltserlaubnis ist. Er kann allerdings möglicherweise ein Gesichtspunkt bei der Ausübung des nach dieser Vorschrift eröffneten Ermessens sein (vgl. VGH Baden-Württemberg, a.a.O.).

Im vorliegenden Fall ist es jedoch nicht gerechtfertigt, die fehlende Antwort des Bundesamts zulasten des Klägers in die Ermessensentscheidung einzustellen.

Nachdem sich das Bundesamt bisher in keiner Weise geäußert hat, besteht allenfalls die theoretische Möglichkeit, dass ein Widerruf der Flüchtlingsanerkennung erfolgt. Tatsachen, die die Annahme rechtfertigen würden, dass die Widerrufsentscheidung erfolgt, liegen demgegenüber nicht vor. Diese bloß theoretische Möglichkeit des Widerrufs als Ermessensgesichtspunkt zu berücksichtigen, würde sich allenfalls dann rechtfertigen lassen, wenn es konkrete Anhaltspunkte dafür gäbe, dass eine Widerrufsentscheidung zu erwarten ist. Solche Anhaltspunkte hat die Beklagte jedoch nicht vorgetragen und diese sind auch nicht ersichtlich. Die Tatsache, dass sich das Bundesamt zu einem Widerrufsverfahren nicht äußert, kann weder positiv noch negativ gewichtet werden. Würde man bei einer Ermessensentscheidung die fehlende Äußerung des Bundesamts als Gesichtspunkt für die Versagung einer Niederlassungserlaubnis berücksichtigen, so würde der Kläger so behandelt, als sei ein Widerruf bereits erfolgt. Dies ist jedoch gerade nicht der Fall.

Die fehlende Entscheidung über ein Widerrufsverfahren kann erst recht nicht im Rahmen der Ermessensentscheidung berücksichtigt werden, wenn wie hier die Entscheidung des Bundesamts über einen Widerruf bereits seit mehr als einem Jahr aussteht. Würde man diesen Umstand ausreichen lassen, eine negative Ermessensentscheidung gemäß § 26 Abs. 4 AufenthG zu rechtfertigen, so wäre die gesetzliche Möglichkeit zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis allein schon durch die Untätigkeit einer Behörde ausgeschlossen. Die bloße Untätigkeit einer Behörde darf nicht dazu führen, dass von einer grundsätzlich gegebenen gesetzlichen Möglichkeit zur Erteilung der Niederlassungserlaubnis kein Gebrauch mehr gemacht werden kann. Dies würde dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung widersprechen und einen Ermessensfehlgebrauch darstellen.

Soweit das IMS vom 3. August 2005 über das Abwarten einer Entscheidung des Bundesamts hinaus erwähnt, es sei nach der Entscheidung des Bundesamts bei einer Ermessensentscheidung zu berücksichtigen, dass die freiwillige Ausreise und die Rückführung afghanischer Staatsangehöriger möglich sei und außerhalb der Bleiberegelung kein humanitärer Aufenthaltsgrund mehr bestehe, hindert dies die Erteilung der Niederlassungserlaubnis im vorliegenden Fall ebenfalls nicht. Diese Hinweise zur Ermessensausübung sind nach dem Zusammenhang nur so zu verstehen, dass diese Ermessenserwägungen nach einer Entscheidung des Bundesamts für den Widerruf der Flüchtlingsanerkennung zu erfolgen haben. Dies ergibt sich aus dem in der Textpassage beschriebenen zeitlichen Ablauf. Danach ist zunächst eine Entscheidung des Bundesamts abzuwarten. Für den Fall, dass eine Entscheidung gegen ein Widerrufsverfahren erfolgen würde, würde es keinen Sinn machen, eine mögliche freiwillige Ausreise oder die mögliche Rückführung in der Ermessensentscheidung zu berücksichtigen, da ja aus der Aufrechterhaltung des Flüchtlingsstatus zu schließen ist, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG fortbestehen, wonach das Leben oder die Freiheit des Ausländers bei der Rückkehr in seine Heimat bedroht sind.

Die Versagung der Niederlassungserlaubnis im Rahmen einer Ermessensentscheidung lässt sich auch nicht aus den im Schreiben der Regierung ... vom 2. April 2007 dargelegten Kriterien rechtfertigen. Nach diesem Schreiben hält die Regierung ... die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG dann für gerechtfertigt, wenn das Bundesamt trotz aktueller Prüfung eines Widerrufs an den festgestellten Abschiebungsverboten festhält. Hierzu ist zunächst anzumerken, dass die Regierung ... bereits von unrichtigen Annahmen bei der Auswahl der Kriterien der Ermessensentscheidung ausgeht. In dem Schreiben vom 2. April 2007 wird ausgeführt, eine positive Entscheidung nach § 26 Abs. 4 AufenthG setze voraus, dass einer der Tatbestände des § 22 bis 25 AufenthG nach wie vor erfüllt sei. Dies ist nach dem o.g. gerade nicht der Fall. Vielmehr kann ein erfolgter Widerruf der Flüchtlingsanerkennung allenfalls ein Gesichtspunkt bei der Ausübung des Ermessens sein (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.5.2007, Az. 11 S 2093/06, zit. nach juris RdNr. 5). Die von der Regierung ... als Voraussetzung genannte Ablehnung eines Widerrufs durch das Bundesamt kann im Rahmen der Ermessensentscheidung im Fall des Klägers nicht verlangt werden. Wie bereits zu der ermessensleitenden Weisung des IMS vom 3. August 2005 ausgeführt, würde im vorliegenden Fall ein Abstellen auf die Entscheidung des Bundesamts dazu führen, dass die bloße Untätigkeit dieser Behörde zu einer Nichtanwendung des § 26 Abs. 4 AufenthG führt. Dies würde die Grenzen des der Beklagten bei der Entscheidung über die Niederlassungserlaubnis eingeräumten Ermessens überschreiten. Der völlige Ausschluss der Rechtsgrundlage ohne Vorliegen von Tatsachen ist nicht gerechtfertigt. Die bloße Untätigkeit des Bundesamts kann nicht als Ermessensgesichtspunkt zulasten des Klägers eingestellt werden. [...]

Die Beklagte hat mit Schreiben vom 26. November 2008 ausdrücklich erklärt, dass neben der beschriebenen Weisungslage keinerlei Ermessensgesichtspunkte vorliegen würden, die gegen die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis sprechen. Derartige Gesichtspunkte sind dem Gericht auch nicht ersichtlich. Das Ermessen der Beklagten ist deshalb auf Null reduziert. [...]