Regelausweisung wegen Unterstützung der Ansar Al Islam (AAI).
Regelausweisung wegen Unterstützung der Ansar Al Islam (AAI).
(Leitsatz der Redaktion)
[...]
Die wie vorstehend verstandenen Anträge sind zulässig, aber nicht begründet. [...]
Vorliegend ergibt die erforderliche, aber auch hinreichende summarische Überprüfung des angegriffenen Bescheides, dass die Klage einen Erfolg voraussichtlich nicht haben wird. Zu Recht hat die Antragsgegnerin den Antragsteller ausgewiesen, die Verlängerung und ebenso die Neuerteilung eines Aufenthaltstitels abgelehnt, dem Antragsteller unter Fristsetzung für eine freiwillige Ausreise die Abschiebung angedroht und ihn den in derartigen Fällen gesetzlich vorgesehenen Überwachungsmaßnahmen unterworfen. [...]
Der streitgegenständliche Bescheid begegnet nach summarischer Überprüfung zunächst insoweit keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, als hiergegen im Weg eines Antrags auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung vorgegangen wird, also hinsichtlich der Ausweisungsverfügung (Nr. I des Bescheides).
Der Antragsteller erfüllt den Regelausweisungstatbestand zunächst des § 54 Nr. 5 AufenthG. Danach wird ein Ausländer dann ausgewiesen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat, wobei eine Ausweisung auf zurückliegende Unterstützungshandlungen nur gestützt werden kann, soweit diese eine gegenwärtige Gefährlichkeit begründen. Erfüllt ist beim Antragsteller dieser Ausweisungstatbestand (jedenfalls) dadurch, dass bei ihm Unterstützungshandlungen zu Gunsten der AAI vorliegen, welche eine Vereinigung darstellt, die den Terrorismus unterstützt. Darüber hinaus liegt im Fall des Antragstellers weiterhin der Regelausweisungstatbestand des § 54 Nr. 6 AufenthG vor, da er nämlich in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen den weiteren Aufenthalt diente, der Ausländerbehörde gegenüber in wesentlichen Punkten falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen und Organisationen gemacht hat, die der Unterstützung des Terrorismus verdächtig sind. Insoweit wurde der Antragsteller vor der Befragung (am 17.5.2006) auf die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen. [...]
Das Gericht ist auf Grund vorliegender Akten und allgemein zugänglicher Rechtsakte der Überzeugung, dass die AAI nicht nur eine Vereinigung ist, die den Terrorismus unterstützt, sondern sogar eine Vereinigung entsprechender Zielsetzung, nämlich eine terroristische Vereinigung. Vorweg ist in diesem Zusammenhang zu bemerken, dass es entscheidungserheblich nicht darauf ankommt, wie nun genau bzw. aus welchen Organisationen die AAI entstanden ist und auch nicht darauf, ob und wie lange von ihrer Existenz unter diesem Namen ausgegangen werden kann (siehe insoweit auch die Darstellung im angegriffenen Bescheid unter Nr. 1.1.2 des Sachverhalts). Hervorgegangen ist die AAI wohl aus einer Vereinigung der Jund Al Islam und der Islah im Dezember 2001 (so OLG München, Urteil vom 25.6.2007 – 6 St 007/05). Etwa im Sommer 2003 wurde dann als Nachfolgeorganisation der AAI die Jaish Ansar Al Sunna gegründet und im September 2003 offiziell ausgerufen, wobei die Jaish Ansar Al Sunna bis heute aktiv ist und von den (ehemaligen) Mitgliedern der AAI beherrscht wird, so man nicht von einer weiteren Existenz der AAI (unter anderem Namen) ausgehen wollte. Der Jaish Ansar Al Sunna bzw. AAI werden eine Vielzahl von Anschlägen, Entführungen und Tötungen im gesamten Irak zugeschrieben, wobei die Jaish Ansar Al Sunna allein für den Zeitraum bis zum 2. Januar 2004 die Verantwortung für 285 Anschläge mit 1155 Toten übernommen hat (OLG München vom 25.6.2007, a.a.O.). Teilweise werden Aktionen noch z. B. im Dezember 2004 – also nach offizieller Ausrufung der Jaish Ansar Al Sunna am 20. September 2003 – der AAI zugeschrieben, wie es das Oberlandesgericht Stuttgart in seinem Urteil vom 15. Juli 2008 getan hat, wo Gegenstand des Verfahrens Mitgliedschaften in "der ausländischen terroristischen Vereinigung Ansar Al Islam" waren und insbesondere auch der versuchte Anschlag auf den damaligen irakischen Ministerpräsidenten Ijad Allawi im Dezember 2004, der während eines Deutschlandbesuchs ermordet werden sollte. Auf die genannten Differenzierungen kommt es jedoch nicht an, weil hier letztlich Tatsachen für eine Unterstützung des Terrorismus (im Sinn des § 54 Nr. 5 AufenthG) in Rede stehen, weswegen nachfolgend Unschärfen der Bezeichnung in Kauf genommen werden, vor allem hinsichtlich der Bewertung der Angaben des Antragstellers in dem Sicherheitsgespräch am 17. Mai 2006. Zur Annahme, dass die AAI eine terroristische Vereinigung ist, führt auch und insbesondere der Umstand, dass die AAI von der Europäischen Union wie vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen als terroristische Vereinigung eingestuft worden ist. Die AAI unterfällt der auf die Resolution 1390/2002 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen gestützten Embargo-Vorschrift der Verordnung (EG) Nr. 881/2002 des Rates der Europäischen Union als Organisation, die mit Osama bin Laden, dem Al-Qaida-Netzwerk und den Taliban in Verbindung steht. Dementsprechend findet sich die AAI in der Liste des UN-Sicherheitsrates zur Resolution 1267/1999 als zu den Taliban und der Al Qaida-Organisation gehörende und mit ihr verbundene Vereinigung. Als terroristische Vereinigung eingestuft wurde die AAI auch im Urteil des Oberlandesgerichts München vom 25. Juni 2007 und des Weiteren im Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 15. Juli 2008 (zum versuchten Anschlag auf Allawi im Dezember 2004).
Im Fall des Antragstellers liegen auch Tatsachen vor, welche die Schlussforderung rechtfertigen, dass dieser die AAI zumindest unterstützt hat und dies in einer Weise, dass die Unterstützungshandlungen eine Gefahr auch noch derzeit begründen. Auch insoweit folgt das Gericht den diesbezüglichen Ausführungen in dem angegriffenen Bescheid. Vor allem ist hier festzustellen, dass an den Nachweis und den Grad einer Unterstützung angesichts der konspirativen Vorgehensweise terroristischer Vereinigungen keine überzogenen Anforderungen gestellt werden dürfen (vgl. dazu BayVGH, Urteil vom 9.5.2005 – 24 B 03.3295). Insoweit ist auch davon auszugehen, dass auch ohne eine spezifische Unterstützung einer einzelnen Vereinigung von einer im Weg der Anwendung des § 54 Nr. 5 AufenthG abzuwehrenden Gefahr bereits dann ausgegangen werden muss, wenn dem Netzwerk des internationalen Terrorismus zugearbeitet bzw. dieses unterstützt wird (vgl. BayVGH vom 9.5.2005 a. a.O.). Die Tatsachen im Sinn des § 54 Nr. 5 AufenthG ergeben sich im Fall des Antragstellers aus dessen nachgewiesenen Kontakten zu "Mitgliedern" der AAI, soweit von einer Mitgliedschaft in dieser Vereinigung überhaupt gesprochen werden kann. Diese Kontakte sind im Einzelnen belegt und rechtfertigen die Schlussfolgerung einer Einbindung des Antragstellers in ein Netzwerk der AAI. Der Antragsteller hatte insbesondere mit Angehörigen der AAI in einer Häufigkeit Kontakt, die nicht mit Zufälligkeiten erklärt werden kann, sondern die Schlussfolgerung nach § 54 Nr. 5 AufenthG zulässt. [...]
Als Unterstützung im Sinn des § 54 Nr. 5 AufenthG anzusehen ist die Einbindung in ein Netzwerk, aus welchem heraus Geldtransfers zugunsten der AAI in den Irak erfolgt sind. Derartige Transfers bzw. das hierzu notwendige Einsammeln von Geld und die Weitergabe an Vertrauenspersonen sind im Rahmen nur von Mitgliedern der AAI nicht vorstellbar, sondern nur über ein Beziehungsgeflecht in ein Netzwerk eingebundener Personen. So wurde .. wegen einer Geldsammlung für die AAI verurteilt, die von ... durchgeführt worden war (siehe OLG München vom 25.6.2007 a.a.O.).
Die aus der hier anzunehmenden Unterstützung der AAI resultierende Gefahr wirkt im Sinn des § 54 Nr. 5 AufenthG fort, auch wenn neuerliche Erkenntnisse über den Antragsteller nicht vorliegen bzw. jedenfalls nicht vorgelegt worden sind. Die Aktivitäten der AAI in Deutschland bzw. die hier geleistete Unterstützung ihrer Aktivitäten im Irak beruhen maßgeblich auf dem Vorhandensein eines Netzwerks, weswegen Personen, die in dieses Netzwerk zumindest eingebunden waren, damit die AAI und den Terrorismus unterstützt haben. Die Unterstützung wirkt auch heute noch fort deswegen, weil sie der AAI ermöglicht hat und noch ermöglicht, terroristische Aktivitäten zu entfalten. Nicht zur Annahme nicht weiter bestehender Gefährlichkeit führt die verbale Distanzierung des Antragstellers von der AAI derart, dass er Kontakte zu ihr bestreitet, wo doch von derartigen Kontakten in schwer bezweifelbarer Weise ausgegangen werden muss.
Zum Ausweisungstatbestand des § 54 Nr. 5 AufenthG hinzu kommt im Fall des Antragstellers, dass er in einer Sicherheitsbefragung in wesentlichen Punkten falsche oder zumindest unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen gemacht hat, die der Unterstützung des Terrorismus verdächtig sind (§ 54 Nr. 6 AufenthG). [...]
Beantragt wurde des Weiteren auch eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hinsichtlich der den Aufenthalt des Antragstellers betreffenden Verfügungen zu dessen Überwachung gemäß § 54 a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 AufenthG. Insoweit handelt es sich um Verfügungen, mit denen sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebende Gebote für den Einzelfall konkretisiert werden und die Rechtslage nochmals in verbindlicher Weise klargestellt wird (vgl. Kopp, VwVfG, RdNr. 6 zu § 35). Vorausgesetzt für die Verpflichtung zu einer wöchentlichen Meldung bei der für den Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle ist das Bestehen einer vollziehbaren Ausweisungsverfügung nach § 54 Nr. 5 AufenthG wie vorliegend. Die Antragsgegnerin hat das kraft Gesetzes bestehende Gebot durch den Ausspruch gegenüber dem Antragsteller konkretisiert und weiterhin dadurch, dass sie – in zutreffender Weise – den Beginn der Verpflichtung genannt und weiterhin die örtlich zuständige Polizeiinspektion bezeichnet hat, verbunden mit der Verpflichtung, die Erfüllung der Meldepflicht in eigener Person durch die Vorlage eines amtlichen Identifikationspapiers nachzuweisen. Mit der Beschränkung des Aufenthalts des Antragstellers auf ihr Stadtgebiet durch Nr. IV des angegriffenen Bescheids hat die Antragsgegnerin in konkretisierender Weise die gesetzliche Verpflichtung aus § 54 a Abs. 2 AufenthG auf den Antragsteller umgesetzt. Da es sich bezüglich beider aufenthaltsbeschränkender Verfügungen nur um Konkretisierungen gesetzlicher Gebote handelte bzw. die Antragsgegnerin insoweit keine (möglichen) abweichenden Bestimmungen getroffen hat, bedurfte es insoweit auch nicht etwa einer Anordnung der sofortigen Vollziehung. [...]