OVG Sachsen

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Zitieren als:
OVG Sachsen, Urteil vom 13.11.2008 - A 1 B 550/07 - asyl.net: M15094
https://www.asyl.net/rsdb/M15094
Leitsatz:

Glaubensgebundende Ahmadis sind in Pakistan Verfolgung wegen ihrer Religion ausgesetzt (im Anschluss an VGH Bad.-Württ., Urteil vom 20.5.2008 - A 10 S 72/08 - ASYLMAGAZIN 7-8/2008, S. 15).

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Anmerkung der Redaktion: Siehe hierzu die Vorlage des BVerwG an den EuGH (Beschluss vom 9.12.2010, 10 C 21.09).]

Schlagwörter: Pakistan, Ahmadiyya, Gruppenverfolgung, Verfolgungsdichte, Strafverfolgung, Strafrecht, Missionierung, faires Verfahren, Rabwah, Verfolgung durch Dritte, nichtstaatliche Verfolgung, Übergriffe, Anerkennungsrichtlinie, Glaubwürdigkeit, Religion, religiös motivierte Verfolgung, religiöses Existenzminimum, Religionsfreiheit
Normen: AufenthG § 60 Abs. 1; RL 2004/83/EG Art. 10 Abs. 1 Bst. b
Auszüge:

[...]

Die Berufung des Beteiligten ist ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte zu Recht unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes vom 4.5.2004 in seinen Ziffern 2 bis 4 zur Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG in der Person des Klägers verpflichtet. [...]

Nach Art. 10 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie haben die Mitgliedsstaaten bei der Prüfung der Verfolgungsgründe zu berücksichtigen, dass der Begriff der Religion insbesondere die theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugung, die Teilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder der Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind, umfasst. [...]

Diese Ausführungen macht sich der Senat für die vorliegende Entscheidung zu Eigen. Gemessen an diesen Maßstäben fällt sowohl der Besuch öffentlicher Gottesdienste als auch die sonstige öffentlichkeitswirksame religiöse Betätigung in den Bereich der durch Art. 10 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie geschützten religiösen Betätigung (ebenso: SächsOVG, Urt. v. 3.4.2008 – A 2 B 36/06 – und 26.8.2008 – A 1 B 860/06; BayVGH, Urt. v. 23.10.2007, Asylmagazin 12/2007, 15f.). [...]

Der Kläger ist jedenfalls derzeit als aktiver Ahmadi in Pakistan einer ihn kollektiv treffenden Verfolgungsgefahr im Sinne von § 60 Abs. 1 AufenthG ausgesetzt. Ihm ist nämlich eine Fortführung seiner öffentlichkeitswirksamen religiösen Betätigung als Angehöriger der Ahmadis bei einer Rückkehr nach Pakistan nicht ohne konkrete Gefahr von abschiebungsrelevanter Verfolgung möglich. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (Urt. v. 20.5.2008 – A 10 S 72/08) hat dazu das Folgende ausgeführt: [...]

Diese Ausführungen macht sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen zu Eigen und legt sie auch seiner Entscheidung zugrunde, weil er sie für zutreffend hält. Aufgrund der informatorischen Befragung des Klägers in der mündlichen Verhandlung und der von ihm im Klageverfahren eingereichten Unterlagen ist er davon überzeugt, dass der Kläger mit seinem Glauben eng verbunden ist und diesen in der Vergangenheit regelmäßig ausgeübt hat und auch gegenwärtig in einer Weise praktiziert, dass er im Falle einer Rückkehr nach Pakistan auch unmittelbar von religiöser Verfolgung bedroht wäre. [...]