LSG Nordrhein-Westfalen

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Zitieren als:
LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 05.02.2009 - L 20 B 2/09 AY ER - asyl.net: M15156
https://www.asyl.net/rsdb/M15156
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Asylbewerberleistungsgesetz, Grundsicherung für Erwerbsunfähige, Privatwohnung, Gemeinschaftsunterkünfte, vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren), einstweilige Anordnung, Eilbedürftigkeit, Schimmelpilz
Normen: SGG § 86b Abs. 2; AsylbLG § 2 Abs. 1; SGB XII § 29 Abs. 1; AsylVfG § 53 Abs. 1
Auszüge:

[...]

Die zulässige Beschwerde der Antragsteller ist unbegründet.

Das Sozialgericht hat es im Ergebnis zu Recht abgelehnt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen (Regelungs-) Anordnung gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu verpflichten, den Antragstellern eine Zustimmung zur Anmietung einer (angemessenen) Wohnung auf dem privaten Wohnungsmarkt zu erteilen.

Es ist weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht (vgl. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung).

Der Senat hat an anderer Stelle allerdings darauf hingewiesen (vgl. Beschluss vom 16.10.2007 - L 20 B 68/07 AY), dass ein im Wege der einstweiligen Regelungsanordnung gemäß § 86b Abs. 2 S. 2 SGG durchsetzbarer Anspruch auf Erteilung einer (abstrakten) Zustimmung zu einem Umzug in eine angemessene Mietwohnung nicht besteht. Eine Entscheidung "dem Grunde nach" kommt insoweit nicht in Betracht. Eine Entscheidung im Sinne der Antragsteller führte zu einer in einem entsprechenden Hauptsacheverfahren nicht durchsetzbaren Verpflichtung. Die in § 29 Abs. 1 S. 4 SGB XII vorausgesetzte, die Verpflichtung zur Kostenübernahme begründende Zustimmung, die keine Zusage i.S.d. § 34 SGB X ist, setzt zwingend das Vorhandensein einer konkreten Mietwohnung voraus, deren Aufwendungen auf ihre Angemessenheit hin überprüft werden können. Eine Verpflichtung dem Grunde nach scheidet von vornherein aus, da nicht lediglich ein Geldbetrag nach Grund und Höhe streitig ist (vgl. zur Zulässigkeit eines Grundurteils Meyer-Ladewig/Keller/Leiter, SGG, 8. Auflage 2005, § 125 RdNr. 3e).

Verstünde man den Antrag der Antragsteller dahingehend, dass die Feststellung begehrt wird, dass die Antragsgegnerin dem Grunde nach verpflichtet sei, die Kosten einer (angemessenen) Unterkunft zu übernehmen, weist der Senat ungeachtet der Frage der Zulässigkeit eines solchen Antrages in einem Eilverfahren darauf hin, dass der Senat bereits mehrfach Bedenken hinsichtlich eines grundsätzlichen Anspruchs auch der gemäß § 2 Abs. 1 AsylbLG Leistungsberechtigten auf Anmietung einer Mietwohnung artikuliert hat. Der Senat hält hieran auch nach erneuter Prüfung und unter Brücksichtigung der Regelung des § 53 Asylverfahrensgesetz fest (vgl. Beschluss des Senats vom 07.11.2006 - L 20 B 51/06 AY ER sowie vom 16.10.2007, a.a.O.). Der Senat hat ausgeführt: "Ob und unter ggf. welchen Voraussetzungen § 2 Abs. 1 AsylbLG insoweit einen Anspruch auf Anmietung einer privaten Mietwohnung begründet, bedarf der eingehenden und nicht lediglich summarischen Überprüfung durch die Sozialgerichte. Zur Überzeugung des Senats spricht auch nach erneuter summarischer Prüfung einiges dafür, dass für alle nach dem AsylbLG Leistungsberechtigte im Grundsatz ein Anspruch auf Anmietung einer privaten Mietwohnung nicht besteht (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 11.10.2006, L 7 AY 10/06 ER; vgl. insbesondere auch Bayerischer VGH, Beschluss vom 16.02.2006, 21 CS 06.230)."

Auch im Falle der Antragsteller bedarf die Frage, ob etwa die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Antragsteller einen Anspruch auf Gewährung angemessener Unterkunftskosten für eine auf dem freien Wohnungsmarkt angemietete Wohnung begründen können, der eingehenden Überprüfung in einem sozialgerichtlichen Hauptsacheverfahren (in dem auch die Auffassung des Sächsischen Landessozialgerichts, Beschluss vom 23.10.2008 - L 7 B 547/08 AY-ER zu berücksichtigen sein wird. Bei der grundsätzlichen Frage, ob ein Asylbewerber nach wie vor verpflichtet ist, in einer Gemeinschaftsunterkunft gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG zu wohnen, handele es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit im Sinne des § 40 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO). Diesem müsste - eine Substantiierung des bisher gleichsam "ins Blaue" hinein geäußerten Verdachts vorausgesetzt - die Klärung der Frage vorbehalten bleiben, ob die gesamte Übergangseinrichtung mikrobiell geschädigt ist. [...]

Der Senat vermag nach alledem jedenfalls eine die begehrte einstweilige Anordnung rechtfertigende Eilbedürftigkeit nicht zu erkennen. Die Unterbringung der Antragsteller ist insoweit gesichert, als die Antragsgegnerin den Antragstellern alternativen Wohnraum angeboten hat. Dass auch diese Unterbringung kurzfristig schwerwiegende und durch eine Entscheidung erst in einem Hauptsacheverfahren nicht mehr wieder gut zu machende Nachteile nach sich ziehen könnte, ist nicht glaubhaft gemacht. Soweit die Antragsteller darauf hinweisen, nicht einmal der Widerspruch der Antragsteller sei bisher beschieden, mögen die gegebenen prozessualen Möglichkeiten ausgeschöpft werden.

Der Senat weist ausdrücklich darauf hin, dass die Antragsgegnerin selbstverständlich verpflichtet ist, Wohnraum zur Verfügung zu stellen, der frei von Schimmelpilzbefall ist. Sollte dies nicht gewährleistet sein, steht den Antragsgtellern die (erneute) Inanspruchnahme einstweiligen Rechtsschutzes frei. [...]