OVG Nordrhein-Westfalen

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Zitieren als:
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.01.2009 - 18 B 1846/08 - asyl.net: M15161
https://www.asyl.net/rsdb/M15161
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Kosten, billiges Ermessen, Altfallregelung, Aufenthaltserlaubnis, Schulbesuch, Beurteilungszeitpunkt
Normen: VwGO § 161 Abs. 2; AufenthG § 104a Abs. 1 S. 1 Nr. 3
Auszüge:

[...]

Nachdem die Beteiligten durch Schriftsätze vom 12. Dezember 2008 sowie vom 16. Dezember 2008 sinngemäß übereinstimmend das Verfahren für in der Hauptsache erledigt erklärt haben, hat das Gericht - gemäß § 87 a Abs. 1 und 3 VwGO durch die Berichterstatterin - unter gleichzeitiger Einstellung des Verfahrens gemäß § 161 Abs. 2 VwGO nur noch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden, und zwar nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes. [...]

Im vorliegenden Fall ist danach eine Kostenteilung angemessen. Die Frage, ob die Antragsteller die tatsächlichen Voraussetzungen für das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs für die Gewährung von Abschiebungsschutz glaubhaft gemacht haben, ist sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht offen. [...]

Nach Auffassung des Antragsgegners ist ein solcher Anspruch für die Antragsteller gemäß § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG ausgeschlossen. Nach dieser Bestimmung setzt ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104a Abs. 1 AufenthG voraus, dass bei Kindern im schulpflichtigen Alter der tatsächliche Schulbesuch nachgewiesen wird. Der Antragsgegner hat hierzu auf erhebliche Fehlzeiten der Antragsteller zu 3. bis 5. beim Schulbesuch insbesondere im Schuljahr 2006/2007 verwiesen. Für das Schuljahr 2007/2008 sind in einer Aufstellung des Antragsgegners weiterhin Fehlzeiten angegeben, jedoch in geringerem Ausmaß. Für das Schuljahr 2008/2009 ist den vorliegenden Unterlagen nichts zu entnehmen.

Ob deshalb der geltend gemachte Anspruch der Familie nach § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG ausgeschlossen ist, ist offen. In rechtlicher Hinsicht ist ungeklärt, welche inhaltlichen Anforderungen an den Nachweis des tatsächlichen Schulbesuchs zu stellen sind und auf welchen Zeitpunkt dafür abzustellen ist.

Ohne dass dies hier abschließend entschieden werden müsste, neigt der Senat insoweit zunächst dazu, allgemein geltenden Grundsätzen zufolge als maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt denjenigen der letzten behördlichen bzw. gerichtlichen Entscheidung zugrunde zu legen, nachdem dem materiellen Recht nicht entnommen werden kann, dass ein anderer Zeitpunkt maßgeblich sein soll. Insbesondere ist nicht eindeutig, dass auch für die in § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 6 AufenthG genannten Voraussetzungen wie für die Voraufenthaltszeit auf den Stichtag 1. Juli 2007 abgestellt werden müsste mit der Folge, dass danach eintretende Entwicklungen unbeachtlich wären. Der Wortlaut spricht vielmehr dagegen (vgl. zum maßgeblichen Zeitpunkt näher OVG NRW, Beschluss vom 27. November 2007 - 17 B 1779/07 -).

Im Übrigen spricht mit Blick auf den Regelungszweck Vieles dafür, die Frage der Anforderungen an den Nachweis des tatsächlichen Schulbesuchs folgend dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zu entscheiden, der im Beschluss vom 29. Juli 2008 - 11 S 158/08 - festgestellt hat, der "tatsächliche Schulbesuch " dürfte im Sinne des § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG nachgewiesen sein, wenn die betreffenden Kinder während ihres schulpflichtigen Alters ohne Unterbrechung in eine Schule aufgenommen gewesen seien und im Sinne der landesrechtlichen Regelungen über die Schulbesuchspflicht am Unterricht teilgenommen hätten. Ob unerlaubtes Fernbleiben vom Unterricht ("Schulschwänzen") den Nachweis des tatsächlichen Schulbesuchs ausschließe, sei eine Frage des Einzelfalls und gemäß dem integrationspolitischen Zweck des § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG zu beantworten, also danach, ob die Fehlzeiten die aufgrund des jeweiligen Schulbesuchs erwartbare sprachliche wie soziale Integration und das Erreichen des gegebenenfalls angestrebten Schulabschlusses ausschlössen oder ernsthaft in Frage stellten. Insoweit dürfte in Zweifelsfällen die Einholung einer Stellungnahme der Schule angezeigt sein (insgesamt abweichend VG Göttingen, Urteil vom 27. August 2008 - 1 A 78/08 -).

Auch wenn man diese rechtlichen Vorgaben zugrunde legte, wäre aber offen, ob ein Anspruch der Antragsteller gemäß § 104a Abs. 1 AufenthG gegeben sein kann. [...]