VG Berlin

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Zitieren als:
VG Berlin, Beschluss vom 03.12.2008 - 34 X 85.08 - asyl.net: M15186
https://www.asyl.net/rsdb/M15186
Leitsatz:

Die Durchführung einer Anhörung im Asylverfahren stellt keine Ausübung des Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 der Dublin II-Verordnung dar.

 

Schlagwörter: Abschiebungsanordnung, unzulässiger Asylantrag, vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren), Suspensiveffekt, Verordnung Dublin II, Anhörung, Selbsteintrittsrecht
Normen: AsylVfG § 34a Abs. 2; VwGO § 80 Abs. 5; VO EG Nr. 343/2003 Art. 3 Abs. 2; AsylVfG § 25
Auszüge:

Die Durchführung einer Anhörung im Asylverfahren stellt keine Ausübung des Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 der Dublin II-Verordnung dar.

(Leitsatz der Redaktion)

[...]

Der heute gestellte Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung der gleichzeitig erhobenen Klage VG 34 X 86.08 gegen die Abschiebungsanordnung im Bescheid der Antragsgegnerin vom 12. November 2008 anzuordnen, ist unzulässig. Da die Antragstellerin nach eigenen Angaben aus Italien - einem sicheren Drittstaat - über Österreich in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist und nach Italien abgeschoben werden soll, darf die Abschiebung gemäß § 34a Abs. 2 AsylVfG nicht nach § 80 Abs. 5 oder § 123 VwGO ausgesetzt werden. Dieser Ausschluss des Eilrechtsschutzes beruht auf der Regelung in Artikel 16a Abs. 2 Satz 3 des Grundgesetzes und ist verfassungsgemäß (vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 - 2 BvR 1938/93 und 2 BvR 2315/93 -, BVerfGE 94, 49).

Im Gegensatz zur Auffassung der Antragstellerin ist Italien nach Artikel 10 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates der Europäischen Union vom 18. Februar 2003 (ABl. 2003 L 50/1) - im Folgenden nur: Verordnung - auch für die Prüfung ihres Asylantrags zuständig. Der Umstand, dass die Antragstellerin vor Abschluss der Klärung der Zuständigkeit zwischen den in Betracht kommenden Mitgliedstaaten in Deutschland bereits nach § 25 AsylVfG angehört wurde, ändert daran nichts. Insbesondere liegt darin noch keine Prüfung des Asylantrages im Sinne von Artikel 3 Abs. 2 in Verbindung mit Artikel 2 Buchst. e) der Verordnung. Vielmehr dient eine solche Anhörung u.a. auch der Klärung, ob bereits in einem anderen Staat ein Asylverfahren eingeleitet oder durchgeführt wurde (vgl. § 25 Abs. 1 AsylVfG) sowie der Ermittlung möglicher Umstände - insbesondere humanitärer Gründe -, welche die Bundesrepublik Deutschland gegebenenfalls veranlassen könnten, von ihrem Selbsteintrittsrecht nach Artikel 3 Abs. 2 der Verordnung Gebrauch zu machen. Sie ist jedoch weder Teil der materiellen Prüfung des Asylbegehrens im Sinne des Artikels 3 Abs. 2 der Verordnung noch gar Ausdruck einer bereits getroffenen positiven Entscheidung der Bundesrepublik Deutschland, das Selbsteintrittsrecht tatsächlich auszuüben. [...]