OVG Niedersachsen

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Zitieren als:
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 06.03.2009 - 7 LA 231/07 - asyl.net: M15229
https://www.asyl.net/rsdb/M15229
Leitsatz:

Straftaten von erheblicher Bedeutung i.S.d. § 25 Abs. 3 AufenthG sind solche, die zumindest in den Bereich der mittleren Kriminalität fallen.

 

Schlagwörter: D (A), Aufenthaltserlaubnis, subsidiärer Schutz, Ausschlussgründe, Straftaten von erheblicher Bedeutung, Straftat, Drogendelikte, Berufungszulassungsantrag
Normen: AufenthG § 25 Abs. 3; AufenthG § 25 Abs. 5
Auszüge:

Straftaten von erheblicher Bedeutung i.S.d. § 25 Abs. 3 AufenthG sind solche, die zumindest in den Bereich der mittleren Kriminalität fallen.

(Leitsatz der Redaktion)

 

[...]

Der Antrag ist unbegründet. Die geltend gemachten Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

Dass das Verwaltungsgericht den Ausschlusstatbestand des § 25 Abs. 3 S. 2 b) AufenthG (Straftaten von erheblicher Bedeutung) "unter Orientierung an den Ausweisungsgründen der §§ 53 ff. AufenthG" angenommen hat, führt weder zur Berufungszulassung nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung) noch nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit) oder § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten). Denn diese Einordnung ist unschwer erkennbar objektiv zutreffend und bedarf deshalb unabhängig von der Begründung des Verwaltungsgerichts keiner weiteren Klärung in einem Berufungsverfahren.

Straftaten von erheblicher Bedeutung im Sinne des Gesetzes sind solche, die zumindest in den Bereich der mittleren Kriminalität fallen, wobei maßgeblich auf den Einzelfall abzustellen ist. Die Straftat muss nach Art und Schwere so gewichtig sein, dass die Erteilung eines Aufenthaltsrechts für den ausländischen Täter unbillig erschiene (Hailbronner, AuslR, 56. A., Rn. 69 zu § 25 AuslG). Sie muss den Rechtsfrieden empfindlich stören und geeignet sein, das Gefühl der Rechtssicherheit der Bevölkerung erheblich zu beeinträchtigen (VG Stuttgart, Urt. v. 7. Oktober 2005 - 9 K 2107/04 -, InfAuslR 2006, 78). Die vom Kläger begangenen Taten erfüllen diese Voraussetzungen. Das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ist ein Verbrechen, § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, § 12 Abs. 1 StGB, weil es im Mindestmaß mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr bedroht ist. Dies, die Mehrfachbegehung und die verhängte erhebliche Gesamtfreiheitsstrafe von fast drei Jahren zeigen, dass die vom Kläger begangenen Taten deutlich oberhalb einer "mittleren Kriminalität" einzuordnen sind. Der Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass der gehandelte Stoff Heroin besonders gefährlich ist und bei den Abnehmern nicht selten zu Siechtum und Tod führt. Es würde das Rechtsgefühl erheblich negativ berühren und auf breites Unverständnis stoßen, dies in Kauf nehmende ausländische Dealer, auch wenn sie wie der Kläger am Aidsvirus leiden, mit einem Aufenthaltsrecht in Deutschland auszustatten. Es kommt hier deshalb nicht darauf an, ob und wie weit eine Kongruenz zwischen § 25 Abs. 3 S. 2 b) AufenthG und den in § 53 AufenthG genannten Straftaten besteht.

Unklar ist, unter welchen Umständen Beklagter und Verwaltungsgericht eine Relevanz auch von § 25 Abs. 5 AufenthG angenommen haben. Mit dieser Vorschrift werden (nur) die Fälle erfasst, in denen die Abschiebung nicht aus den in Absatz 3 genannten Rechtsgründen ausgesetzt ist (Renner, Ausländerrecht, 8. A., Rn. 32 zu § 25 AufenthG). Das ist hier aber, wie ausgeführt, der Fall. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht ersichtlich zutreffend bestätigt, dass auch die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen nach § 5 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 AufenthG hier offensichtlich nicht erfüllt sind und der Beklagte von der Gewährung einer Ausnahme nach Absatz 3 HS 2 der letztgenannten Vorschrift ermessensgerecht abgesehen hat. [...]