VG Stuttgart

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Zitieren als:
VG Stuttgart, Beschluss vom 25.02.2009 - 8 K 74/09 - asyl.net: M15232
https://www.asyl.net/rsdb/M15232
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Familienzusammenführung, Ehegattennachzug, Verlängerungsantrag, Ablehnungsbescheid, vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren), Suspensiveffekt, Fortgeltungsfiktion, Visum, Schengen-Visum, Besuchsvisum, Deutschverheiratung, Eheschließung im Ausland, allgemeine Erteilungsvoraussetzungen, Ausweisungsgrund, Falschangaben, Visumsverfahren, atypischer Ausnahmefall, Einreise, Sprachkenntisse, Ermessen, Zumutbarkeit
Normen: VwGO § 80 Abs. 5; AufenthG § 81 Abs. 4; AufenthG § 6 Abs. 1; AufenthG § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; AufenthG § 5 Abs. 1 Nr. 2; AufenthG § 55 Abs. 2 Nr. 1a; AufenthG § 5 Abs. 2; AufenthV § 39 Nr. 3
Auszüge:

[...]

Der Antrag ist gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG bzw. § 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO i V m. § 12 LVwVG zulässig. Insbesondere ist bezüglich der abgelehnten Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis gegeben. Die Antragstellerin kann durch die Aussetzung der Vollziehung des Ablehnungsbescheids erreichen, dass die Fiktionswirkung des § 81 Abs. 4 AufenthG wieder auflebt. Die Antragstellerin war am 09.07.2008 mit einem Schengen-Visum für kurzfristige Aufenthalte (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG), gültig vom 04.07.2008 bis zum 06.08.2008, erstmals nach Deutschland eingereist. Am 31.08.2008 heiratete sie in Dänemark einen deutschen Staatsangehörigen und kehrte mit diesem ins Bundesgebiet zurück. Am 05.08.2008 beantragte sie die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis wegen Familiennachzugs. Diese Antragstellung vor Ablauf der Gültigkeit des Schengen-Visums löste die Fiktionswirkung des § 81 Abs. 4 AufenthG aus. Auch ein Schengen-Visum ist geeignet, die Fortbestandsfiktion auszulösen, weil es sich hierbei um einen Aufenthaltstitel im Sinne des § 4 Abs. 1 AufenthG handelt (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 01.09.2008 - 18 B 943/08 -, InfAuslR 2009, 74 m.w.N.).

Der Antrag ist aber unbegründet. [...]

Die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Aufenthaltserlaubnis, da zwar die besonderen, nicht aber die erforderlichen allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen erfüllt sein dürften und die Antragsgegnerin ihr Ermessen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise dahin gehend ausgeübt haben dürfte, vom Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen nicht abzusehen.

1. Die besonderen Erteilungsvoraussetzungen nach § 27 Abs. 1 i. V. m. § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 5 AufenthG für den Familiennachzug zum deutschen Ehegatten sind jetzt voraussichtlich alle erfüllt. [...]

2. Der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an die Antragstellerin dürfte aber bereits das Fehlen der allgemeinen Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG entgegen stehen, wonach die Erteilung eines Aufenthaltstitels in der Regel voraussetzt, dass kein Ausweisungsgrund vorliegt. Gemäß § 55 Abs. 2 Nr. 1 a) kann ein Ausländer nach § 55 Abs. 1 AufenthG – mithin wenn sein Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt – insbesondere ausgewiesen werden, wenn er in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Anwenderstaates des Schengener Durchführungsübereinkommens durchgeführt wurde, im In- oder Ausland falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde. Dabei müssen die falschen oder unvollständigen Angaben zum Zwecke der Erlangung der genannten Vergünstigungen erfolgt sein und es muss sich um für das Verfahren erhebliche Angaben handeln (vgl. Armbruster, HTK-AuslR/§ 55 AufenthG/zu Abs. 2 Nr. 1/Fassung ab 27.08.2007 01/2009 Nr. 3.3.). Die Voraussetzungen dieses Ausweisungstatbestandes dürften hier erfüllt sein.

Die Antragstellerin, die ausweislich der von der Antragsgegnerin beigezogenen Visumsakten darüber belehrt worden war, welche Rechtsfolgen bewusst falsche oder unvollständige Angaben zum Zwecke der Erlangung eines Aufenthaltstitels haben, hatte in ihrem Antrag auf Erteilung eines Visums angegeben, dass sie zu Besuchszwecken nach Deutschland einreisen wolle. Dem Visumsantrag beigefügt war insoweit eine Erklärung des Einladenden, ihres jetzigen Ehemannes, wonach die Antragstellerin und seine Mutter die dicksten Freundinnen seien und dass seine Mutter und er die Antragstellerin die schöne Sommerreise nach Europa erleben lassen wollten als Bescherung zum 23. Geburtstag nach dem erfolgreichen Abschluss an der Uni. Diese Angaben waren jedoch zumindest unvollständig. Denn tatsächlich hatte die Antragstellerin nach ihrem Vortrag in ihrer Widerspruchsbegründung und im vorliegenden Antragsverfahren bereits vor ihrer Einreise beabsichtigt, den Einladenden zu heiraten und es spricht derzeit alles dafür, dass sie damit zugleich beabsichtigte, längerfristig in Deutschland zu bleiben. [...]

Das Vorliegen eines Ausweisungsgrundes bewirkt grundsätzlich, dass die Ausländerbehörde bereits aus Rechtsgründen an der Erteilung des Aufenthaltstitels gehindert ist. Etwas anderes gilt nur dann, wenn ein atypischer Ausnahmefall vorliegt. Ein Umstand, der so bedeutsam ist, dass er das sonst ausschlaggebende Gewicht dieser gesetzlichen Regel beseitigen kann, dürfte sich hier aber aus höherrangigem Recht ergeben, da die Antragstellerin sämtliche Voraussetzungen für den Familiennachzug erfüllt und damit Art. 6 Abs. 1 GG für sie streitet. Die Folge hiervon ist, dass die Behörde den Titel damit nicht zwingend versagen muss, sondern nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden kann. Im Rahmen dieser Ermessensentscheidung hat die Behörde die für und gegen den Aufenthalt sprechenden Belange gegen einander abzuwägen und zum Ausgleich zu bringen, wobei es je nach Wertigkeit der einzelnen Belange gleichwohl zu einer Ablehnung der Erteilung des Titels kommen kann (vgl. Zeitler, HTK-AuslR/§ 5 AufenthG/zu Abs. 1 12/2008 Nr. 7.1. und 7.2.). Die Antragsgegnerin hat eine derartige Ermessensentscheidung zwar noch nicht in ihrer Verfügung vom 19.11.2008 getroffen, da sie zum damaligen Zeitpunkt mangels Vorliegens der Visumsakten wohl noch nicht vom Vorliegen eines Ausweisungsgrundes ausging. Allerdings hält sie in ihrem Schriftsatz vom 23.01.2009 an das Gericht nunmehr einen Ausweisungsgrund für gegeben und ihren Ausführungen zur Zumutbarkeit einer vorläufigen Trennung der Ehegatten ist zu entnehmen, dass sie dieses Ermessen zu Lasten der Antragstellerin ausüben möchte.

3. Der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an die Antragstellerin dürfte zudem das Fehlen der allgemeinen Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 2 Satz 1 AufenthG entgegen stehen, wonach die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis voraussetzt, dass der Ausländer mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumsantrag gemacht hat. Die Antragstellerin ist mit einem Schengen-Visum für einen kurzfristigen Aufenthalt (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG) eingereist, das ihr auf Grund ihrer Angaben und der Angaben des Einladenden, ihres späteren Ehemannes, zu Besuchs- und Geschäftszwecken erteilt worden ist. Welches Visum erforderlich ist und welche Angaben von Bedeutung sind, beurteilt sich aber im Hinblick auf den Aufenthaltszweck des nunmehr beantragten Aufenthaltstitels und nicht auf den vor der Einreise beabsichtigten Aufenthaltszweck (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 08.07.2008, a.a.O.). Da die Antragstellerin mit der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug nunmehr aber einen längerfristigen Aufenthalt begehrt, war für ihre Einreise ein nationales Visum gemäß § 6 Abs. 4 AufenthG erforderlich, das vor der Einreise hätte erteilt werden müssen und das der Zustimmung der für den vorgesehenen Aufenthaltsort zuständigen Ausländerbehörde bedurft hätte (§ 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthV).

Die Antragstellerin war von dieser nationalen Visumspflicht auch nicht deshalb befreit, weil sie berechtigt gewesen wäre, die Aufenthaltserlaubnis gemäß § 99 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG i.V.m. § 39 AufenthV nach der Einreise im Bundesgebiet einzuholen. Die Voraussetzungen des – hier allein einschlägigen – § 39 Nr. 3 AufenthV sind voraussichtlich nicht erfüllt.

Nach § 39 Nr. 3 AufenthV in der seit dem 29.08.2007 geltenden Fassung kann ein Ausländer über die im Aufenthaltsgesetz geregelten Fälle hinaus einen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet einholen oder verlängern lassen, wenn er Staatsangehöriger eines in Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 aufgeführten Staates ist und sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder ein gültiges Schengen-Visum für kurzfristige Aufenthalte (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG) besitzt, sofern die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach der Einreise entstanden sind. Im Falle der Antragstellerin, die Staatsangehörige eines in Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 aufgeführten Staates ist, wäre die – eigenständige – 2. Alternative des § 39 Nr. 3 AufenthV damit grundsätzlich anwendbar, denn die Antragstellerin war im Zeitpunkt der Antragstellung im Besitz eines gültigen Schengen-Visums für kurzfristige Aufenthalte (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 08.07.2008, a.a.O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 01.09.2008, a.a.O.; VGH Kassel, Beschluss vom 22.09.2008 - 1 B 1628/08 -, InfAuslR 2009, 14). Die weitere Bedingung, dass die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach der Einreise entstanden sind, ist jedoch nicht erfüllt. Die Eheschließung der Antragstellerin mit ihrem deutschen Ehemann, eine wesentliche Voraussetzung für das Entstehen des Anspruchs nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG erfolgte in Dänemark. Da das anschließende Überschreiten der Schengen-Binnengrenze nach Deutschland nationalrechtlich eine Einreise ins Bundesgebiet darstellt (vgl. Fehrenbacher, HTK-AuslR/§ 39 AufenthV/01/2009 Nr. 4 m.w.N. zum Meinungsstand), war diese wesentliche Voraussetzung für das Entstehen eines Ehegattennachzugsrechts damit aber bereits vor und nicht erst nach der Einreise entstanden. Ob aus diesem Grund die Vergünstigung nach § 39 Nr. 3 AufenthV bereits deshalb nicht gilt, weil damit nicht sämtliche Voraussetzungen des Anspruchs nach der Einreise entstanden sind (so etwa VGH Kassel, Beschluss vom 22.09.2008, a.a.O. und wohl auch VGH München, Beschluss vom 23.12.2008 - 19 CS 08.577 <juris>) oder ob es für die Befreiung nach § 39 Nr. 3 AufenthV auf die Entstehung der Gesamtheit aller Anspruchsvoraussetzungen nach der Einreise in dem Sinne ankommt, dass der Anspruch, nicht aber jede einzelne Anspruchsvoraussetzung nach der Einreise entsteht (so VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 08.07.2008, a.a.O.), kann hier offen bleiben. Denn zwar hat die Antragstellerin die erforderliche Fähigkeit, sich zumindest auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen zu können, erst im Oktober 2008 im Bundesgebiet erworben, so dass – mit dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg – der Anspruch nach § 28 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG erst nach der letzten Einreise ins Bundesgebiet entstanden wäre. Hierauf kann sich die Antragstellerin jedoch nicht mit Erfolg berufen. Denn die Sprachprüfung vom 27.10.2008 und damit der Nachweis der Sprachkenntnisse ist nicht mehr während der Geltungsdauer des Schengenvisums (04.07.2008 06.08.2008) erfolgt, so dass es damit an der Voraussetzung des Besitzes eines (noch gültigen) Schengenvisums bei Entstehung des Anspruchs fehlt (vgl. VGH Kassel, Beschluss vom 22.09.2008, a.a.O.). Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass hier durch die Beantragung der Aufenthaltserlaubnis vor Ablauf des Schengen-Visums die Fortbestandsfiktion des § 81 Abs. 4 AufenthG eingetreten ist. Die Fortbestandsfiktion ist keine Verlängerung des Visums sondern ein Aufenthaltsrecht eigener Art. Lediglich die Wirkungen eines Schengen-Visums, begrenzt auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, bleiben – nach nationalem Recht – fortbestehen (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 01.09.2008, a.a.O.). Da die Bundesrepublik Deutschland die Fiktionsbescheinigung nach § 81 Abs. 4 AufenthG am 06.09.2005 als Aufenthaltstitel im Sinne von Art. 21 Abs. 3 SDÜ notifiziert hat, handelt es sich bei der Fiktionsbescheinigung der Antragstellerin daher um einen neuen Aufenthaltstitel im Sinne des Art. 21 SDÜ (Drittausländer mit nationalem Aufenthaltstitel) – und damit nicht (mehr) um ein Schengen-Visum für kurzfristige Aufenthalte im Sinne der Art. 10 und 11 SDÜ (vgl. auch Ergänzende Hinweise des baden-württembergischen Innenministeriums zu § 81 AufenthG unter Nr. 81.5.2. der VAH-AufenthG).

4. Die Entscheidung der Antragsgegnerin, im Falle der Antragstellerin nicht von der Einhaltung der Visumsvorschriften abzusehen, ist aller Voraussicht nach rechtlich nicht zu beanstanden.

Gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG kann von den Visumsvorschriften abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung erfüllt sind (1. Alternative) oder es auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Visumsverfahren nachzuholen (2. Alternative). Die Voraussetzungen der 1. Alternative dürften nicht vorliegen, da die Antragstellerin zwar die Voraussetzungen eines Anspruchs nach § 27 Abs. 1 i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 5 AufenthG erfüllt, jedoch die allgemeine Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG nicht gegeben ist. Im Hinblick auf die 2. Alternative hat die Antragsgegnerin das ihr zustehende Ermessen voraussichtlich beanstandungsfrei ausgeübt. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass das Ermessen rechtmäßig allein dahin gehend auszuüben wäre, dass im Falle der Antragstellerin von dem grundsätzlich durchzuführenden Visumsverfahren zum Familiennachzug abzusehen wäre.

Im Rahmen ihrer Entscheidung nach § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG hat die Ausländerbehörde im Wege des Ermessens zu beurteilen, ob eine Ausnahme von der Einhaltung der Visumsregeln vertretbar und angemessen ist. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Regelung als Ausnahmebestimmung prinzipiell eng auszulegen ist. Die Durchführung des Visumverfahrens soll nach der amtlichen Begründung des § 5 Abs. 2 AufenthG sowohl bei Vorliegen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels als auch in allen anderen Fällen die Regel bleiben (vgl. BT-Drucks. 15/420, S. 70). Auf diese Weise wird einerseits sichergestellt, dass die Steuerungsmechanismen des Aufenthaltsgesetzes nicht lahmgelegt und die dort vorgesehenen Zugangskontrollen hinsichtlich eines Aufenthalts in der Bundesrepublik nicht unterlaufen werden. Andererseits wird durch die Regelung deutlich, dass die Einhaltung der Visumsregeln kein Selbstzweck sein soll. Erforderlich ist demnach eine Güterabwägung unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, bei der zu berücksichtigen ist, dass die Einhaltung des Visumsverfahrens der Regelfall bleiben soll und dass allein die Verpflichtung, zur Herstellung einer ehelichen Lebensgemeinschaft in Deutschland vor der Einreise ein Visum einzuholen, nicht Art. 6 Abs. 1 GG verletzt. Dies erfordert, die legitimen Interessen des Ausländers (z. B. wirtschaftliche Interessen, Familieneinheit) gegen das öffentliche Interesse an der Einhaltung des Visumsverfahrens abzuwägen. Dabei ist zu beachten, dass die Nachholung des Visumsverfahrens stets mit allgemein bekannten und deshalb auch vom Gesetzgeber in den Regelungen des Aufenthaltsgesetzes berücksichtigten Unannehmlichkeiten verbunden ist. Vor allem aber gilt es, dem Eindruck bei anderen Ausländern entgegenzuwirken, man könne durch eine Einreise stets vollendete Tatsachen schaffen. Die Grenze liegt dort, wo das Beharren auf die Einhaltung des Visumsverfahrens objektiv als unangemessen empfunden werden müsste (vgl. VG Aachen, Gerichtsbescheid vom 15.09.2008 - 8 K 1502/08 <juris> m.w.N.).

Gemessen hieran begegnet die Ermessensausübung durch die Antragsgegnerin, die zudem im Laufe des weiteren Verwaltungsverfahrens ergänzt werden kann, keinen Bedenken. Sie hat zutreffend ausgeführt, dass hier keine Gründe vorgetragen wurden, welche die Durchführung eine Visumverfahrens vom Heimatland aus und die damit bedingte zeitweilige Trennung der Ehegatten als besondere Belastung erscheinen ließen. [...]