Das Aufnahmegesetz ist auch auf Personen anwendbar, die eine Aufenthaltserlaubnis nach § 104 a Abs. 1 AufenthG besitzen, wenn sie Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen.
Das Aufnahmegesetz ist auch auf Personen anwendbar, die eine Aufenthaltserlaubnis nach § 104 a Abs. 1 AufenthG besitzen, wenn sie Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen.
(Leitsatz der Redaktion)
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Die gemäß § 146 Abs. 1 und 4, § 147 Abs. 1 VwGO zulässige Beschwerde des Antragsgegners hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat zu Unrecht die aufschiebende Wirkung der Klagen gegen den Bescheid der Regierung von Unterfranken vom 18. September 2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 5. November 2008 nach § 80 Abs. 5 VwGO angeordnet. Mit diesem Bescheid sind die Antragsteller ab 4. November 2008 der Stadt Schweinfurt zugewiesen und verpflichtet worden, dort in der Gemeinschaftsunterkunft ..., Straße... zu wohnen. Mit dem Änderungsbescheid ist für die siebenjährige Antragstellerin zu 5 der Besuch der ...-Schule zur
Lernförderung (Grund- und Hauptschulstufe) in Schweinfurt angeordnet worden.
Entgegen der Meinung des Verwaltungsgerichts sind hier weder offene Rechtsfragen zu klären noch kann eine Interessenabwägung zu der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klagen führen, weil bei der gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides keine Zweifel bestehen. Ein begründeter Ausnahmefall im Sinn des Art. 4 Abs. 4 Satz 1 AufnG, der es rechtfertigen könnte, bei den Antragstellern von der Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft abzusehen, liegt nicht vor. Auch sonstige Belange der Antragsteller, die es gebieten könnten, sie vom Sofortvollzug der Zuweisungsentscheidung vorläufig zu verschonen, sind nicht ersichtlich.
Die vom Verwaltungsgericht als offen und klärungsbedürftig bezeichnete Rechtsfrage, ob das Aufnahmegesetz auf die Antragsteller als Inhaber von Aufenthaltserlaubnissen nach § 104 a Abs. 1 Satz 1 AufenthG überhaupt anwendbar sei, lässt sich ohne weiteres aus dem Gesetz heraus beantworten. Gemäß Art. 1 AufnG gilt das Gesetz für Ausländer, die nach § 1 AsylbLG oder nach Art. 5 a AGSG leistungsberechtigt sind. Gemäß Art. 5 a Abs. 1 Satz 1 AGSG erhalten Ausländer mit einem Aufenthaltstitel nach § 104 a Abs. 1 Satz 1 AufenthG anstelle von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch Leistungen entsprechend den Vorschriften des Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG), wenn sie am 1. März 2007 nach § 1 Abs. 1 AsylbLG leistungsberechtigt waren und Sachleistungen erhalten haben.
Diese Voraussetzungen treffen auf die Antragsteller zu. Sie sind als Inhaber von Aufenthaltserlaubnissen nach § 104 a Abs. 1 Satz 1 AufenthG gemäß Art. 5 a AGSG leistungsberechtigt entsprechend den Vorschriften des AsylbLG, weil sie nach Aktenlage schon zum Stichtag 1. März 2007 dem Grunde nach gemäß § 1 Abs. 1 AsylbLG leistungsberechtigt waren und wegen ihrer bis Mitte August 2007 erfolgten Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft zumindest Sachleistungen in Form von Unterkunft und Heizung erhalten haben (vgl. Schreiben des Landratsamtes
Main-Spessart vom 29.7.2008 an die Regierung von Unterfranken, Bl. 9 der Behördenakte). Ob bezüglich der Sachleistungen nach dem Stichtag Kosten zurückerstattet worden sind, ist nach dem eindeutigen Wortlaut des Art. 5 a Satz 1 AGSG unerheblich. Der Beklagte hat insoweit zu Recht darauf hingewiesen, dass die bloße Möglichkeit späterer Kostenerstattungen nicht ausreicht, um daran schon zum Stichtag 1. März 2007 rechtliche Folgen zu knüpfen.
Demnach ist das Aufnahmegesetz auf die Antragsteller anwendbar und es besteht für sie gemäß Art. 4 Abs. 1 AufnG grundsätzlich die Verpflichtung, in einer Gemeinschaftsunterkunft zu wohnen.
Der bestandskräftige Bescheid der Regierung von Unterfranken vom 13. August 2007, mit dem den Antragstellern seinerzeit der Auszug aus einer Gemeinschaftsunterkunft gestattet wurde, steht ihrer erneuten Unterbringung in einer solchen Einrichtung nicht entgegen. Denn die Gestattung wurde ausdrücklich nur unter der auflösenden Bedingung erteilt, dass keine Leistungen nach dem AsylbLG bezogen werden. Die Antragsteller haben aber zwischenzeitlich wieder Leistungen nach dem AsylbLG erhalten (vgl. Bl. 22 der Behördenakte und Berechnung vom 13.10.2008, vorgelegt als Anlage zum Prozesskostenhilfeantrag beim Verwaltungsgericht).
Bei den Antragstellern liegt auch kein begründeter Ausnahmefall im Sinn des Art. 4 Abs. 4 Satz 1 AufnG vor, der es rechtfertigen könnte, ihnen abweichend von der nach Art. 4 Abs. 1 AufnG vorgeschriebenen regelmäßigen Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft weiterhin das Wohnen in einer privaten Mietwohnung zu gestatten. Bei dem Tatbestandsmerkmal "begründeter Ausnahmefall" handelt es sich um einen gerichtlich voll überprüfbaren unbestimmten Rechtsbegriff, der für die Behörde keinen Beurteilungsspielraum enthält, sondern aufgrund der gegebenen Umstände des Einzelfalls zu beurteilen ist, wobei die von dem Betroffenen geltend gemachten persönlichen Interessen, die gegen einen Umzug in eine Gemeinschaftsunterkunft sprechen, im Vordergrund stehen. Erst wenn diese persönlichen Interessen das vom Gesetzgeber in Art. 4 Abs. 1 AufnG als Regelfall zum Ausdruck gebrachte öffentliche Interesse an der Unterbringung in einer staatlichen Gemeinschaftsunterkunft deutlich überwiegen, ist ein begründeter Ausnahmefall gegeben (vgl. BayVGH vom 23.1.2009 Az. 21 BV 08.30134).
Solche deutlich überwiegenden Interessen der Antragsteller am Verbleib in ihrer bisherigen Privatwohnung sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Die Tatsache, dass die Antragsteller im Besitz einer vorläufigen Aufenthaltserlaubnis nach § 104 a Abs. 1 Satz 1 AufenthG sind, reicht nicht aus. Wie dargelegt ist das AufnG trotzdem anwendbar. Ob die befristete Aufenthaltserlaubnis gemäß § 104 a Abs. 5 AufenthG verlängert wird, ist wegen des nach Aktenlage nicht dauerhaft gesicherten Lebensunterhalts der Familie fraglich und nicht absehbar. Auch der Umstand, dass die Antragsteller nunmehr über ein Jahr in einer Privatwohnung leben, ist nicht geeignet, einen Ausnahmefall im Sinn des Art. 4 Abs. 4 Satz 1 AufnG zu begründen (BayVGH vom 9.8.2004, BayVBl. 2005, 308; BayVGH vom 21.1.2008 Az. 21 CS 08.30007). Die mit einem Umzug von Gemünden nach Schweinfurt verbundenen Schwierigkeiten und Veränderungen im persönlichen Umfeld müssen die Antragsteller ebenso hinnehmen wie eine eventuell längere Fahrzeit des Antragstellers zu 1 zu seiner Arbeitsstelle (BayVGH vom 19.3.2007 Az. 21 CS 07.404). Dem besonderen Förderbedarf der Tochter . . . (Antragstellerin zu 5) hat die Regierung von Unterfranken dadurch Rechnung getragen, dass für sie mit Änderungsbescheid vom 5. November 2008 der Besuch der ...-Schule zur Lernförderung (Grund- und Hauptschulstufe) verfügt worden ist. [...]