Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug setzt gem. § 30 Abs. 1 S. 3 Nr. 3 AufenthG keine deutschen Sprachkenntisse voraus, wenn wegen erkennbar geringem Integrationsbedarfs oder aus anderen Gründen kein Anspruch auf Teilnahme an einem Integrationskurs besteht; das gilt auch dann, wenn der Anspruch nicht besteht, weil dem Ehegatten nicht erstmals eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wurde.
Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug setzt gem. § 30 Abs. 1 S. 3 Nr. 3 AufenthG keine deutschen Sprachkenntisse voraus, wenn wegen erkennbar geringem Integrationsbedarfs oder aus anderen Gründen kein Anspruch auf Teilnahme an einem Integrationskurs besteht; das gilt auch dann, wenn der Anspruch nicht besteht, weil dem Ehegatten nicht erstmals eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wurde.
(Leitsatz der Redaktion)
[...]
Der Antrag, mit dem die Antragstellerin bei sachgerechtem Verständnis ihres Rechtsschutzzieles die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 01.12.2008 begehrt, ist gemäß § 80 Abs. 5 VwGO statthaft, da ihr fristgerecht erhobener Widerspruch gegen die in dem angefochtenen Bescheid ausgesprochene Versagung der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG keine aufschiebende Wirkung hat und auch die weiter verfügte Abschiebungsandrohung gemäß § 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO i.V.m. § 20 AG VwGO sofort vollziehbar ist. Der auch im Übrigen zulässige Antrag hat auch in der Sache Erfolg. [...]
Vorliegend kommt dem Interesse der Antragstellerin, zumindest bis zur Entscheidung über ihren Rechtsbehelf in der Hauptsache vorläufig weiter im Bundesgebiet verbleiben zu können, der Vorrang gegenüber dem öffentlichen Interesse an ihrer unverzüglichen Ausreise zu, da gewichtige Zweifel an der Rechtmäßigkeit der gegenüber der Antragstellerin ausgesprochenen Ablehnung der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis und damit auch der Abschiebungsandrohung bestehen.
Bereits im Ausgangspunkt zu Unrecht ist der Antragsgegner davon ausgegangen, dass die Antragstellerin schon nicht die tatbestandlichen Voraussetzungen des von ihr geltend gemachten Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach §§ 27 Abs. 1, 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG erfüllt. Danach ist dem ausländischen Ehegatten eines Deutschen die Aufenthaltserlaubnis zur Herstellung und Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet zu erteilen, wenn der Deutsche seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat. Die Antragstellerin ist Ehegattin eines deutschen Staatsangehörigen mit derzeit gewöhnlichem Aufenthalt im Bundesgebiet, ohne dass Zweifel am Bestehen einer ehelichen Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet begründet sind. Dass die Antragstellerin offenbar nicht in der Lage ist, sich in ausreichender Weise in deutscher Sprache zu verständigen, steht der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis entgegen der Auffassung des Antragsgegners nicht entgegen. Zwar setzt die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Herstellung und Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet gemäß § 28 Abs. 1 Satz 5 AufenthG i. V. m. § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG voraus, dass sich der ausländische Ehegatte zumindest auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen kann. Dieses Erfordernis ist allerdings, was der Antragsgegner verkannt hat, gemäß § 28 Abs. 1 Satz 5 AufenthG i. V. m. § 30 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 AufenthG dann unbeachtlich, wenn bei dem ausländischen Ehegatten ein erkennbar geringer Integrationsbedarf im Sinne einer nach § 43 Abs. 4 AufenthG erlassenen Rechtsverordnung besteht oder dieser aus anderen Gründen nach der Einreise keinen Anspruch nach § 44 AufenthG auf Teilnahme am Integrationskurs hätte. Dabei bedarf es vorliegend keiner Entscheidung, ob im Fall der Antragstellerin bereits von einem erkennbar geringen Integrationsbedarf im Sinne von § 4 Abs. 2 Nr. 2 der Integrationskursverordnung – IntV – ausgegangen werden kann, weil die Annahme gerechtfertigt erscheint, dass sie sich ohne staatliche Hilfe in das wirtschaftliche, gesellschaftliche und kulturelle Leben der Bundesrepublik Deutschland integrieren wird. Denn jedenfalls hätte die Antragstellerin aus anderen Gründen keinen Anspruch nach § 44 AufenthG auf Teilnahme am Integrationskurs. Ein solcher Anspruch stünde der Antragstellerin gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 b) nämlich nur dann zu, wenn ihr erstmals eine Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke des Familiennachzuges erteilt würde. § 44 Abs. 1 AufenthG hat damit Neuzuwanderer im Blickfeld, denen nach dem Aufenthaltsgesetz überhaupt erstmals eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird (vgl. dazu ayVGH, Urteil vom 19.09.2007 - 19 BV 07.575, zitiert nach; ferner Hailbronner, Kommentar zum Aufenthaltsgesetz, Stand: Dezember 2008, § 44 Rdnr. 3).
Zu diesem von § 44 Abs. 1 AufenthG begünstigten Personenkreis der Neuzuwanderer gehört die Antragstellerin indes ersichtlich nicht, da ihr aufgrund der am 28.07.2003 erfolgten Eheschließung mit einem deutschen Staatsangehörigen bereits am 31.07.2003 eine bis zum 31.07.2006 befristete Aufenthaltserlaubnis erteilt worden war. Da dieser erkennbar auf der Grundlage des § 23 Abs. 1, Abs. 2 AuslG a.F. erteilte Aufenthaltstitel nach Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes zum 01.01.2005 zunächst gemäß § 101 Abs. 2 AufenthG als Aufenthaltserlaubnis gemäß §§ 27 Abs. 1, 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG fort galt, stünde der Antragstellerin mithin im Falle der jetzigen Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis kein Anspruch mehr auf Teilnahme an einem Integrationskurs gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 b) AufenthG zu mit der Folge, dass dem ihr zustehenden Rechtsanspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach §§ 27 Abs. 1, 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG auch nicht das fehlende Erfordernis, sich auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen zu können, entgegen gehalten werden kann.
Die Ablehnung der Erteilung der von der Antragstellerin begehrten Aufenthaltserlaubnis erweist sich im Ergebnis auch nicht deshalb als rechtmäßig, weil die Antragstellerin ohne das für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG erforderliche Visum eingereist ist.
Zwar war die Antragstellerin im Zeitpunkt ihrer erneuten Einreise in die Bundesrepublik Deutschland im Dezember 2007 unstreitig nicht mehr im Besitz eines gültigen Aufenthaltstitels, und bedurfte sie daher für den von ihr offenbar beabsichtigten längerfristigen Aufenthalt gemäß § 6 Abs. 4 Satz 1 AufenthG eines Visums für das Bundesgebiet. Die Antragstellerin war auch, wie der Antragsgegner in dem angefochtenen Bescheid zutreffend dargelegt hat, nicht gemäß § 99 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG i. V. m. § 39 AufenthV berechtigt, den von ihr begehrten Aufenthaltstitel nach der Einreise ins Bundesgebiet einzuholen. Von der allgemeinen Erteilungsvoraussetzung der Einreise mit dem erforderlichen Visum kann aber nach § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung erfüllt sind oder es aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalles nicht zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Das danach in Ansehung des der Antragstellerin gemäß §§ 27 Abs. 1, 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG zustehenden Rechtsanspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis eröffnete Ermessen hat der Antragsgegner indes bislang nicht ausgeübt. Dies begründet ohne Weiteres die Fehlerhaftigkeit der die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ablehnenden Entscheidung des Antragsgegners.
Zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung gibt ferner der Umstand Anlass, dass die Antragstellerin aufgrund ihrer ohne erforderliches Visum erfolgten Einreise zugleich auch nicht die allgemeine Erteilungsvoraussetzung nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG erfüllt, wonach die Erteilung eines Aufenthaltstitels in der Regel voraussetzt, dass kein Ausweisungsgrund vorliegt. Zwar hat die Antragstellerin durch die mangels eines für den längerfristigen Aufenthalt erforderlichen Visums unerlaubte Einreise in das Bundesgebiet den Straftatbestand des § 95 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG verwirklicht, und stellt eine Straftat grundsätzlich einen nicht nur geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften und damit einen Ausweisungsgrund gemäß § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG dar (vgl. dazu etwa OVG Hamburg, Beschluss vom 16.03.2002 - 3 BF 205/01 -, zitiert nach juris; ferner Hailbronner, a.a.O., § 55 Rdnr. 23 m.w.N.).
Das Fehlen der allgemeinen Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG steht der Erteilung eines Aufenthaltstitels allerdings nicht zwingend entgegen. Vielmehr kann es in besonders gelagerten Einzelfällen durchaus gerechtfertigt sein, von den gesetzlichen Regelerteilungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 AufenthG abzusehen. Dabei ist ein solcher Ausnahmefall dann anzunehmen, wenn ein atypischer Sachverhalt gegeben ist, der sich von der Menge gleichliegender Fälle durch besondere Umstände unterscheidet, die so bedeutsam sind, dass sie das sonst ausschlaggebende Gewicht des der Regelerteilungsvoraussetzung zugrunde liegenden öffentliches Interesses beseitigen (vgl. dazu GK-AufenthaltG, Stand: August 2008, § 5 Rdnr. 27 unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 27.02.1996, BVerwGE 102, 12 ff.).
Davon ausgehend lassen weder die Gründe des angefochtenen Bescheides noch das Vorbringen des Antragsgegners im Rahmen des vorliegenden Verfahrens erkennen, dass die besondere Situation der Antragstellerin, in der sie sich mit Blick auf ihre langjährige eheliche Lebensgemeinschaft mit einem Deutschen befindet, hinreichend Berücksichtigung gefunden hat. Diese ist dadurch gekennzeichnet, dass der Antragstellerin nach der mit ihrem deutschen Ehemann am 28.07.2003 geschlossenen Ehe im Rahmen des Ehegattennachzuges bereits am 31.07.2003 eine bis zum 31.07.2006 befristete Aufenthaltserlaubnis erteilt worden war, deren Verlängerung bzw. Fortbestand ersichtlich allein aufgrund des im Mai 2005 aus berufsbedingten Gründen ihres deutschen Ehemannes erfolgten Fortzuges ins Ausland gescheitert ist. Steht in dem so gelagerten Fall damit gerade nicht der erstmalige Erhalt einer Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke des Ehegattennachzuges, sondern vielmehr die Wiederherstellung der seinerzeit rechtmäßig begründeten und nach wie vor unverändert bestehenden ehelichen Lebensgemeinschaft der Antragstellerin mit ihrem deutschen Ehemann im Bundesgebiet in Rede, unterscheidet sich die Lage der Antragstellerin doch deutlich von derjenigen vergleichbarer Ausländer. [...]