VG Arnsberg

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Zitieren als:
VG Arnsberg, Beschluss vom 19.03.2009 - 6 L 53/09.A - asyl.net: M15348
https://www.asyl.net/rsdb/M15348
Leitsatz:
Schlagwörter: Verfahrensrecht, Abschiebungsanordnung, unzulässiger Asylantrag, Drittstaatenregelung, Verordnung Dublin II, vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren), einstweilige Anordnung, vorbeugender Rechtsschutz, Übernahmeersuchen, Selbsteintrittsrecht
Normen: AsylVfG § 34a Abs. 2; AsylVfG § 27a; AsylVfG § 26a; EG VO Nr. 343/2003 Art. 20 Abs. 1 S. 1 Bst. c; EG VO Nr. 343/2003 Art. 3 Abs. 2; VwGO § 123 Abs. 1
Auszüge:

[...]

Der Antrag des Antragstellers, der Antragsgegnerin im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung zu untersagen, den Antragsteller nach Italien abzuschieben, ist unzulässig.

Der Zulässigkeit des Antrags steht § 34 Abs. 2 AsylVfG entgegen. Danach darf die Abschiebung in einen sicheren Drittstaat i.S.d. § 26 a AsylVfG i.V.m. Art. 16 a Abs. 2 Satz 1 GG oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27 a AsylVfG) nicht durch Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ausgesetzt werden. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

Die Abschiebung soll nach Aktenlage - der Bescheid vom 9. Januar 2009 ist allerdings noch nicht zugestellt - nach Italien erfolgen. Italien ist ein Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft und damit einerseits ein sicherer Drittstaat i.S.d. § 26 a AsylVfG i.V.m. Art. 16 a Abs. 2 Satz 1 GG und andererseits auch hier für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig (§ 27 a AsylVfG). Nach Aktenlage hat der Antragsteller, der sich nach eigenen Angaben bei seiner Anhörung längere Zeit vor seiner Einreise nach Deutschland in Italien aufgehalten hat, dort am 3. April 2008 auch einen Asylantrag gestellt und damit die Zuständigkeit Italiens selbst begründet.

Auf das Übernahmeersuchen des Bundesamtes an Italien vom 16. Dezember 2008 hat Italien nicht innerhalb der Zweiwochenfrist des einschlägigen § 20 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe c der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung des von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrag zuständig ist - im Folgenden: Dublin II - reagiert. Als Rechtsfolge daraus ergibt sich ungeachtet der Frage nach der Rechtmäßigkeit des Übernahmeverfahrens die Zuständigkeit Italiens für die Durchführung des Asylverfahrens. Dies hat Italien durch Bestätigungsschreiben vom 8. Januar 2009 auch ausdrücklich akzeptiert. Dementsprechend ist damit verbindlich die Zuständigkeit - jedenfalls für die Dauer von sechs Monaten (vgl. § 20 Abs. 2 Dublin II) - Italiens für die Durchführung des Asylverfahrens geklärt. Die vom Antragsteller dagegen vertretene Auffassung von einer Zuständigkeit Griechenlands ist damit gegenstandslos. Jedenfalls kann der Antragsteller kein subjektives Recht auf Feststellung der Zuständigkeit eines bestimmten Mitgliedstaates beanspruchen. Aus Konsequenz daraus ist der vom Antragsteller beim Bundesamt gestellte Asylantrag unzulässig (§ 27 a AsylVfG).

Die vom Antragsteller dagegen vorgebrachten Einwendungen vermögen eine Durchbrechung der Sperrwirkung des § 34 a Abs. 2 AsylVfG nicht zu rechtfertigen. Der Antragsteller kann sich zunächst nicht mit Erfolg auf die Ausübung des Selbsteintrittsrechts der Bundesrepublik Deutschland gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II berufen. Ungeachtet der Frage, ob ihm diese Regelung eine subjektive Anspruchsposition vermittelt, hat der Antragsteller jedenfalls keine Gründe geltend gemacht, die die Annahme einer individuellen Gefährdung grundgesetzlich geschützter Rechtsgüter tragen könnten (vgl. dazu auch: Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 14. Mai 1996 - 2 BvR 1938, 2315/93 -, BVerfGE 94, 49 ff.).

Insoweit fehlt es bereits an der substantiierten Glaubhaftmachung entsprechender Gefährdungstatbestände. Angesichts seiner inzwischen erreichten Volljährigkeit und unter Berücksichtigung seines bereits vor der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland in Italien verbrachten mehrmonatigen Aufenthalts ist ein besonderer Betreuungsbedarf des Antragstellers nicht anzunehmen. Dafür fehlen jegliche Anhaltspunkte. [...]