KG Berlin

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Zitieren als:
KG Berlin, Beschluss vom 27.01.2009 - 1 Zs 1465/08 - asyl.net: M15364
https://www.asyl.net/rsdb/M15364
Leitsatz:

Ein Bescheid, mit dem der Antrag des Verurteilten auf Absehen von der Vollstreckung nach § 456a StPO zurückgewiesen wird, ist aufzuheben, wenn nicht erkennbar ist, inwieweit die für ein Absehen von der weiteren Strafvollstreckung sprechenden Umstände tatsächlich in die gebotene Gesamtabwägung einbezogen und gewürdigt worden sind (hier: Belange eines in Deutschland bindungslosen Ausländers).

 

Schlagwörter: Strafrecht, Strafvollstreckung, Absehen von der weiteren Strafvollstreckung, Ausländer
Normen: StPO § 456a
Auszüge:

Ein Bescheid, mit dem der Antrag des Verurteilten auf Absehen von der Vollstreckung nach § 456a StPO zurückgewiesen wird, ist aufzuheben, wenn nicht erkennbar ist, inwieweit die für ein Absehen von der weiteren Strafvollstreckung sprechenden Umstände tatsächlich in die gebotene Gesamtabwägung einbezogen und gewürdigt worden sind (hier: Belange eines in Deutschland bindungslosen Ausländers).

(Amtlicher Leitsatz)

 

[...]

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat auch in der Sache (vorläufigen) Erfolg.

Die angegriffenen Bescheide sind rechtsfehlerhaft. Sie heben zwar zu Recht die Schwere der Schuld des Betroffenen und das öffentliche Interesse an einer nachhaltigen Strafvollstreckung hervor (vgl. KG, Beschluß vom 7. Juli 2006 – 4 VAs 48/06 -; OLG Hamburg StV 1996, 328 mwN). Es wird aber nicht erkennbar, inwieweit die für ein Absehen von der weiteren Strafvollstreckung sprechenden Umstände tatsächlich in die gebotene Gesamtabwägung einbezogen und gewürdigt worden sind. Die Staatsanwaltschaft beschränkt sich insoweit auf die Begründung, daß die "Interessen des Verurteilten nicht als ausreichend angesehen" werden. Welche Tatsachen die Vollstreckungsbehörde dabei berücksichtigt und mit welchen Überlegungen sie den Belangen des Betroffenen gegenüber den öffentlichen Interessen ein geringeres Gewicht beigemessen hat, ist auch dem Bescheid der Generalstaatsanwaltschaft nicht zu entnehmen, in dem hierzu lediglich auf die "zutreffenden Gründe" der Entschließung der Staatsanwaltschaft verwiesen wird.

Der Senat kann daher nicht prüfen, ob bei der Interessenabwägung die persönlichen Verhältnisse des Verurteilten, der in Berlin ohne soziale Bindungen sein soll und zu seiner Großfamilie in seine türkische Heimat zurückkehren will, genügend Beachtung gefunden haben. [...]