OVG Niedersachsen

Merkliste
Zitieren als:
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 25.03.2009 - 7 LA 142/07 - asyl.net: M15395
https://www.asyl.net/rsdb/M15395
Leitsatz:

Die Überprüfung der Rechtmäßigkeit eines Haftantrags der Ausländerbehörde ist der ordentlichen Justiz übergeben, so dass der Verwaltungsrechtsweg verschlossen ist.

 

Schlagwörter: D (A), Abschiebungshaft, Berufungszulassungsantrag, ernstliche Zweifel, grundsätzliche Bedeutung, Haftantrag, Ausländerbehörde, Verwaltungsrechtsweg, Rechtsweg, Zivilrechtsweg
Normen: VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1; VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 3; FEVG § 8 Abs. 1; AufenthG § 106 Abs. 2 S. 2; FEVG § 12; FEVG § 3; VwGO § 40 Abs. 1; FEVG § 10 Abs. 1
Auszüge:

Die Überprüfung der Rechtmäßigkeit eines Haftantrags der Ausländerbehörde ist der ordentlichen Justiz übergeben, so dass der Verwaltungsrechtsweg verschlossen ist.

(Leitsatz der Redaktion)

 

[...]

Die geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3 VwGO liegen nicht vor.

1.1 Der Senat hält an seiner Auffassung fest, dass der Haftantrag der Ausländerbehörde nach § 8 Abs. 1 S. 3 des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren bei Freiheitsentziehungen – FEVG – wie überhaupt alle "normalen" Voraussetzungen der Abschiebungshaft, § 62 AufenthG, nach dem FEVG jeweils Bestandteile eines einheitlichen Freiheitsentziehungsverfahrens sind, welches nach dem FEVG insgesamt den Zivilgerichten zugewiesen ist (Nds.OVG, Beschl. v. 12. April 2007 - 7 ME 1/07 -, InfAuslR 2007, 246 m.w.N.; vgl. auch Beschl. v. 12. Dezember 2005 - 13 ME 429/05 -). Dieser Auffassung ist das Verwaltungsgericht in seinem Urteil gefolgt.

Die Entscheidung über ein auf die Entlassung aus der Abschiebungshaft gerichtetes Gesuch, wie der Kläger es verfolgt hat, ist nach § 106 Abs. 2 S. 2 AufenthG i.V.m. den §§ 12, 3 S. 1 FEVG ausdrücklich dem Amtsgericht zugewiesen, so dass nach § 40 Abs. 1 S. 1, 2. Alt., VwGO der Verwaltungsrechtsweg dafür ausscheidet. Die Entscheidungszuständigkeit des Haftrichters besteht nach § 10 Abs. 1 FEVG in jedem Stadium des Verfahrens; entsprechendes gilt nach § 10 Abs. 2 FEVG für das Anrufungsrecht des Inhaftierten. Der Verwaltungsrechtsweg ist lediglich dann zu beschreiten, wenn streitig ist, ob die Ausländerbehörde die durch die Haft zu sichernde Abschiebung (noch) zu Recht betreibt, wenn also die materiellen Voraussetzungen etwa der Ausreisepflicht oder der Abschiebung in Rede stehen (vgl. OVG Saarland, Beschl. v. 11. Januar 2001 - V 52/00, 9 W 1/01 -, InfAuslR 2001, 172). Darum geht es hier nicht. Für die Beurteilung der Haftvoraussetzungen im engeren Sinn ist allein der Haftrichter beim Amtsgericht zuständig (OVG Saarland, a.a.O.; auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 28. Juni 2006 - 18 B 1088/06 -, DÖV 2006, 922). Diese Zuständigkeit war auch hier mit dem vom Kläger behaupteten Fehlen eines ordnungsgemäßen Vollzugsersuchens nach § 8 Abs. 1 S. 3 FEVG begründet. Der Kläger hat sich diese im Übrigen auch zunutze gemacht, indem er gegen die vom Amtsgericht angeordnete Fortdauer der Haft sofortige Beschwerde zum Landgericht Hannover eingelegt hat, welches diese mit Beschluss vom 11. Januar 2007 - 28 T 163/06 - zurückgewiesen und darin auch das Vollzugsersuchen behandelt hat (BA Bl. 5, GA Bl. 107).

1.2 Der Beschluss des VGH Baden-Württemberg v. 20. September 2006 - 11 S 1319/06 - (VBlBW 2007, 66 u. juris), auf den der Kläger sich beruft, behandelt nicht die gleiche Fallkonstellation. In jenem Verfahren war das – in der Tat nach § 8 Abs. 1 S. 3, Abs. 2 FEVG i.V.m. den §§ 2 Abs. 3 Nr. 1, 4 – 8 VwVfG für die in Amtshilfe angegangene Justizvollzugsanstalt – notwendige Aufnahmeersuchen der Verwaltungsbehörde, also das gesamte "Ob" der Amtshilfe, lückenhaft und in seiner Wirksamkeit fragwürdig, so dass der VGH deshalb insoweit den Verwaltungsrechtsweg für gegeben angesehen hat (Rn 5). Im vorliegenden Fall lag mit dem Ersuchen zum Vollzug der Sicherungshaft der Ausländerbehörde (Landkreis Cuxhaven) vom 1. September 2006 (GA Bl. 17) jedoch ein wirksamer Amtshilfeantrag im Sinne von § 8 Abs. 2 FEVG vor und hat die Behörde mit ihrem Antrag an das Amtsgericht Hannover vom 24. Oktober 2006 (GA Bl. 43), die Sicherungshaft zu verlängern und die sofortige Wirksamkeit dieser Entscheidung anzuordnen, eindeutig zu erkennen gegeben, dass sie damit auch im Sinne von § 8 Abs. 2 FEVG das Ersuchen zum weiteren Vollzug verband (so ebf. Nds.OVG, Beschl. v. 17. November 2008 - 7 PA 166/08 -, BA Bl. 2). Sofern sich die Entscheidung des VGH Baden-Württemberg auch für diesen Fall Geltung beimessen sollte, würde der Senat ihr aus den zuvor dargelegten Gründen nicht folgen. [...]