VG Gera

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Zitieren als:
VG Gera, Urteil vom 05.03.2009 - 4 K 20057/07 Ge - asyl.net: M15450
https://www.asyl.net/rsdb/M15450
Leitsatz:

Eine zeitlich unbefristete verbindliche Zusicherung, die Kosten einer medizinischen Versorgung zu tragen, kann ein Abschiebungsverbot gem. § 60 Abs. 7 AufenthG entfallen lassen, wenn die Krankheit im Zielstaat der Abschiebung behandelbar ist.

 

Schlagwörter: Sierra Leone, Abschiebungshindernis, zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse, Krankheit, medizinische Versorgung, Finanzierbarkeit, Mitgabe von Medikamenten, Kostenübernahme, Zusicherung
Normen: AufenthG § 60 Abs. 7
Auszüge:

Eine zeitlich unbefristete verbindliche Zusicherung, die Kosten einer medizinischen Versorgung zu tragen, kann ein Abschiebungsverbot gem. § 60 Abs. 7 AufenthG entfallen lassen, wenn die Krankheit im Zielstaat der Abschiebung behandelbar ist.

(Leitsatz der Redaktion)

 

[...]

Die Klage ist unbegründet. [...]

In Anwendung dieser Grundsätze steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Erkrankung des Klägers in seinem Heimatland Sierra Leone problemlos behandelbar ist. Dies ergibt sich aus der eindeutigen Auskunft der Botschaft in Freetown vom 26. Februar 2008.

Aufgrund der Befragung des Klägers in der mündlichen Verhandlung ergibt sich allerdings, dass dieser nach Ablauf von zwei Jahren voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die erforderlichen Behandlungskosten zu tragen. Diese sind zwar nach einer Auskunft des Österreichischen Konsulates in Freetown vom 19. März 2003 nicht besonders hoch. Die Prognose bezüglich des Klägers, mit nur sieben Jahren Grundschule überhaupt eine Arbeit in Sierra Leone zu finden, ist äußerst schlecht, zumal der Anteil der Arbeitslosen unter der jungen Bevölkerung (bis etwa 30 Jahre) bei 3/4 bzw. 80 Prozent liegt (vgl. Deutsche Welle, Reportage vom 20. September 2008; Frankfurter Rundschau, Bericht vom 18. August 2008; Neue Züricher Zeitung, Bericht vom 4. Januar 2008). Das danach grundsätzlich mögliche Abschiebungshindernis des Klägers entfällt auch nicht durch die Zusicherung des Sozialamtes Eisenach, die erforderliche ärztliche und medikamentöse Versorgung des Klägers für einen Übergangszeitraum von zwei Jahren sicherzustellen. Denn auch nach Ablauf dieser Zeit ist nicht zu erwarten, dass der Kläger zusätzlich neben seinem Lebensunterhalt auch für die Krankheitskosten wird aufkommen können. Dann ist aber mit der vom Kläger vorgelegten ärztlichen Bescheinigung davon auszugehen, dass sein Leben in Gefahr ist. Die Verschiebung des Eintritts schwerster Krankheiten und des Todes durch die Bezahlung einer zweijährigen Übergangszeit lässt nämlich den Verstoß gegen die Menschenwürde und das Verbot der Verletzung von Leib und Leben nicht entfallen (vgl. Bayerischer VGH, Urteil vom 6. März 2007 - 9 B 06.30682).

Das mithin grundsätzlich mögliche Abschiebungsverbot im Fall des Klägers wird allerdings durch die Zusicherung des Thüringer Landesverwaltungsamtes vom 4. März 2009 beseitigt. Darin findet sich die verbindliche Zusicherung, dass die mit der Erkrankung des Klägers verbundenen Kosten ohne zeitliche Begrenzung - mithin auf Dauer - vom Freistaat getragen werden. Mit dieser Zusicherung ist die Lebensgefahr, der der Kläger in seinem Heimatland ansonsten ausgesetzt wäre, beseitigt. [...]