VG Düsseldorf

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Zitieren als:
VG Düsseldorf, Gerichtsbescheid vom 27.01.2009 - 14 K 7035/08.A - asyl.net: M15526
https://www.asyl.net/rsdb/M15526
Leitsatz:
Schlagwörter: Kosovo, Serbien, Abschiebungshindernis, zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse, Krankheit, Asthma bronchialis, kindliches Asthma, medizinische Versorgung, Finanzierbarkeit
Normen: AufenthG § 60 Abs. 7
Auszüge:

[...]

Die Klage ist zulässig und hinsichtlich des Hauptantrages unbegründet, hinsichtlich des Hilfsantrages jedoch begründet. [...]

Die darin ausführlich dargestellten Gründe sind sowohl hinsichtlich der Ablehnung der Asylanerkennung als auch hinsichtlich der Ablehnung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG zutreffend. [...]

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbotes hinsichtlich Kosovo bzw. Serbien gemäß § 60 Abs. 7 AufenthG. [...]

Zu den zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG gehört auch die Gefahr, dass sich eine Erkrankung des ausreisepflichtigen Ausländers in seinen Heimatstaat wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlimmert, weil die Behandlungsmöglichkeiten dort unzureichend sind oder die notwendige Behandlung tatsächlich, z.B. aus finanziellen oder sonstigen Gründen, nicht erlangbar ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.10.2002 - 1 C 1.02 -, DVBl 2003, S. 463 zu § 53 Abs. 6 AuslG -; OVG NW, Beschluss vom 20.10.2000 - 18 B 1520/00 -).

Eine solche Erkrankung besteht bei der Klägerin nach Auffassung des Gerichts, denn die Klägerin ist an mittelschwerem oder sogar schwerem kindlichen Asthma erkrankt, wie sich aus den fachärztlichen Nachweisen sowie den Untersuchungsergebnissen des Gesundheitsamtes Essen ergibt. Die Klägerin ist danach auf die tägliche Inhalation von zwei unterschiedlichen kortisonhaltigen Medikamenten angewiesen, damit eine jederzeit mögliche und insbesondere aufgrund ihres geringen Alters schnelle und dramatische Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes vermieden wird.

Dieses Krankheitsbild ist nach der aktuellen Auskunfts- und Erkenntnislage derzeit im Kosovo zur Abwendung einer wesentlich oder gar lebensbedrohlichen Gefahr nicht hinreichend behandelbar (vgl. Auskünfte des Deutschen Verbindungsbüros vom 07.06.2004; Auskunft Nr. 2427 des Online-Loseblattwerks des Bundesamtes vom Juni 2004, S. 36, wonach nur ein leichtes, nicht hingegen ein mittelschweres oder schweres kindliches Asthma bronchiale im Kosovo behandelbar ist; Mitteilung der UNMIK vom 16.6.2005 an das Deutsche Verbindungsbüro in Pristina, wonach mittelschweres Asthma "kaum" behandelbar ist und eine Rückführung Betroffener abgelehnt wird; weiterhin Urteil der 27. Kammer des Hauses vom 13.9.2005 - 27 K 696/04.A -).

Die Gesundheitsgefahren sind auch als hinreichend konkret im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG anzusehen, denn die Klägerin bedarf einer ständigen (fach-) ärztlichen Behandlung und muss nach den vorliegenden Stellungnahmen der behandelnden Ärztin und des Gesundheitsamtes der Stadt ... jederzeit mit anfallsbedingten Notfällen rechnen, die jeweils lebensbedrohlich sein können. Insoweit erscheint es nicht zumutbar, die Klägerin den weiteren, unter Umständen lebensbedrohlichen Risiken dadurch auszusetzen, dass man sie auf die im Kosovo nur sehr lückenhafte und nicht flächendeckende Notfallversorgung verweist (vgl. dazu Auskunft des Deutschen Verbindungsbüros vom 07.06.2004).

Dabei kommt es auf die Frage, ob die zur Dauerbehandlung eingesetzten Medikamente im Kosovo faktisch erhältlich wären, nicht an.

Die Klägerin muss sich auch nicht auf die Gesundheitsversorgung im übrigen Serbien verweisen lassen, selbst wenn dort eine ausreichende lungenfachärztliche Notfallversorgung sichergestellt sein sollte. Die Möglichkeit der tatsächlichen Inanspruchnahme der im Fall einer akuten Verschlechterung umgehend erforderlichen Behandlung ist nach der aktuellen Auskunftslage nicht gegeben, da insoweit - ungeachtet anderer Schwierigkeiten - jedenfalls die vollen Kosten selbst zu tragen sind (vgl. dazu Urteil der 27. Kammer des Hauses vom 13.09.2005 - 2 7 696/04.A -). [...]