VG Weimar

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Zitieren als:
VG Weimar, Urteil vom 04.02.2009 - 5 K 20214/06 We - asyl.net: M15541
https://www.asyl.net/rsdb/M15541
Leitsatz:

Eine unbestimmte Kostenübernahmeerkärung lässt ein Abschiebungsverbot gem. § 60 Abs. 7 AufenthG wegen mangelnder Finanzierbarkeit der notwendigen medizinischen Versorgung nicht entfallen; dasselbe gilt für eine Kostenübernahmeerklärung, die unter einem Zustimmungsvorbehalt steht.

Schlagwörter: Moldawien, Abschiebungshindernis, zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse, Krankheit, psychische Erkrankung, Schizophrenie, medizinische Versorgung, Finanzierbarkeit, Kostenübernahmeerklärung, Mitgabe von Medikamenten, Vorbehalt, Zustimmung, Innenministerium
Normen: AufenthG § 60 Abs. 7
Auszüge:

[...]

Die Klage ist teilweise begründet. [...]

Es ist der festen Überzeugung, dass der Kläger bei ihrer Rückkehr nach Moldawien dort keiner politischen Verfolgung, und zwar weder im Sinne von Art. 16 a Abs. 1 Grundgesetz - GG - noch im Sinne von § 60 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz - AufenthG - ausgesetzt sein wird. [...]

Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 AufenthG liegen dagegen zur Überzeugung des Gerichts vor. [...]

Der Kläger hat dargelegt, an einer chronischen paranoiden Schizophrenie und einer Reihe von Folgeerkrankungen zu leiden. Zwar wird aus den durch das Gericht eingeholten Auskünften ersichtlich, dass es dem Kläger wohl möglich wäre, in das Krankenversicherungssystem der Republik Moldau nach einer Rückkehr einzutreten, jedenfalls im Dezember für das Folgejahr, und dann an deren Leistungen teilhaben zu können. Jedoch stellt sich die Frage der Erreichbarkeit der erforderlichen Leistungen hierbei gerade als das Problem dar. Insoweit sind zwar Primärversorgungen kostenfrei, nicht jedoch bereits für einen Teil der hierbei anfallenden nötigen Medikamente. Hier würde der allergrößte Teil der nötigen Behandlung nicht der Primärversorgung unterfallen, sondern einer Sekundärversorgung. Hierbei ist es aber so, dass hier Behandlungskosten allenfalls zu einem Teil übernommen werden würden. Dabei würde der Kläger auf einem erheblichen Teil der Kosten selbst sitzen bleiben. Ähnlich verhält es sich mit der derzeit für ihn nötigen Medikation. Hierbei ist nur ein kleiner Teil der Medikamente in Moldawien erreichbar bzw. kostenfrei, so dass er die für ihn nötigen Medikamente nicht und/oder nicht kostenfrei erhalten könnte. Ob seine Medikation hierbei auf in Moldawien erreichbare und kostenfreie Medikamente umgestellt werden könnte, wird derzeit bereits nicht ersichtlich, da sein Krankheitsbild derzeit noch im Flusse ist und eine konstante Behandlung noch nicht absehbar ist.

Des Weiteren wird gerade aus der Auskunft der Schweizer Flüchtlingshilfe sichtbar, dass ein annähernd nötiger Behandlungsplatz nicht erreichbar ist. Das Gesundheitssystem der Republik Moldau ist gerade im psychiatrischen Bereich erheblich heruntergefahren worden, so dass nur noch etwa die Hälfte der bisher vorhandenen Behandlungsplätze vorhanden sind. Zudem gibt es seit August 2007 vom Ministerium für Soziales, Familie und Kind die Untersagung der Einweisung von psychiatrisch kranken Menschen in psychiatrische Heime. Damit wird bereits eine annähernd erforderliche Unterbringung des Klägers in Moldawien nicht ersichtlich.

Der Kläger selbst wird diese nötigen Zahlungen nicht leisten können. Eine Arbeitsaufnahmefähigkeit erscheint unrealistisch, in jedem Fall in mittelfristiger Perspektive. Ob es dem Kläger möglich sein wird mittelfristig staatliche Hilfeleistungen zu erhalten ist völlig unklar, jedoch erscheint bereits jetzt sicher, dass solche wohl auch nicht ausreichen werden für ihn mehr als das allernötigste Existenzminimum zu sichern. Mittel für medizinische Leistungen werden hiervon nicht getragen werden können, schon gar nicht in dem vom Kläger benötigtem Umfang.

Soweit die Beklagte nunmehr vorträgt, dass die zuständige Ausländerbehörde eine Kostenübernahmeerklärung abgegeben habe, ändert dies an vorstehender Einschätzung nichts. Zum einen wird die Erreichbarkeit eines nötigen Heimplatzes bereits in keiner Weise durch die Kostenübernahmezusage ersichtlich, zum anderen ist die Kostenzusage völlig unbestimmt. Es wird nicht klar bis zu welcher Höhe und für welche Leistungen hier eine Kostenzusage abgegeben werden soll. Zudem ist in dem Schreiben bereits selbst aufgeführt, dass diese Zusage zum Teil unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Thüringer Innenministeriums steht. [...]