Flüchtlingsanerkennung eines aktiven Mitglieds der Union of Oromo Students in Germany (UOSG).
[...]
Nach Überzeugung des Gerichts steht dem Kläger ein Anspruch auf die Feststellung zu, dass bei ihm die Voraussetzungen eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen. Aufgrund seiner exilpolitischen Betätigung stehen ihm jedenfalls Nachfluchtgründe zu. Der Kläger hat plausibel dargelegt, dass er aktives Mitglied der äthiopischen Exilorganisation "Union der Oromo-Studenten in Deutschland" (UOSG) ist und regelmäßig an deren Veranstaltungen teilnimmt. Der Kläger gibt weiter plausibel an, dass er im Februar 2009 zum Vorsitzenden und Vertreter der Regionalgruppe der UOSG in ... gewählt worden ist. Die UOSG ist politisch eng mit der Oromo-Befreiungsfront (OLF) verbunden (vgl. VG Würzburg, U.v. 27.11.2008 Nr. W 3 K 06.30371). Der Kläger ist als aktiver Unterstützer der OLF anzusehen.
In Äthiopien werden politische Gruppierungen und Organisationen, die den bewaffneten Kampf oder Terrorismus als Mittel gewählt haben, von der staatlichen Verwaltung und den Sicherheitsbehörden offen bekämpft. Wer in führender oder verantwortlicher Stellung in einer solchen Oppositionsorganisation tätig war oder ist oder dessen verdächtigt wird, muss mit Strafverfolgung wegen terroristischer Aktivitäten rechnen. Dies ist vor allem auch die Oromo Liberation Front (OLF). Politisch aktive Mitglieder der Oromo werden häufig der Nähe zur OLF verdächtigt (VG Würzburg, a.a.O.). Der Verdacht der Mitgliedschaft in der oder der Unterstützung der OLF kann bereits zu strafrechtlicher Verfolgung führen (Auswärtiges Amt, Lagebericht Äthiopien v. 06.11.2007; VG Würzburg, a.a.O.). Der Verdacht der Unterstützung der OLF muss sich den äthiopischen Sicherheitskräften bei einer Mitgliedschaft in der UOSG und erst recht bei Bekleidung eines Vorstandsamtes in einer Regionalgruppe der UOSG aufdrängen.
Die UOSG steht der OLF nahe, was sich auch aus der vom Kläger vorgelegten Bescheinigung über seine Mitgliedschaft in der UOSG ergibt. Das Gericht erachtet jedenfalls die Verfolgungsgefahr bei einer Mitgliedschaft in der UOSG wegen deren Nähe zur OLF höher als die in einer legalen Partei. Die Mitgliedschaft in einer legalen Oppositionspartei wie der EPRP oder der CUD führt nach der Auskunftslage bei exponiert politischer Betätigung bereits zu politisch motivierten Verfolgungsmaßnahmen. Das Gericht schließt sich insoweit der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in dessen Urteilen vom 25. Februar 2008 (Nr. 21 B 05.31082 und Nr. 21 B 07.30363) an.
Bei einer Gesamtschau der vom Kläger vorgetragenen Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Oromo, seiner Mitgliedschaft in der UOSG, seiner aktiven Teilnahme an Veranstaltungen der UOSG, der Bekleidung eines Vorstandsamtes in der Regionalgruppe der UOSG, der Veröffentlichung verschiedener regimekritischer Beiträge in exilpolitischen Publikationen sowie des gerichtsbekannten Umstandes, dass die äthiopische Regierung umfangreiche Kenntnisse von exilpolitischen Betätigungen hat (Auswärtiges Amt, Auskunft vom 06.01.2006 an das VG Aachen), muss deshalb auch im Falle des Klägers von einer Verfolgungsgefahr bei einer Rückkehr nach Äthiopien ausgegangen werden. Der Kläger ist ein exponiert tätiger Asylbewerber, dessen regimekritische Arbeit den äthiopischen Behörden nicht entgangen sein dürfte. Es muss davon ausgegangen werden, dass die äthiopischen Behörden den Kläger als ernsthaften Oppositionellen einstufen. [...]