VG Köln

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Zitieren als:
VG Köln, Urteil vom 05.02.2009 - 5 K 7882/08.A - asyl.net: M15589
https://www.asyl.net/rsdb/M15589
Leitsatz:

Abschiebungsverbot in die Demokratische Republik Kongo für Kleinkind, auch wenn es von seinen Eltern begleitet wird, wegen schlechter Versorgungslage und Gefahr von Infektionskrankheiten bei gleichzeitiger schlechter medizinischer Versorgung.

Schlagwörter: Demokratische Republik Kongo, Abschiebungshindernis, zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse, Gesamtbetrachtung, allgemeine Gefahr, extreme Gefahrenlage, Kinder, Kleinkinder, Versorgungslage, medizinische Versorgung, Infektionsgefahr, Kinshasa
Normen: AufenthG § 60 Abs. 7
Auszüge:

[...]

Die Klage ist begründet. [...]

Dem Kläger droht bei Ausreise in sein Heimatland eine erhebliche Gefahr für Leib oder Leben im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Für ihn liegt eine "extreme Gefahrenlage" im Sinne der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung vor, welche die bezüglich "allgemeiner Gefahren" bestehende Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG durchbricht. [...] Die extreme Gefahrenlage in Gestalt einer konkreten ernsthaften Gesundheitsbeschädigung folgt vorliegend bereits aus einer Gesamtbewertung der Situation, die sich aus dem Alter des ... 2008 geborenen Klägers und der Situation in seinem Heimatland bezüglich Grundversorgung mit Lebensmitteln und Medikamenten ergibt. Die desolate wirtschaftliche Lage des Landes, die nicht vorhandene Gewähr der Grundversorgung der Bürger mit Lebensmitteln und Medikamenten sowie die extrem hohe Arbeitslosigkeit (über 90 %) haben dazu geführt, dass es selbst in Großfamilien immer häufiger nicht gelingt, das Überleben durch wechselseitige Unterstützung sicherzustellen. Diese Tatsachen und Entwicklungen sind im Einzelnen im jüngsten Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 01. Februar 2008, Seite 18 ff. anschaulich dargestellt. Hierauf wird Bezug genommen. An dieser Einschätzung und der Annahme einer den Kläger treffenden extremen Gefahrenlage vermag auch die Tatsache, dass die Versorgung mit Nahrungsmitteln regional durchaus Unterschiede aufweist, nichts zu ändern. Das Auswärtige Amt verweist in diesem Zusammenhang auf verschiedene Überlebensstrategien, die im Zusammenhang mit einer Kleinstlandwirtschaft, Kleinviehhaltung etc. jedenfalls in Kinshasa ein Überleben sichern könnten. Diese Tatsachen rechtfertigen indes nicht die Annahme, dass auch der Kläger des vorliegenden Verfahrens an diesen Überlebensstrategien und Überlebensmöglichkeiten teilhaben könnte. Die im Kongo gegebene Mangelsituation trifft gerade Säuglinge (Kleinkinder) wie den Kläger, unter anderem wegen des Mangels an (bezahlbaren) Medikamenten und von Trinkwasser, welches diese Bezeichnung auch verdient. Die Gefahr von Infektkrankheiten, begleitet von mangelhaften Behandlungsmöglichkeiten, erscheint besonders groß. Ob dem Kläger die Ausreise nur zusammen mit Vater bzw. Mutter gestattet würde (vgl. § 43 Abs. 3 AsylVfG), kann offen bleiben, da er nach dem Bescheid der Beklagten jedenfalls innerhalb einer Woche ausreisen sollte. Aber selbst im Falle der Ausreise mit den Eltern würde die dargestellte Gefahrenlage bei einem nicht einmal 1 Jahr alten Kind nicht entfallen, da sich an der grundsätzlichen Situation nichts ändern würde. [...]