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Zitieren als:
, Beschluss vom 16.01.2009 - 5 T 36/09 - asyl.net: M15699
https://www.asyl.net/rsdb/M15699
Leitsatz:

Ein durch eine Petition des Ausländers entstandener behördlicher Abstimmungsbedarf rechtfertigt nicht die Aufrechterhaltung der Abschiebungshaft.

Schlagwörter: D (A), Abschiebungshaft, Entziehungsabsicht, illegale Einreise, Beschleunigungsgebot, Petition
Normen: AufenthG § 62 Abs. 2 S. 1 Nr. 1; AufenthG § 62 Abs. 2 S. 1 Nr. 5
Auszüge:

[...]

Die gern. § 7 FEVG statthafte und form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde des Betroffenen ist begründet.

Das Amtsgericht Königs Wusterhausen hat zwar mit Recht das Vorliegen eines Abschiebehaftgrundes angenommen. [...]

Der Betroffene hat wegen einer unerlaubten Einreise in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland den Haftgrund des § 62 Abs. 2 Nr.1 AufenthG verwirklicht, denn er ist mit einem gefälschten belgischen Pass in die Bundesrepublik eingereist. [...]

Daneben liegt auch der Haftgrund des § 62 Abs. 2 Nr. 5 AufenthG vor, denn die Einreise mittels gefälschter Dokumente begründet grundsätzlich den Verdacht, dass sich der Betroffene durch Untertauchen der Abschiebung entziehen werde.

Die Anordnung von Abschiebungshaft in der Form der Sicherungshaft setzt nicht nur einen Haftgrund, sondern auch voraus, dass die Abschiebung des betroffenen Ausländers tatsächlich und mit der gebotenen Beschleunigung betrieben wird und dass die Haft auch sonst zulässig ist . [...]

Der Mitarbeiter des Beschwerdegegners hat im Rahmen der Anhörung ausgeführt, dass die von dem Beschwerdeführer beim Petitionsausschluss des Bundestages eingereichte Petition dazu geführt habe, dass zwischen dem Beschwerdegegner, dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und dem Bundesministerium des Innern Abstimmungen hinsichtlich der weiteren Verfahrensweise erfolgen mussten, die auch derzeit noch nicht abgeschlossen seien. Man rechne allerdings damit, dass dies in spätestcns drei Wochen der Fall sein werde und dass dann die Abschiebung auch durchgeführt werden könne. Die Zeit der aus der Sicht des Beschwerdegegners erforderlichen Abstimmungen mit anderen Behörden kann jedoch nicht dazu führen, dass ein Ausländer länger in Haft verbleiben muss, als er dies müsste, wenn keine behördlichen Abstimmungen erforderlich sind. Die Sicherungshaft dient nicht dazu, behördliche Abstimmungsverfahren durchzuführen, sondern hat allein den Zweck, die Abschiebung des Betroffenen zu sichern und zwar in möglichst kurzer Zeit.

Demgemäß lag bereits in dem durch das Abstimmungsverfahren bedingten Zeitverlust ein Verstoß gegen das Beschleunigungsverbot. Dieser Verstoß wird nicht dadurch geheilt, dass das Abstimmungsverfahren kurz vor seinem Ende zu stehen scheint und die Abschiebung innerhalb der nächsten drei Wochen möglich erscheint, denn der Betroffene ist bereits länger in Haft, als er es hätte sein müssen.

Dem steht auch nicht entgegen, dass erst durch das Verhalten des Betroffenen selbst - die Einreichung der Petition - das verzögernde Abstimmungsverfahren verursacht worden ist, denn es kann dem Betroffenen nicht zum Nachteil gereichen, von einem ihm zustehenden Recht Gebrauch zu machen. [...]