VG Saarland

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Zitieren als:
VG Saarland, Beschluss vom 01.06.2009 - 10 L 268/09 - asyl.net: M15720
https://www.asyl.net/rsdb/M15720
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren), einstweilige Anordnung, Familienzusammenführung, Ehegattennachzug, eigenständiges Aufenthaltsrecht, Ehebestandszeit, Aufenthaltsdauer, Besuchsvisum, Verlängerungsantrag, verspätete Antragstellung, Duldungsfiktion, Erlaubnisfiktion, Visaverordnung
Normen: VwGO § 80 Abs. 5; AufenthG § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; AufenthG § 31 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; AufenthV § 41 Abs. 1; AufenthV § 41 Abs. 3; AuslG § 69 Abs. 2; AuslG § 69 Abs. 3
Auszüge:

[...]

Der statthafte und zulässige Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres rechtzeitig eingelegten Widerspruchs gegen den Bescheid des Beklagten vom 28.1.2009, mit dem ihr Antrag auf Verlängerung der ihr erstmals am 2.12.2004 erteilten Aufenthaltserlaubnis abgelehnt und sie unter Androhung der Abschiebung nach Brasilien zur Ausreise aufgefordert worden ist, bleibt ohne Erfolg. [...]

Ergänzend ist im Hinblick auf das Vorbringen der Antragstellerin klarzustellen, dass angesichts des beim Amtsgericht Saarbrücken anhängigen Scheidungsverfahrens 2 F 178/06 S feststeht, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Verlängerung einer eheabhängigen Aufenthaltserlaubnis im Sinne von § 28 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG nicht mehr vorliegen. [...]

Nach summarischer Prüfung lässt sich ferner feststellen, dass die Voraussetzungen eines eigenständigen Aufenthaltsrechtes der Antragstellerin nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG, welches das ununterbrochene Bestehen einer ehelichen Lebensgemeinschaft seit mindestens zwei Jahren bei rechtmäßigem Aufenthalt der Antragstellerin in diesem Zeitraum erfordert, nicht vorliegen. [...] Geht man von dem spätesten, von der Antragstellerin genannten Zeitpunkt, dem Mai 2006 aus, so sind seit Erteilung der Aufenthaltserlaubnis am 2.12.2004 und der mit diesem Datum begründeten rechtmäßigen Bestandszeit eines ehebedingten Aufenthalts maximal 18 Monate vergangen mit der Folge, dass eine zweijährige Ehebestandszeit im Sinne von § 31 Abs. 1 AufenthG nicht vorliegt. Insoweit kann sich die Antragstellerin auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass ferner die Zeit des legalen Aufenthalts mit einem auf drei Monate befristeten Besuchervisum hinzuzurechnen sei, denn in die Berechnung der Zweijahresfrist sind alleine die zusammenhängenden Zeiten des rechtmäßigen Bestandes der ehelichen Lebensgemeinschaft bis zur Trennung einzubeziehen. Vom Ablauf der Befristung des Besuchervisums bis zur Stellung des Antrags auf Erteilung einer eheabhängigen Aufenthaltserlaubnis am 12.2.2004 und bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis am 2.12.2004 war der Aufenthalt der Antragstellerin aber nicht rechtmäßig bzw., soweit ihr am 12.2.2004 eine Bescheinigung über die Beantragung der Aufenthaltsgenehmigung ausgestellt worden ist, nicht anrechenbar auf die Ehebestandszeit.

Richtig ist zwar, dass brasilianische Staatsangehörige gemäß Art. 1 Abs. 2 der EG-VisaVO (Verordnung EG Nr. 539/2001) vom 15.3.2001 i.V.m. deren Anhang II von der grundsätzlich geltenden Visumspflicht für einen Aufenthalt, der insgesamt drei Monate nicht überschreitet, befreit sind und darüber hinaus, wenn sie Inhaber von Nationalpässen sind, nach der bereits seit 28.6.1956 gültigen Zusage der Bundesrepublik Deutschland gegenüber der Republik der Vereinigten Staaten von Brasilien (BGBl. II 2008, S. 1179) auch dann eines Sichtvermerks für die Einreise in die Bundesrepublik Deutschland nicht bedürfen, wenn sie sich länger als drei Monate im deutschen Hoheitsgebiet aufhalten (wollen). Dies bedeutet entgegen der Ansicht der Antragstellerin indes nicht, dass die Erteilung einer somit nach der Einreise erforderlichen Aufenthaltserlaubnis rein deklaratorischer Natur sei. Vielmehr war ungeachtet der aufgezeigten Erleichterung bei der Einreise bereits unter Geltung der Verordnung zur Durchführung des früheren Ausländergesetzes (DVAuslG) der genehmigungsfreie Aufenthalt von brasilianischen Staatsbürgern im Bundesgebiet auf drei Monate beschränkt (vgl. § 1 Abs. 1 DVAuslG i.V.m. Anlage 1 sowie Anlage 1 a), so dass die Aufenthaltsgenehmigung im Falle der Ehe mit einem deutschen Staatsangehörigen nach § 9 Abs. 2 Nr. 4 i.V.m. Abs. 6 Satz 1 DVAuslG innerhalb von drei Monaten nach der Einreise zu beantragen war. Nach Maßgabe der nunmehr geltenden AufenthV vom 25.11.2004 (BGBl. I S. 2954), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 20.12.2008 (BGBl. I S. 2846), sind brasilianische Staatsangehörige aufgrund der oben bezeichneten besonderen Regelung über Sichtvermerke zwar dem nach § 41 AufenthV begünstigten Personenkreis gleichgestellt; es gilt aber auch hier, dass ein erforderlicher Aufenthaltstitel innerhalb von drei Monaten nach der Einreise zu beantragen ist (vgl. § 41 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 AufenthV). Des Weiteren hätte ein damals rechtzeitig bzw. innerhalb der Drei-Monats-Frist gestellter Antrag der Antragstellerin auf Erteilung eines Aufenthaltstitels lediglich die Duldungsfiktion des § 69 Abs. 2 AuslG - und nicht etwa die Fiktion eines erlaubten Aufenthalts nach § 69 Abs. 3 AuslG - ausgelöst. Aus diesem Grunde kann - weil Zeiten der Duldungsfiktion alten Rechts nicht die Rechtmäßigkeit des ehebedingten Aufenthalts vermitteln - der Zeitraum zwischen dem Verstreichen des für sie erlaubnisfreien Aufenthalts in Deutschland (von drei Monaten nach der Einreise am 1.11.2000) bis zur erstmaligen Erteilung einer ehebedingten Aufenthaltserlaubnis am 2.12.2004 im Rahmen von § 31 Abs. 1 AufenthG nicht auf die erforderliche Ehebestandszeit angerechnet werden (vgl. dazu GK-AuslR Bd. II, April 1998, Stand des Gesamtwerks: 10/2004, § 19 Rdnr. 41 f., m.w.N.). [...]