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OVG Nordrhein-Westfalen

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Zitieren als:
OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.04.2009 - 3 A 627/07.A - asyl.net: M15836
https://www.asyl.net/rsdb/M15836
Leitsatz:

Keine beachtliche Gefahr der Gruppenverfolgung von Tamilen oder einer Untergruppe von Tamilen in Sri Lanka; Verfolgungsgefahr für zurückkehrende Personen, die in den Verdacht geraten, der LTTE anzugehören oder nahe zu stehen.

 

Schlagwörter: Sri Lanka, Tamilen, Gruppenverfolgung, Colombo, Karuna-Gruppe, Verfolgung durch Dritte, quasistaatliche Verfolgung, nichtstaatliche Verfolgung, Zwangsrekrutierung, Festnahme, Inhaftierung, Razzia, Sicherheitslage, Menschenrechtslage, Anti-Terrorisumsgesetz, Unterstützung, Verdacht der Unterstützung, LTTE, Folter, Verfolgungsdichte, Verfolgungsprogramm, Situation bei Rückkehr, Grenzkontrollen, Journalisten, Narben, Sippenhaft
Normen: AufenthG § 60 Abs. 1
Auszüge:

Keine beachtliche Gefahr der Gruppenverfolgung von Tamilen oder einer Untergruppe von Tamilen in Sri Lanka; Verfolgungsgefahr für zurückkehrende Personen, die in den Verdacht geraten, der LTTE anzugehören oder nahe zu stehen.

(Leitsatz der Redaktion)

 

[...]

Die zugelassene und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers bleibt ohne Erfolg. [...]

A. Das Begehren des Klägers auf Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG ist unbegründet. [...]

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist im vorliegenden Fall im Hinblick auf den Kläger der Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zu Grunde zu legen. Der Kläger ist im Mai 2006 nicht als politisch Verfolgter aus Sri Lanka ausgereist. [...]

1. Der Kläger war in Sri Lanka im Zeitpunkt seiner Ausreise im Mai 2006 als Tamile weder einer vom srilankischen Staat (a.) noch einer von Dritten (b.) ausgehenden Gruppenverfolgung ausgesetzt.

a. Der Kläger gehört keiner Gruppe an, deren Mitgliedern im Zeitpunkt seiner Ausreise eine vom srilankischen Staat ausgehende politische Verfolgung drohte.

Das Gericht hat die allgemeinen Verhältnisse in Sri Lanka in seinem rechtskräftig gewordenen Urteil vom 24. Mai 2006 - 21 A 3940/04.A - (an diesem Verfahren war der Prozessbevollmächtigte des Klägers ebenfalls beteiligt) unter anderem auch für das Jahr 2006 - und damit auch für den Zeitraum der Ausreise des Klägers im Mai 2006 - dahingehend bewertet, dass zu diesem Zeitpunkt jedenfalls in den von der Regierung beherrschten Gebiet im Großraum Colombo sowie ih den südwestlichen Landesteilen der Insel eine Gruppenverfolgung von Tamilen allgemein oder von nach Alter oder Geschlecht bestimmten Untergruppen nicht stattgefunden hat. Der erkennende Senat nimmt auf diese Entscheidung, die in der den Beteiligten mit der Ladung übersandten Erkenntnisliste aufgeführt ist und die auf Auskunftsmaterial aufbaut, das auch in das vorliegende Verfahren eingeführt worden ist, wegen der Begründung im Einzelnen Bezug. [...]

b. Der Kläger war im Zeitpunkt seiner Ausreise aus Sri Lanka als Tamile auch keiner Gruppenverfolgung durch die Karuna-Gruppe ausgesetzt. [...]

Der ehemalige LTTE-Führer Karuna setzte sich im März 2004 von der LTTE ab und gründete die sog. Karuna-Gruppe, die im Osten Sri Lankas, in der Region um Batticaloa, aktiv ist. In der Folgezeit entwickelte sich ein blutiger innertamilischer Machtkampf zwischen LTTE und der Karuna-Gruppe, welcher sich 2006 drastisch intensivierte. Dabei benutzten sowohl die Karuna-Fraktion als auch die LTTE Selbstmordattentäter und schreckten vor Morden an Zivilpersonen nicht zurück (SFH, Sri Lanka - aktuelle Situation v. November 2006). Die LTTE warf der Regierung vor, die Attentate der Karuna-Gruppe stillschweigend zu billigen oder sogar zu unterstützen (AA, Lagebericht v. 27. Juli 2006). Wie die LTTE war die Karuna-Gruppe im Jahr 2006 für politische Morde, Verschleppungen und Folter verantwortlich. Genaue Zahlen konnten nicht ermittelt werden, da sich die Karuna-Gruppe - wie auch die LTTE - nur selten zu ihren Aktionen bekannte. Besonders aktiv war die Karuna-Gruppe bei der Rekrutierung von Kindersoldaten. In der Region Batticaloa kam es wöchentlich zu Entführungen von Minderjährigen, die aber kaum angezeigt wurden. Die SLMM (= Sri Lanka Monitoring Mission) berichtete von mehreren hundert zwangsrekrutierten Jugendlichen. Als Gegenleistung zum Verzicht auf eine Anzeige bei den Behörden erhielten die betroffenen Familien Geld und teilweise ein Besuchsrecht in den Militärcamps der Gruppe (SFH, Sri Lanka - aktuelle Situation v. November 2006). Die Auskunftslage zeigt damit auf, dass die Zivilbevölkerung im Osten Sri Lankas zum Zeitpunkt der Ausreise des Klägers im Mai 2006 zwar in nicht unerheblicher Weise menschenrechtswidrigen Repressionen durch die Karuna-Gruppe ausgesetzt war. Es lässt sich jedoch anhand der Auskünfte (AA, Lageberichte v. 11. Dezember 2006 u. 27. Juli 2006; SFH, Sri Lanka - aktuelle Situation v. November 2006) nicht feststellen, dass die Karuna-Gruppe gezielt alle dort lebenden tamilischen Volkszugehörigen oder Tamilen jüngeren bis mittleren Alters in Anknüpfung an unverfügbare Gruppenmerkmale verfolgte oder deren physische Vernichtung anstrebte. Diese Auskünfte zeigen insbesondere auch nicht auf, dass es sich bei den berichteten Zwangsrekrutierungen der Karuna-Gruppe in den östlichen Landesteilen um Aktionen handelte, die in ihrer objektiv erkennbaren Gerichtetheit auf asyl- bzw. abschiebungsschutzerhebliche - namentlich ethnische - Persönlichkeitsmerkmale der Opfer abzielten. Dass von solchen Zwangsrekrutierungen häufig Tamilen betroffen waren, sagt insoweit nichts über die Gerichtetheit der Maßnahmen aus. Mit Blick auf die Sicherheitslage in der Ostprovinz im Mai 2006, die durch gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen der Karuna-Gruppe und der LTTE geprägt war (AA, Lagebericht v. 27. Juli 2006), verfolgte die Karuna-Gruppe mit den Zwangsrekrutierungsmaßnahmen das Ziel, Kämpfer für die Auseinandersetzung mit der LTTE zu beschaffen. Anknüpfungspunkt für solche Zwangsrekrutierungen war die Anwesenheit der Betroffenen im umkämpften Gebiet. Eine zielgerichtete Anknüpfung an die ethnische Zugehörigkeit der Betroffenen lässt sich diesen Auskünften nicht entnehmen. [...]

2. Der Kläger war im Zeitpunkt seiner Ausreise im Mai 2006 auch keiner individuellen politischen Verfolgung ausgesetzt. [...]

II. Der mithin unverfolgt ausgereiste Kläger muss nach derzeitigem Sachstand nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit befürchten, bei einer Rückkehr nach Sri Lanka einer Verfolgung im Sinne des § 60 Abs. 1 AufenthG ausgesetzt zu sein. [...]

1. Dem Kläger droht bei der Rückkehr nach Sri Lanka in Anknüpfung an seine tamilische Volkszugehörigkeit mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit keine politische Gruppenverfolgung durch den srilankischen Staat (a.) oder durch Dritte (b.).

a. Die Situation in Sri Lanka - insbesondere die Sicherheitslage - hat sich seit der Ausreise des Klägers im Mai 2006 zwischenzeitlich zwar verschärft, rechtfertigt aber zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) nicht die Annahme, dass Tamilen im allgemeinen oder Untergruppen hiervon, wie etwa zurückkehrende Asylbewerber, männliche Tamilen jüngeren bzw. mittleren Alters oder Tamilen aus dem Norden und Osten - wie der Kläger - in Sri Lanka allein aufgrund ihrer Volkszugehörigkeit landesweit oder regional einer staatlichen Gruppenverfolgung ausgesetzt sind. [...]

Zusammenfassend ist den aktuellen Auskünften verschiedenster Institutionen und Organisationen zu entnehmen, dass sich die Sicherheitslage in Sri Lanka seit Dezember 2006 erheblich verschärft und die Menschenrechtslage verschlechtert hat. Die militärischen Auseinandersetzungen zwischen der Armee und der LTTE konzentrieren sich zwar inzwischen auf ein kleines Gebiet im nordöstlichen Landesteil der Insel, jedoch ist landesweit mit Terroranschlägen der LTTE zu rechnen. Tamilen stehen bei den Sicherheitskräften unter einer Art Generalverdacht einer Verbindung zur LTTE und müssen landesweit mit ständigen Kontrollen und Überprüfungen rechnen. Schon geringste Verdachtsmomente reichen für eine Verhaftung aus. Erfolgt die Festnahme auf der Basis der Antiterrorgesetze, muss der Betroffene mit einer längeren Inhaftierung rechnen, ohne dass eine richterliche Kontrolle gewährleistet ist. Inhaltlich stimmen die Auskünfte dahingehend überein, dass Tamilen weit überproportional von Festnahmen und längeren Haftzeiten betroffen sind, als andere Bevölkerungsgruppen.

bb. Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse, insbesondere in Anbetracht der Anzahl der in Sri Lanka lebenden tamilischen Volkszugehörigen und der dokumentierten Anzahl von Festnahmen und berichteter Repressalien gegenüber Tamilen, lässt sich aber nach wie vor nicht feststellen, dass Tamilen im allgemeinen oder entsprechende Untergruppen hiervon, wie zurückkehrende tamilische Asylbewerber, männliche Tamilen jüngeren bzw. mittleren Alters oder Tamilen aus dem Norden und Osten in Sri Lanka allein aufgrund ihrer Volkszugehörigkeit landesweit oder regional einer Gruppenverfolgung ausgesetzt sind. Es fehlt insoweit an der für die Annahme einer Gruppenverfolgung erforderlichen Verfolgungsdichte (1). Auch ist nicht ersichtlich, dass ein insoweit allein an die Ethnie anknüpfendes staatliches Verfolgungsprogramm vorliegt, dessen Umsetzung durch den srilankischen Staat bereits eingeleitet ist oder alsbald bevorsteht (2).

(1) Nach den Erkenntnissen lässt sich nicht feststellen, dass tamilischen Volkszugehörigen in dem von der Regierung kontrollierten Raum Colombo mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgungshandlungen i.S.d. § 60 Abs. 1 AufenthG drohen. Dies gilt sowohl für aus dem Ausland zurückkehrende tamilische Volkszugehörige als auch für Tamilen, die in dem Großraum Colombo leben und sich dort niedergelassen haben.

Die Einreise zurückkehrender Asylbewerber nach Sri Lanka ist nur über den internationalen Flughafen von Colombo (Bandaranaike-International Airport) möglich. Allein die Tatsache des Auslandsaufenthalts und die Stellung eines Asylantrags im Ausland stellen bei der Einreise keinen Anknüpfungspunkt für Übergriffe der Sicherheitskräfte dar. Ein Asylantrag im Ausland wird von vielen in Sri Lanka als legitimer Versuch angesehen, sich einen Aufenthaltsstatus im Ausland zu verschaffen (AA, Lagebericht v. 7. April 2009). Für Rückkehrer, die im Besitz eines gültigen srilankischen Reisepasses sind, werden die Einreiseformalitäten zumeist zügig erledigt. Dies gilt im Grundsatz auch für Zurückgeführte (AA, Lageberichte v. 7. April 2009 und 6. Oktober 2008).

Mit einer eingehenderen Überprüfung müssen Rückkehrer rechnen, die keinen srilankischen Reisepass bei der Einreisekontrolle vorlegen können. Dies ist unter anderem der Fall, wenn die Einreise allein mit einem von einer srilankischen Auslandsvertretung ausgestellten Reisedokument zur einmaligen Rückkehr nach Sri Lanka (ldentity Certificate Overseas Mission, ICOM, auch Emergency-Pass genannt) erfolgt. Angehörige dieses Personenkreises werden regelmäßig einer Personenüberprüfung unterzogen, wobei die Rückkehrer sowohl von der srilankischen Einreisebehörde (Immigration Departement) als auch von der Kriminalpolizei (Criminal Investigation Departement - CID) am Flughafen zu Identität, persönlichem Hintergrund und Reiseziel befragt werden (AA, Lagebericht v. 7. April 2009).

Die Maßnahmen der Sicherheitskräfte sind allerdings vor dem Hintergrund der Terrorismusbekämpfung zu sehen. Die Sicherheitskräfte wollen insoweit abklären, ob es sich bei der zurückgeführten Person um jemanden handelt, der der LTTE nahe steht oder ob von dieser Person aus sonstigen Gründen eine Gefahr für die innere Sicherheit des Staates ausgeht. Der Staat darf grundsätzlich zur Selbstverteidigung und zum Schutz von Rechtsgütern im Bereich der Terrorismusabwehr präventive und repressive Sicherheitsmaßnahmen ergreifen, wenn und soweit er sich dabei auf die Terrorismusbekämpfung beschränkt und nicht unter dem Deckmantel behaupteter Terrorismusbekämpfung politische Verfolgung betreibt. Maßnahmen der Terrorismusbekämpfung können allerdings dann als asylerhebliche Verfolgung zu bewerten sein, wenn zusätzliche Umstände - z.B. eine gesteigerte Verfolgungsintensität in Form einer unüblichen oder vergleichsweise härteren Bestrafung oder Behandlung - darauf schließen lassen, dass der Betroffene jedenfalls auch wegen eines asyl- bzw. abschiebungsschutzerheblichen Merkmals verfolgt wird. Nicht asylbegründend sind staatliche Maßnahmen nur dann, wenn sie nach Art und Intensität Abwehrcharakter haben und den Bereich der Bekämpfung des Terrorismus und der damit zusammenhängenden Straftaten nicht verlassen. Wird darüber hinaus der politische Gegner - in Anknüpfung an ein asylerhebliches Merkmal - verfolgt, kommt den dabei eingesetzten staatlichen Maßnahmen asyl- bzw. abschiebungsschutzbegründende Wirkung zu. So vermag die an sich legitime Bekämpfung des Terrorismus staatlichen Gegenterror nicht zu rechtfertigen, der etwa darauf gerichtet ist, die unbeteiligte zivile Bevölkerung in Erwiderung des Terrorismus unter den Druck brutaler staatlicher Gewalt zu setzen. Extralegale Maßnahmen und gravierende Menschenrechtsverletzungen werfen auch im Rahmen einer unnachsichtigen Bekämpfung des Terrors durch den Staat stets die Frage auf, ob damit nicht zumindest auch asylerhebliche Ziele verfolgt werden. Ein derartiges Umschlagen in eine asylerhebliche Verfolgung liegt dementsprechend dann nahe, wenn die staatlichen Maßnahmen das der reinen Terrorismusbekämpfung angemessene Maß überschreiten, insbesondere wenn sie mit erheblichen körperlichen Misshandlungen einhergehen; aber auch bei einer übermäßig langen Freiheitsentziehung kann dies anzunehmen sein. In diesen Fällen spricht eine Vermutung dafür, dass sie den Einzelnen zumindest auch wegen seiner asyl- bzw. abschiebungsschutzerheblichen Merkmale treffen und deshalb politische Verfolgung darstellen. Wird Folter angewandt, gilt diese Vermutung in erhöhtem Maße (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2000 - 9 C 28.99 -, a.a.O.).

Maßnahmen zur Identitätsfeststellung sind jedoch dem Grunde nach herkömmlicher und üblicher Bestandteil der präventiven und repressiven Tätigkeit staatlicher Sicherheitskräfte im Rahmen der Kriminalitäts- und Terrorismusbekämpfung. Diesen Identitätsfeststellungen, fehlt es im Gegensatz zu Akten der politischen Verfolgung in der Regel schon an der erforderlichen Eingriffsintensität, und zwar auch dann noch, wenn sie - wie in der weit überwiegenden Zahl - in kurzzeitige Inhaftierungen münden und es dabei zu keinen anderweitigen asylerheblichen Rechtsgutverletzungen kommt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. Januar 2000 - 9 B 576.99 -, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 225).

Sofern eine sofortige Identifizierung nicht möglich ist und Widersprüchlichkeiten im Rahmen der Befragung auftreten, sind auch kurzfristige Festnahmen zu diesem Zweck in der Staatenpraxis geläufig, so dass in solchem Zusammenhang stehenden Beeinträchtigungen der Bewegungsfreiheit der die politische Verfolgung ausmachende Charakter einer Ausgrenzung des Betroffenen aus der staatlichen Friedensordnung fehlt. Dies gilt auch für die Befragung von Personen zum Zwecke der Terrorismusabwehr und zwar auch dann, wenn kein konkreter Tatverdacht gegen diese Personen besteht. Ab welcher Dauer kurzfristige Inhaftierungen zum Zwecke der Identitätsfeststellung eine asyl- bzw. abschiebungsrelevante Intensität erreichen, hängt maßgeblich von den im betrachteten Staat herrschenden Verhältnissen ab, insbesondere von der Verwaltungsstruktur, den vorhandenen Kommunikationsmöglichkeiten und der jeweiligen Sicherheitslage. In einem Land wie Sri Lanka, in dem seit Jahrzehnten Bürgerkrieg herrscht und die Sicherheitskräfte landesweit mit einer Vielzahl gemeingefährlicher Terroranschläge konfrontiert sind (NDR-Weltspiegel, Bericht v. 26. April 2009 "Sri Lanka - Bürgerkrieg im Endstadium"; SZ v. 11. März 2009 "Anschlag in Sri Lanka"; Spiegel Online v. 10. März 2009 "Minister schwebt in Lebensgefahr"; FR v. 23. Februar 2009 "Die Rückkehr der Tiger"; FR v. 21. Februar 2009 "Kamikaze-Angriff auf Colombo"; Spiegel Online v. 20. Februar 2009 "Sri Lanka fürchtet die schwarzen Tiger"; FAZ v. 10. Februar 2009 "Anschlag in Sri Lanka"; AA, Lageberichte v. 6. Oktober 2008 u. 7. April 2009; SFH, "Sri Lanka: Aktuelle Situation Update" v. 11. Dezember 2008), ist Inhaftierungen mit einer überschaubaren Dauer von jedenfalls nicht mehr als zwei Tagen ohne zusätzliche Rechtsgutverletzungen eine die Ausgrenzung aus der staatlichen Friedensordnung bewirkende Intensität und Schwere abzusprechen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. Januar 2000 - 9 B 576.99 -, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 225; OVG NRW, Urteile vom 24. Mai 2006 - 21 A 3940/04.A, juris, vom 15. November 2002 - 21 A 1329/00.A -, juris, vom 29. November 2001 - 21 A3853/99.A -).

Den Auskünften ist nicht zu entnehmen, dass Rückkehrer im allgemeinen oder insbesondere diejenigen, die ohne srilankischen Reisepass einreisen, von den Sicherheitskräften am Flughafen generell festgenommen, länger als zwei Tage festgehalten werden und in der Haft der Gefahr von schweren körperlichen Misshandlungen und Folter ausgesetzt sind. [...]

Aus Deutschland zurückgeführte Asylbewerber haben in Sri Lanka grundsätzlich auch keine Repressionen wegen Verstoßes gegen Passbestimmungen zu befürchten, denn zu Passvergehen kommt es bei der Einreise schon deshalb nicht, weil alle Asylbewerber aus Deutschland zumindest mit einem Emergency-Pass zurückgeführt werden (AA, Lageberichte v. 7. April 2009 u. 6. Oktober 2008). Unbeschadet dessen wäre eine strafrechtliche Verurteilung wegen Verstoßes gegen die Passbestimmungen auch nicht als politische Verfolgung zu qualifizieren. Denn die Ahndung solcher Delikte - wie sie im Übrigen auch in der Bundesrepublik Deutschland vorgesehen ist - stellt keine Rechtsgutverletzung in Anknüpfung an asylrelevante Merkmale dar und gilt überdies für alle srilankischen Staatsangehörigen und nicht nur für tamilische Volkszugehörige. [...]

Eine allein ethnisch begründete und diesem Charakter entsprechende staatliche Gruppenverfolgung von allen Tamilen findet in Colombo nicht statt.

Zwar ist festzustellen, dass tamilische Volkszugehörige in Sri Lanka - insbesondere auch in Colombo - weit überproportional von Festnahmen und längeren Haftzeiten betroffen sind als andere Bevölkerungsgruppen und dass die tamilische Bevölkerung häufig unter den Generalverdacht gestellt wird, die LTTE-Rebellen zu unterstützen (AA, Lageberichte v. 7. April 2009 u. 6. Oktober 2008). [...]

Aus dem überwiegenden Teil dieser Auskünfte ergeben sich schon keine konkreten Anhaltspunkte zu dem jeweiligen Anlass, dem Hintergrund sowie der konkreten Haftdauer der einzelnen Verhaftungen. Aber selbst wenn man unterstellt, dass diese Verhaftungen ausschließlich oder insbesondere in Anknüpfung an die tamilische Volkszugehörigkeit erfolgten, fehlt es den vorbezeichneten Maßnahmen zum großen Teil schon an der erforderlichen Eingriffsintensität von Akten der politischen Verfolgung, denn in den meisten Fällen sind die verhafteten Personen binnen 48 Stunden freigelassen worden und die Berichte enthalten keine konkreten Angaben über zusätzliche Rechtsgutverletzungen, wie z.B. Folter. So sind nach der Auskunftslage (SFH, "Sri Lanka: Aktuelle Situation Update" v. November 2006) die meisten der Ende 2005/Anfang 2006 verhafteten 1798 Personen bereits nach knapp 12 Stunden wieder freigelassen worden. [...] Überdies ist zu berücksichtigen, dass insbesondere die im Jahr 2007 berichteten Festnahmen eine Reaktion auf zwei Bombenanschläge in und rund um Colombo gewesen sind, so dass diese Verhaftungsaktionen jedenfalls in prägender Weise auf die Aufklärung von Terrorakten gerichtet waren und keinen substantiierten Anhaltspunkt für eine generelle Verfolgung aller Tamilen in und rund um Colombo bieten.

Darüber hinaus zeigen die dokumentierten Zahlen inhaftierter Tamilen nicht auf, dass im Raum Colombo die für die Annahme einer Gruppenverfolgung notwendige Verfolgungsdichte gegeben ist. Denn allein die Feststellung zahlreicher oder häufiger Eingriffe reicht für das Vorliegen einer Gruppenverfolgung nicht aus. Für die Beurteilung, ob eine entsprechende Verfolgungsdichte für die Annahme einer Gruppenverfolgung gegeben ist, ist die Anzahl aller Verfolgungshandlungen zu der Größe der Gruppe in Relation zu setzen (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Juli 1994 - 9 C 158.94 -, a.a.O.).

Nach einer Studie aus dem Jahr 2005 bilden die Tamilen mit rund 300.000 Personen die Mehrheit in der ursprünglich singhalesisch dominierten Hauptstadt (AI-Länderinformationen, Katja Könne, Menschenrechts- und Sicherheitslage in Sri Lanka, asyl-info 7-8/2007, S. 52). Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Anteil der Tamilen in Colombo noch weiter angestiegen sein dürfte, da zahlreiche Tamilen aus den Kriegsgebieten in die Hauptstadt geflüchtet sind. Allein im August 2008 sind nach Angaben der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (SFH, "Sri Lanka: Aktuelle Situation Update" v. 11. Dezember 2008) weitere 6.950 Personen nach Colombo gekommen.

Der Anteil der in Colombo lebenden Tamilen ist damit so hoch, dass sich die aktuelle Gefahr eigener Verfolgungsbetroffenheit für quasi jeden Angehörigen dieser Gruppe nicht feststellen lässt. [...]

Das gleiche gilt für die Untergruppe der männlichen Tamilen jüngeren bzw. mittleren Alters. [...]

Anhand der Erkenntnislage kann auch nicht festgestellt werden, dass alle Tamilen, die aus den nördlichen und östlichen Landesteilen stammen, in Colombo einer Gruppenverfolgung ausgesetzt sind. [...]

(2) Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass in Sri Lanka ein staatliches Verfolgungsprogramm in Bezug auf alle Tamilen oder eine relevante Untergruppe wie Tamilen aus dem Norden und Osten oder Tamilen jüngeren bzw. (mittleren Alters besteht, dessen Umsetzung bereits eingeleitet ist oder alsbald bevorsteht.

Nach der vorliegenden Erkenntnislage (AA, Lagebericht v. 7. April 2009, UNHCR, Bericht v. April 2009; SFH, "Sri Lanka: Aktuelle Situation Update" v. 11. Dezember 2008) hat die srilankische Regierung die Absicht einer Verfolgung der tamilischen Bevölkerung im allgemeinen oder einer Untergruppe hiervon zu keinem Zeitpunkt verlautbart. Die Auswertung der Auskünfte ergibt zwar, dass Tamilen bei den Sicherheitskräften unter einer Art Generalverdacht stehen, die LTTE zu unterstützen und im Zusammenhang mit der Terrorbekämpfung wird zum Teil auch von längeren Haftzeiten von Tamilen berichtet (AA, Lageberichte v. 7. April 2009 u. 6. Oktober 2008), jedoch ist - wie unter A.II.1.bb. (1) dargestellt - nicht ersichtlich, dass die Dauer der Inhaftierungen in einer nennenswerten Zahl von Fällen über das für die Identitätsfeststellungen (jeweils) Erforderliche hinausgeht oder in ihrer Summe ein solches Ausmaß erreicht, dass im Hinblick auf tamilische Volkszugehörige generell oder die Situation prägend ein "Umschlagen" in asyl- bzw. abschiebungsschutzerhebliche Verfolgung festzustellen wäre (vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2000 - 9 C 28.99 -, BVerwGE 111, 334 (337) = NVwZ 2000, 1426 (1427)).

Eine andere Bewertung ergibt sich auch nicht mit Blick auf die am 6. Dezember 2006 erlassenen Emergency Regulations No. 07, die monatlich vom Parlament verlängert werden und durch die die Anwendung des umstrittenen Anti-Terrorgesetzes Prevention of Terrorism Act No. 48 (PTA) "durch die Hintertür" wieder eingeführt worden sei (vgl. amnesty international, Auskunft an das VG Hannover v. 18. April 2007). Wer auf der Grundlage dieser Regelungen verhaftet wird, muss mit längerer Inhaftierung rechnen, ohne dass es zu weiteren Verfahrensschritten oder gar einer Anklageerhebung kommen muss. Die richterliche Kontrolle solcher Verhaftungen ist kaum mehr gewährleistet (AA, Lagebericht v. 7. April 2009).

Ob jedoch eine an asyl- bzw. abschiebungsschutzerhebliche Merkmale anknüpfende, zielgerichtete Gruppenverfolgung vorliegt, die Verfolgung mithin "wegen" eines Asylmerkmals erfolgt, ist anhand des inhaltlichen Charakters nach der erkennbaren Gerichtetheit der Maßnahme zu bestimmen. Auch wenn anhand der vorbeschriebenen Auskünfte festzustellen ist, dass Tamilen gegenüber anderen Bevölkerungsgruppen in Sri Lanka weit überproportional von Festnahmen betroffen sind, so ist festzuhalten, dass sich die Anti-Terrorgesetzgebung nicht ausschließlich gegen die Volksgruppe der Tamilen richtet, sondern gegenüber Jedermann in Sri Lanka, bei dem der Verdacht der Mitgliedschaft oder Nähe zur LTTE besteht. Hiervon können auch andere Bevölkerungsgruppen in Sri Lanka, wie z.B. Singhalesen, Muslime etc. betroffen sein. [...]

b. Tamilische Volkszugehörige sind in Sri Lanka auch seitens der Karuna-Gruppe/TMVP (aa.) und der LTTE (bb.) keiner an ihre Ethnie anknüpfenden regionalen oder landesweiten Gruppenverfolgung ausgesetzt. [...]

2. Im Hinblick auf den Kläger sind auch keine besonderen in seiner Person begründeten und in seinem Einzelfall zu würdigenden Anknüpfungspunkte für eine bis zum Maß einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit gesteigerte Gefahr politischer Verfolgung durch die srilankischen Sicherheitskräfte (a.) oder die Karuna-Gruppe/TMVP (b.) gegeben. [...]

aa. Die Gefahr einer Inhaftierung, die nach der Auskunftslage das Risiko auch längerer Inhaftierung birgt, ohne dass Rechtsschutz zu erlangen wäre, ist im Einzelfall grundsätzlich dann gegeben, wenn die zurückkehrende Person bei den Sicherheitskräften in den Verdacht gerät, der LTTE anzugehören bzw. dieser Organisation nahe zu stehen (AA, Lagebericht v. 7. April 2009; SFH, "Sri Lanka: Aktuelle Situation Update" v. 11. Dezember 2008).

(1) Dies gilt unabhängig von den zwischenzeitlich errungenen militärischen Erfolgen der srilankischen Sicherheitskräfte, die die LTTE nunmehr aus ihren Herrschaftsgebieten im Norden und Osten der Insel verdrängt haben, so dass die militärische Auseinandersetzung im Wesentlichen nur noch auf einen 8 km langen Küstenstreifen im Nordosten Sri Lankas begrenzt ist, in den sich die LTTE zurückgezogen hat (taz v. 19. März 2009 „Tödliches Zerren um 200.000 Flüchtlinge; FR v. 6. April 2009 "Sri Lankas Armee meldet Erfolg"; Deutsche Welle, Bericht v. 27. April 2009 "Regierung will auf schwere Waffen verzichten"). Denn selbst der srilankische Armeechef Fonseka soll eingeräumt haben, dass die LTTE auch nach einer Niederlage auf dem Schlachtfeld ihren Kampf - wie früher als Guerillaarmee - aus dem Untergrund noch ein oder zwei Jahrzehnte fortsetzen könnte (Spiegel Online v. 20. Februar 2009 "Sri Lanka fürchtet die schwarzen Tiger"; taz v. 27. Januar 2009 "Tamil Tigers wieder Guerillaarmee"). [...]

(2) Mit dem Terrorism Prevention Act vom Dezember 2006 wurde die Unterstützung der LTTE erneut strafbar, auch wenn die LTTE in diesem Gesetz nicht ausdrücklich genannt wird. Jeder, der in den Augen der Sicherheitsorgane der Nähe zur LTTE verdächtig ist, muss damit rechnen, verhaftet zu werden (AA, Lagebericht v. 7. April 2009).

Dies gilt nach der Auskunftslage in erster Linie für Personen, die bereits in der Vergangenheit im Verdacht einer Kooperation mit der LTTE standen und von den Sicherheitskräften deshalb verfolgt wurden. Diese Personen müssen sowohl nach Einschätzung des Auswärtigen Amtes (AA, Lageberichte v. 7. April 2009 u. 6. Oktober 2008) als auch der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (SFH, "Sri Lanka: Aktuelle Situation Update" v. 11. Dezember 2008, SFH, "Asylsuchende aus Sri Lanka" v. 1. Februar 2007) seit Ende Dezember 2006 wieder mit erneuter Verfolgung und Beeinträchtigung ihrer Sicherheit rechnen. Dies trifft auch auf Personen zu, die sich in den vom Bürgerkrieg bislang verschonten Gebieten der Insel (d.h. allen anderen Gebieten als der Jaffna-Halbinsel, dem LTTE-Gebiet sowie den seit Mitte 2006 umkämpften Regionen im äußersten Osten der Insel nördlich von Ampara, einschließlich der Hauptstadt Colombo) aufhalten.

In den Verdacht der Nähe zur LTTE können im Einzelfall auch Tamilen geraten, die aus den nördlichen oder östlichen Landesteilen stammen, insbesondere aus den von der LTTE dominierten Gebieten, und sich erstmals in Colombo oder dem Süden Sri Lankas niederlassen wollen (AA, Lageberichte v. 6. Oktober 2008 u. 7. April 2009). Hiervon ausgenommen sind Tamilen, die nicht von der Registrierungspflicht erfasst sind, weil sie bereits länger als fünf Jahre in Colombo und Umgebung leben, vgl. hierzu im Einzelnen unter A.II. 1.a.bb. (1).

Nach Auswertung der Erkenntnisse (AA( Lageberichte v. 7. April 2009 u. 6. Oktober 2008.; SFH, "Sri Lanka: Aktuelle Situation Update" v. 11. Dezember 2008; SFH, "Asylsuchende in Sri Lanka" v. 1. Februar 2007) kann aber auch derjenige in den Verdacht einer Nähe der LTTE geraten, der Verwandtschaft im ehemaligen LTTE-Gebiet hat, insbesondere wenn Familienmitglieder im Zusammenhang mit der LTTE auffällig geworden sind, oder wenn der Betreffende während der Zeit des Waffenstillstandes häufiger in das ehemalige LTTE-Gebiet gereist ist. Auch Journalisten, die der Verbreitung von LTTE-, Oppositions- und staatsfeindlichen Publikationen bezichtigt werden bzw. werden können, müssen im Einzelfall mit gezielten Belästigungen, Angriffen, Todesdrohungen, Entführungen bis hin zu Bombenattentaten rechnen (AA, Lagebericht v. 7. April 2009). Dies gilt auch für andere tamilische Personen in allen Teilen des Landes, auch im Süden der Insel, die sich öffentlich für die Sache der Tamilen einsetzen (SFH, "Asylsuchende in Sri Lanka" v. 1. Februar 2007).

Mitunter können im Einzelfall selbst mehrere deutlich sichtbare Narben am Körper, die tamilische Sprache bzw. das Fehlen von Identitätspapieren (SFH, "Sri Lanka: Aktuelle Situation Update" v. 11. Dezember 2008) das Interesse der srilankischen Sicherheitskräfte wecken und in ihren Augen zumindest einen Anfangsverdacht für die Mitgliedschaft oder Nähe zur LTTE begründen (AA, Lageberichte v. 7. April 2009 u. 6. Oktober 2008) (vgl. mit ähnlicher Einschätzung im Hinblick auf deutlich sichtbare Narben auch: EGMR, Urteil v. 17. Juli 2008 - 25904/07 -, juris; VG Bremen, Urteil v. 21. Januar 2008 - 4 K 1327/07.A -, juris).

Die hier aufgezählten Risikofaktoren sind allerdings angesichts der Bandbreite möglicher Kriterien, die in den Augen der srilankischen Sicherheitskräfte hinsichtlich einer Person den Verdacht einer Mitgliedschaft oder Nähe zur LTTE begründen können, nicht abschließend. Der Senat bat sich angesichts der Mannigfaltigkeit möglicher Kombinationen und im Einzelfall zu prüfender Konstellationen darauf beschränkt, auf der Grundlage der aktuellen Auskunftssituation die wichtigsten Risikomerkmale darzustellen.

bb. Angesichts der verschärften Sicherheitslage in Sri Lanka kann derzeit nicht ausgeschlossen werden, dass die srilankischen Sicherheitsbehörden im einzelnen Fall gegenüber Personen, die der Nähe zur LTTE verdächtig sind, Maßnahmen ergreifen, die über Personenkontrollen, Durchsuchungsmaßnahmen, kurzzeitige Inhaftierungen insbesondere zum Zwecke der Befragung und Identitätsprüfung hinausgehen und keine legitimen Mittel der Terrorismusabwehr mehr darstellen. Dies gilt insbesondere mit Blick darauf, dass nach Wiedereinführung des Terrorism Prevention Act Ende 2006 die richterliche Kontrolle solcher Verhaftungen kaum mehr gewährleistet ist. Wer auf der Grundlage der Antiterrorgesetze verhaftet wird, muss unter Umständen mit längerer Inhaftierung rechnen, ohne dass es zu weiteren Verfahrensschritten oder gar einer Anklageerhebung kommt. Auch die Vorwürfe über Folterungen durch die Sicherheitskräfte haben zwischenzeitlich wieder zugenommen. Der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen hat sogar festgestellt, dass Folter in Sri Lanka als gängige Praxis im Rahmen der Terrorismusbekämpfung angewendet wird. Überdies drohen bei dem Verdacht einer Unterstützung der LTTE auch bei relativ geringfügigen Delikten drakonische Haftstrafen und in Verfahren unter dem Terrorism Prevention Act müssen Angeklagte beweisen, dass Geständnisse unter Zwang oder Folter erpresst worden sind (AA, Lageberichte v. 7. April 2009 u. 6. Oktober 2008.; SFH, "Sri Lanka: Aktuelle Situation Update" v. 11. Dezember 2008; Department of State der Vereinigten Staaten von Amerika, Bericht vom 11. März 2008 - 2007 Country Reports on Human Rights Practices - Sri Lanka).

cc. Die Frage, ob der einzelne Ausländer bei seiner Rückkehr nach Sri Lanka dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgungshandlungen i.S.d. § 60 Abs. 1 AufenthG zu befürchten hat, lässt sich aber auch anhand der genannten Risikomerkmale nicht generalisierend und fallübergreifend beantworten. Denn der Senat vermag den ihm vorliegenden Auskünften auch bei einer Gesamtschau keine Informationen dazu zu entnehmen, dass bestimmte Risikomerkmale - allein oder in Kombination - unabhängig von den Umständen des jeweiligen Einzelfalles mit gewisser Zwangsläufigkeit als politische Verfolgung zu qualifizierende Repressalien gegenüber den Betroffenen auslösen. Im Rahmen der tatrichterlichen Feststellungen muss vielmehr anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles unter Würdigung der in der Person des jeweiligen Ausländers konkret verwirklichten Risikomerkmale die individuelle Gefährdungssituation bewertet werden.

Hiervon ausgehend droht dem Kläger bei der Rückkehr nach Sri Lanka nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine individuelle staatliche politische Verfolgung. [...]