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VG Lüneburg

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Zitieren als:
VG Lüneburg, Urteil vom 27.04.2009 - 5 A 38/06 - asyl.net: M15840
https://www.asyl.net/rsdb/M15840
Leitsatz:
Schlagwörter: Libanon, Abschiebungshindernis, zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse, Brustkrebs, medizinische Versorgung, Finanzierbarkeit, Eigenbeteiligung, UNRWA, Palästinenser, Versorgungslage, Existenzminimum
Normen: AufenthG § 60 Abs. 7
Auszüge:

[...]

Im Übrigen hat die Klage Erfolg. Die Nr. 3 des angefochtenen Bescheides ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, da ihr ein Anspruch auf Feststellung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 AufenthG zusteht (§ 113 Abs. 5 VwGO). [...]

Hier liegt eine derartige erhebliche und konkrete Gefahr für die Klägerin vor, die sich aus ihrer aktuell behandlungsbedürftigen Brustkrebserkrankung (vgl. dazu das ärztliche Attest vom 12.3.2009, Bl. 69 GA) ergibt. Zwar dürfte die Auffassung der Beklagten zutreffen, dass Krebserkrankungen im Libanon grundsätzlich behandelbar sind. Zur medizinischen Versorgung heißt es im Lagebericht des AA (IV. 1.2. "medizinische Versorgung") vom 18. März 2008:

"Im Ergebnis können heute auch sehr spezielle Behandlungen (Operationen am offenen Herzen, Krebstherapien) im Lande durchgeführt werden.

Neben privater und staatlicher Krankenversicherung können Behandlung und Medikation für mittellose Libanesen durch eine Überweisung des Gesundheitsministeriums an dessen Vertragskrankenhäuser und Vertragsärzte erfolgen. Der Patient zahlt dabei 10 % der Kosten selbst, wobei für die ärmeren Bevölkerungsteile auch diese Selbstbeteiligung bei aufwändigen Therapien unerschwinglich sein kann Palästinensische Flüchtlinge werden vom Gesundheitsdienst des UNWRA versorgt."

Angesichts der Schwere der Erkrankung und der aktuellen Behandlungsbedürftigkeit der Klägerin ist nach Überzeugung des erkennenden Einzelrichters davon auszugehen, dass ihr Wechsel in das libanesische Gesundheitssystem zu einer lebensbedrohlichen Verschlechterung ihrer Erkrankung führen würde. Denn es erscheint fraglich, ob ihr ein Behandlungsplatz sofort zur Verfügung stehen würde und nach ihren finanziellen Verhältnissen könnte sie die Eigenbeteiligung von 10 % nicht aufbringen. Auch eine etwaige UNRWA-Versorgung für Palästinenser garantiert nicht die sofortige Weiterführung der Behandlung der Klägerin. Ein Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 AufenthG hinsichtlich des Libanons wäre nur dann nicht gegeben, wenn die unmittelbare Fortführung der Behandlung der Klägerin tatsächlich und finanziell gesichert ist. Dazu gehört auch, dass Unterkunft und Lebensunterhalt für sie selbst und ihr 2006 geborenes Kind gewährleistet sind. Denn angesichts der Erkrankung der Klägerin erscheint ausgeschlossen, dass sie während der Behandlung sich und ihr Kind versorgen kann. [...]