1. Nach § 31 AufenthG kann eine Aufenthaltserlaubnis grundsätzlich nur verlängert werden, wenn der Verlängerungsantrag vor Ablauf der zum Ehegattennachzug erteilten Aufenthaltserlaubnis gestellt wird.
2. Ein verspätet gestellter Verlängerungsantrag ist unschädlich, wenn die Aufenthaltserlaubnis gemäß § 81 Abs. 4 AufenthG als fortbestehend gilt.
1. Nach § 31 AufenthG kann eine Aufenthaltserlaubnis grundsätzlich nur verlängert werden, wenn der Verlängerungsantrag vor Ablauf der zum Ehegattennachzug erteilten Aufenthaltserlaubnis gestellt wird.
2. Ein verspätet gestellter Verlängerungsantrag ist unschädlich, wenn die Aufenthaltserlaubnis gemäß § 81 Abs. 4 AufenthG als fortbestehend gilt.
(Amtliche Leitsätze)
[...]
Die Beschwerde der Antragstellerin ist begründet. Ihr Interesse von der Vollziehung der angefochtenen Verfügung verschont zu bleiben, überwiegt das öffentliche Interesse an deren sofortigen Vollziehung. [...]
Dabei steht der Verlängerung der von der Antragstellerin begehrten Aufenthaltserlaubnis nach §§ 28 Abs. 3, 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 AufenthG nicht schon entgegen, dass die Antragstellerin ihren Antrag auf Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis erst am 30. August 2006, mithin nach Ablauf ihrer bis zum 23. August 2006 erteilten Aufenthaltserlaubnis gestellt hat.
Nach § 31 AufenthG kommt - nicht anders als nach dem insoweit wortgleichen § 19 AuslG 1990 - eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis zwar grundsätzlich nicht mehr in Betracht, wenn der entsprechende Verlängerungsantrag erst nach Ablauf der Geltungsdauer des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels gestellt worden ist. Nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut der Norm erfasst § 31 AufenthG nämlich nur den Fall, dass der Ausländer sich noch im Besitz einer noch nicht abgelaufenen Aufenthaltserlaubnis befindet, weil nur eine solche verlängert werden kann (vgl. zu § 19 AuslG bereits Senatsbeschlüsse vom 24. Juni 2004 - 18 B 2645/03 -, vom 29. November 2000 - 18 B 1627/00 -, AuAS 2001, 67, 10. November 2000 – 18 B 1504/00 - und vom 1. Februar 2000 - 18 B 2069/99 -, InfAuslR 2000. 282; zu § 31 AufenthG: VG Braunschweig, Urteil vom 29. Juni 2005 - 6 A 164/03 -, juris; Hailbronner, in: AuslR, Stand April 2008, § 31 Rdnr. 8; offen gelassen Nds. OVG, Beschluss vom 23. Mai 2007 10 ME 115/07 -, juris ; vgl. weiter BT-Drs. 16/5065, S. 23, 184 zur Begründung der Streichung des Zusatzes "nach Ablauf der Geltungsdauer" in § 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AufenthG unter Berufung darauf, dass eine Verlängerung eines Aufenthaltstitels nach Ablauf der Gültigkeitsdauer nach § 81 Abs. 4 AufenthG nicht möglich sei).
Ein verspätet gestellter Verlängerungsantrag ist im vorliegenden Zusammenhang aber unschädlich, wenn die Aufenthaltserlaubnis infolge einer auf den Verlängerungsantrag hin eingetretenen Fiktion des Fortbestandes des Aufenthaltstitels gemäß § 81 Abs. 4 AufenthG als fortbestehend gilt (vgl. zur grundsätzlichen Möglichkeit und den näheren Voraussetzungen des Eintretens der Fortbestandsfiktion gemäß § 81 Abs. 4 AufenthG auch bei verspäteten Verlängerungsanträgen Senatsbeschluss vom 23. März 2006 - 18 B 120/06 , InfAuslR 2006, 448).
Nach § 81 Abs. 4 AufenthG gilt in den Fällen, in denen ein Ausländer die Verlängerung seines Aufenthaltstitels oder die Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels beantragt, der bisherige Aufenthaltstitel vom Zeitpunkt seines Ablaufs bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend. Diese Fortbestandsfiktion steht dem Besitz einer Aufenthaltserlaubnis im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 1 AufenthG gleich. Dies ergibt sich bereits begrifflich daraus, dass in den Fällen einer Fiktion eine tatsächlich nicht bestehende Tatsache als bestehend behandelt wird (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 4. Februar 2009 - 19 B 08.2774 -, juris).
Übertragen auf § 81 Abs. 4 AufenthG bedeutet dies, dass der bisherige Aufenthaltstitel mit allen sich anschließenden Wirkungen bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend gilt. Dies entspricht auch dem vom Gesetzgeber ausdrücklich formulierten Normzweck (vgl. BT-Drs. 15/420, S. 96).
Wie die Gesetzesmaterialien zu § 81 Abs. 4 AufenthG verdeutlichen, soll im Gegensatz zu § 69 Abs. 3 AuslG 1990, der unabhängig von den Rechtswirkungen des bisherigen Aufenthaltsrechts nur eine Erlaubnisfiktion anordnete, mit § 81 Abs. 4 AufenthG erreicht werden, dass der Ausländer seine bisherige Rechtsposition unverändert behält (vgl. hierzu Hess. VGH, Beschluss vom 28. Dezember 2006 - 12 TG 2396/06 -, AuAS 2007, 74).
Damit entfaltet § 81 Abs. 4 AufenthG nicht nur verfahrensrechtliche Wirkungen etwa mit Blick auf die Statthaftigkeit eines Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO. Er führt vielmehr im Hinblick auf die von § 31 Abs. 1 AufenthG vorausgesetzte Verlängerungssituation zugleich dazu, dass der Antragsteller im aus Gründen des materiellen Rechts insoweit maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt der Entscheidung der Ausländerbehörde so zu behandeln ist, als wäre der Aufenthaltstitel noch nicht abgelaufen. Daraus folgt aber nicht – dies sei klarstellend angemerkt -, dass in Anlehnung an die Senatsrechtsprechung zur Entstehung eines eigenständigen Aufenthaltsrechts nach § 31 Abs. 1 und 2 AufenthG (- vgl. Senatsbeschlüsse vom 8. Februar 2008 – 18 B 1356/07 – und vom 1. August 2002 – 18 B 1063/00 -, NWVBl. 2003, 33 = EZAR 023 Nr. 27 -), während der Fiktionsdauer eine derartige Aufenthaltsverfestigung erstmals entstehen könnte (A.A. zu § 26 Abs. 4 AufenthG Bay. VGH, Urteil vom 4. Februar 2009 - 19 B 08.2774 -, juris).
Nur so wird der vorstehend aufgezeigten Zweckbestimmung der Fortbestandsfiktion entsprochen. Nicht weitergehend ist die amtliche Begründung zu § 81 Abs. 4 AufenthG (- vgl. BT-Drs. 15/420, S. 96 -) mit der darin enthaltenen Formulierung "... in den Fällen der Verlängerung eines Aufenthaltstitels ... gilt der bisherige Aufenthaltstitel mit allen sich daran anschließenden Wirkungen ... als fortbestehend". Diese Formulierung ist, wie der nächste Satz der Begründung mit dem Hinweis auf die fortbestehende Berechtigung zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit für die Dauer des Aufenthaltstitelverfahrens zeigt, allein darauf gerichtet, dem Ausländer vorübergehend seine bisherige Rechtsstellung zu erhalten.
Der von der Antragstellerin am 30. August 2006 gestellte Verlängerungsantrag hat die Fiktionswirkung des § 81 Abs. 4 AufenthG ausgelöst. Diese Voraussetzungen liegen hier trotz des verspätet gestellten Verlängerungsantrags vor, weil die Verspätung von lediglich sieben Tagen so geringfügig war, dass der insoweit nach der Senatsrechtsprechung zu fordernde innere Zusammenhang zwischen dem Ablauf der Geltungsdauer des Titels und dem Antrag (- vgl. Senatsbeschlüsse vom 6. Juli 2007 - 18 B 2184/06 - und vom 23. März 2006 - 18 B 120/06 -, InfAuslR 2006, 448 -) gewahrt blieb.
Ist somit vom weiteren Vorhandensein eines nach § 31 AufenthG verlängerbaren Aufenthaltstitels auszugehen, kommt es maßgeblich darauf an, ob es im Falle der Antragstellerin, deren eheliche Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet unstreitig keine zwei Jahre rechtmäßig bestanden hat, zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, ihr den weiteren Aufenthalt zu ermöglichen. Dies lässt sich in tatsächlicher Hinsicht im vorliegenden Verfahren nicht abschießend beurteilen. Nach § 31 Abs. 2 Satz 2 2. Alternative AufenthG liegt eine besondere Härte vor, wenn dem Ehegatten wegen der Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange das weitere Festhalten an der ehelichen Lebensgemeinschaft unzumutbar ist. Als solche Härte kommen etwa in Betracht, Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, Zwangsprostitution oder Zwangsabtreibung, entwürdigende Sexualpraktiken, physische oder psychische Misshandlungen oder ernsthafte Bedrohungen des Ehegatten (vgl. Senatsbeschluss vom 5. März 2009 - 18 B 983/08 -; Bay. VGH, Beschluss vom 26. Februar 2007 - 19 CS 07.313, 19 C 07.286 -; BT-Drs. 14/2368, S. 4 zu Art. 1 Nr. 3).
Diese Beispielsfälle machen deutlich, dass der Verlängerungsanspruch nicht in jedem Fall des Scheiterns einer ehelichen Lebensgemeinschaft besteht, zu dem es in aller Regel wegen der von einem oder beiden Ehegatten subjektiv empfundenen Unzumutbarkeit des Festhaltens an der Lebensgemeinschaft kommt, und dass dementsprechend gelegentliche Ehestreitigkeiten, Auseinandersetzungen, Meinungsverschiedenheiten, grundlose Kritik, als unangenehm empfundene Verhaltensweisen und Kränkungen, die in einer Vielzahl von Fällen trennungsbegründend wirken, für sich genommen noch nicht das Festhalten an der ehelichen Lebensgemeinschaft unzumutbar im vorgenannten Sinne (vgl. Senatsbeschlüsse vom 5. März 2009 - 18 B 983/08 -, vom 21. Februar 2007 - 18 B 690/06 -, juris, und vom 5. April 2006 18 B 1525/05 -).
Hieran gemessen spricht nach dem Vortrag der insoweit darlegungspflichtigen Antragstellerin (vgl. Senatsbeschlüsse vom 12. Februar 2009 – 18 B 889/08 - und vom 21. Februar 2007, a.a.O.) einiges dafür, dass ein Verhalten ihres Ehemannes vorgelegen haben könnte, das bei einer Gesamtbetrachtung in seiner Wertigkeit den aufgezeigten Beispielsfällen für das Vorliegen einer besonderen Härte nahe kam und deshalb die Fortführung der ehelichen Lebensgemeinschaft der Antragstellerin nicht zumutbar war. Der diesbezügliche Vortrag der Antragstellerin ist auch nicht offensichtlich unglaubhaft. [...]