1. Die Ausländerbehörde hat bei der Vollstreckung aufenthaltsbeendender Maßnahmen im Regelfall Rücksicht auf die Fristen zu nehmen, die der Gesetzgeber für das Beschwerdeverfahren in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes eingeräumt hat, und dafür Sorge zu tragen, dass auch dem Beschwerdegericht ausreichend Zeit für eine Entscheidungsfindung verbleibt, die der Bedeutung der Aufenthaltsbeendigung für den Ausländer Rechnung trägt. Ein solcher Regelfall liegt nicht vor, wenn die aufenthaltsbeendenden Maßnahmen kurz zuvor bereits Gegenstand einer gründlichen Überprüfung in einem oder mehreren Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes waren und nicht erkennbar ist, dass sich der den bisherigen Entscheidungen zugrunde liegende Sachverhalt geändert haben könnte.
2. Eine konkrete, ernsthafte Suizidgefährdung mit Krankheitswert kann zu einer Reiseunfähigkeit und damit zu einem Abschiebungshindernis im Sinne des § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG führen. Weder Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG noch Art. 3 EMRK gebieten aber, von der Abschiebung abzusehen, wenn durch geeignete Maßnahmen Vorsorge dagegen getroffen worden ist, dass sich die Suizidgefahr realisiert, und die getroffenen Vorkehrungen nicht ihrerseits nicht unverhältnismäßig in Grundrechte des Abzuschiebenden eingreifen (Bestätigung der bisherigen Rechtsprechung).
1. Die Ausländerbehörde hat bei der Vollstreckung aufenthaltsbeendender Maßnahmen im Regelfall Rücksicht auf die Fristen zu nehmen, die der Gesetzgeber für das Beschwerdeverfahren in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes eingeräumt hat, und dafür Sorge zu tragen, dass auch dem Beschwerdegericht ausreichend Zeit für eine Entscheidungsfindung verbleibt, die der Bedeutung der Aufenthaltsbeendigung für den Ausländer Rechnung trägt. Ein solcher Regelfall liegt nicht vor, wenn die aufenthaltsbeendenden Maßnahmen kurz zuvor bereits Gegenstand einer gründlichen Überprüfung in einem oder mehreren Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes waren und nicht erkennbar ist, dass sich der den bisherigen Entscheidungen zugrunde liegende Sachverhalt geändert haben könnte.
2. Eine konkrete, ernsthafte Suizidgefährdung mit Krankheitswert kann zu einer Reiseunfähigkeit und damit zu einem Abschiebungshindernis im Sinne des § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG führen. Weder Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG noch Art. 3 EMRK gebieten aber, von der Abschiebung abzusehen, wenn durch geeignete Maßnahmen Vorsorge dagegen getroffen worden ist, dass sich die Suizidgefahr realisiert, und die getroffenen Vorkehrungen nicht ihrerseits nicht unverhältnismäßig in Grundrechte des Abzuschiebenden eingreifen (Bestätigung der bisherigen Rechtsprechung).
(Amtliche Leitsätze)
[...]
Die Beschwerde ist nicht begründet.
I. Die Abschiebung am 14.07.2009 ist nicht schon deshalb vorläufig zu untersagen, weil zu diesem Zeitpunkt die gesetzliche Frist für die Begründung der Beschwerde nach § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO noch nicht abgelaufen ist.
1. Der Antragsteller hat zwar einen aus Art. 19 Abs. 4 GG folgenden Anspruch darauf, dass ihm die Beschreitung des eröffneten Rechtswegs nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert wird. Daraus folgt für den Regelfall, dass die Ausländerbehörde bei der Vollstreckung aufenthaltsbeendender Maßnahmen hinreichend Rücksicht auf die Fristen nimmt, die der Gesetzgeber für das Beschwerdeverfahren in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes eingeräumt hat, und dafür Sorge zu tragen, dass auch dem Beschwerdegericht ausreichend Zeit für eine Entscheidungsfindung verbleibt, die der Bedeutung der Aufenthaltsbeendigung für den Antragsteller Rechnung trägt. Geschieht dies nicht, ist die Abschiebung ggf. im Wege eines so genannten Hängebeschlusses nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 938 Abs. 1 ZPO vorläufig anzuhalten, um den nötigen zeitlichen Spielraum zu schaffen, damit sachgerecht über die Beschwerde entschieden werden kann (vgl. Eyermann-Happ, VwGO, 12. Aufl. 2006, Rn 60 zu § 123).
Ein solcher Regelfall liegt aber nicht vor, wenn die aufenthaltsbeendenden Maßnahmen bereits kurz zuvor bereits Gegenstand einer gründlichen Überprüfung in einem oder mehreren Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes waren und nicht erkennbar ist, dass sich der den bisherigen Entscheidungen zugrunde liegende Sachverhalt wesentlich geändert haben könnte. Andernfalls könnte die Vollstreckung dieser Maßnahmen auf Dauer allein dadurch vereitelt werden, dass immer wieder neue Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt und entsprechende Beschwerden zum Oberverwaltungsgericht erhoben werden. Unter den genannten Voraussetzungen kann es deshalb im Einzelfall geboten sein, dass das Oberverwaltungsgericht schon vor Ablauf der Beschwerdebegründungfrist abschließend in der Sache entscheidet. Voraussetzung ist allerdings, dass der Antragsteller jedenfalls eine kurzfristige Gelegenheit zur Begründung hatte und diese Begründung nicht an den strengen Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO gemessen wird (vgl. dazu BVerfG, Kammerbeschl. vom 05.09.2003 – 1 BvQ 32/03 – NVwZ 2004, 90; zuvor schon OVG Bremen, Beschl. v. 10.01.2002 – 1 B 8/02 - ). Kann eine Begründung der Beschwerde aus Zeitgründen überhaupt nicht erfolgen, ist die angefochtene Entscheidung gegebenenfalls abweichend von § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO umfassend zu überprüfen.
2. Im Fall des Antragstellers besteht nach diesen Kriterien keine Veranlassung, die für den 14.07. vorbereitete Abschiebung allein deshalb auszusetzen, um dem Antragsteller Gelegenheit zur Ausschöpfung der gesetzlichen Frist zur Begründung der Beschwerde zu geben. Auch die besonderen Umstände des Einzelfalls gebieten einen solchen Aufschub nicht.
Die für und gegen die Beendigung seines Aufenthalts sprechenden Gründe waren Gegenstand einer umfassenden Überprüfung in den Verfahren 4 V 2151/08 vor dem Verwaltungsgericht und 1 B 457/08 vor dem Oberverwaltungsgericht. [...]
II. Das Verwaltungsgericht hat es zu Recht abgelehnt, die begehrte einstweilige Anordnung zu erlassen. Der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, dass er einen Anspruch auf Unterlassung der beabsichtigten Abschiebung hat.
1.Wie das Verwaltungsgericht zutreffend im Anschluss an die Rechtsprechung des beschließenden Senats (vgl. zuletzt Beschl. v. 21.04.2009 – 1 B 144/09 – Asylmagazin 6/2009, S. 34) entschieden hat, kann eine konkrete, ernsthafte Suizidgefährdung mit Krankheitswert zu einer Reiseunfähigkeit und damit zu einem Abschiebungshindernis im Sinne des § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG führen. Die Schutzpflicht für das staatliche Leben (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG), aus der dieses Abschiebungshindernis abzuleiten ist, gebietet aber nicht, von der Abschiebung abzusehen, sofern und solange durch geeignete Maßnahmen Vorsorge dagegen getroffen worden ist, dass sich diese Gefahr realisiert (vgl. Hailbronner, Ausländerrecht, Rn 49 zu § 60a AufenthG <Stand April 2006>; ähnlich Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, Rn 130 zu § 60a <Stand Mai 2009>). Auch Art. 3 EMRK hindert nicht, einen Ausländer abzuschieben, wenn konkrete und geeignete Maßnahmen zur Verhinderung des Selbstmords getroffen werden (EGMR, Entsch. V. 07.10.2004 – 33743/03 – Dragan u.a. ./. Deutschland, NVwZ 2005, 1043 1044>). Voraussetzung ist allerdings, dass die Vorkehrungen nicht ihrerseits in unverhältnismäßiger Weise in die Bewegungsfreiheit und körperliche Integrität des Ausländers eingreifen (vgl. den zit. Senatsbeschluss vom 21.04.2009).
2. Die geplante Abschiebung begründet zwar eine aktuelle Suizidgefahr beim Antragsteller; Diese ist aber nicht dauerhaft, sondern zeitlich beschränkt (a.), und ihr lässt sich durch die von der Antragsgegnerin ergriffenen Begleitmaßnahmen voraussichtlich mit hinreichender Aussicht auf Erfolg wirksam begegnen (b.). Das verbleibende Restrisiko ist mit der Gefahr abzuwägen, die der weitere Aufenthalt des Antragstellers im Bundesgebiet für seine beiden jüngsten Söhne und deren Mutter bedeuten würde (c.).
a. Nach den Feststellungen des Sachverständigen beruht die akute Suizidgefahr, die durch die Abschiebung beim Antragsteller begründet wird, nicht auf einer (dauerhaften) seelischen Erkrankung, sondern ist unmittelbare Reaktion auf die drohende Abschiebung. [...]
b. Aus den Feststellungen des Sachverständigen hat die Antragsgegnerin zu Recht gefolgert, dass eine akute Selbstmordgefährdung beim Antragsteller voraussichtlich nur im zeitlichen Zusammenhang mit der Abschiebung besteht und sich ihr deshalb dadurch hinreichend begegnen lässt, dass eine ärztliche Überwachung und Begleitung der Abschiebung organisiert wird. Die vorgesehenen Maßnahmen enden nicht mit der Übergabe an die Behörden des Heimatlandes, sondern sind darauf gerichtet, den Antragsteller auch nach seiner Ankunft "aufzufangen". Die von der Antragsgegnerin zugesagte Betreuung soll erst enden, wenn sich der psychische Zustand des Antragstellers soweit stabilisiert hat, dass eine akute Suizidgefährdung nicht mehr besteht. Lücken in dem Betreuungsnetz, die den Schluss rechtfertigen könnten, die Maßnahmen seien unzureichend, hat auch der Antragsteller in seinem erstinstanzlichen Vortrag nicht geltend gemacht.
c. Zwar lässt sich auch unter Berücksichtigung der vorgesehenen Begleitmaßnahmen nicht mit letzter Sicherheit ausschließen, dass der Antragsteller eine suizidale Handlung begeht und dadurch Schaden erleidet. Ein solches "Restrisiko" muss aber jedenfalls dann hingenommen werden, wenn – wie hier – die Abschiebung dazu dient, Übergriffe des Antragstellers gegenüber seinen Kindern und deren Mutter zu verhindern. Wie der Senat in seinem rechtskräftigen Beschluss vom 04.03.2009 unter Berufung auf die Feststellungen der Strafgerichte und der Jugendbehörden festgestellt hat, sind die aufenthaltsbeendenden Maßnahmen dringend erforderlich, um die Kinder des Antragstellers vor Gewalttaten ihres Vaters zu schützen. [...]