OVG Niedersachsen

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Zitieren als:
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 27.07.2009 - 11 ME 171/09 - asyl.net: M15951
https://www.asyl.net/rsdb/M15951
Leitsatz:

§ 39 Nr. 3 2. Alt. AufenthV ist grundsätzlich nicht anwendbar, wenn ein Ausländer mit einem Schengen-Visum für kurzfristige Aufenthalte unter Verschweigung des beabsichtigten Daueraufenthalts einreist. Ausreichende Deutschkenntnisse i.S.v. § 28 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG müssen daher bereits vor der Einreise oder spätestens während der Geltungsdauer des Schengen-Visums erworben sein (wie Hess. VGH, Beschl. v. 22.9.2008 - 1 B 1628/08 -, InfAuslR 2009, 14 und OVG Rhl.-Pf., Beschl. v. 20.4.2009 - 7 B 10037/09 -, juris; a.A. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 8.7.2008 - 11 S 1041/08 -, InfAuslR 2008, 444 und BayVGH, Beschl. v. 18.5.2009 - 19 CS 09.853 -, AuAS 2009, 147).

 

Schlagwörter: Aufenthaltserlaubnis, Ehegattennachzug, allgemeine Erteilungsvoraussetzungen, Visum, Schengen-Visum, Visum nach Einreise, Sprachkenntnisse, Visumsverfahren, Zumutbarkeit, Falschangaben, Ausweisungsgründe, Ermessen, Schutz von Ehe und Familie, vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren)
Normen: AufenthG § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; AufenthG § 5 Abs. 2 S. 1; AufenthV § 39 Nr. 3; AufenthV § 39 Nr. 6; AufenthG § 5 Abs. 2 S. 2; AufenthG § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; AufenthG § 55 Abs. 2 Nr. 1a
Auszüge:

§ 39 Nr. 3 2. Alt. AufenthV ist grundsätzlich nicht anwendbar, wenn ein Ausländer mit einem Schengen-Visum für kurzfristige Aufenthalte unter Verschweigung des beabsichtigten Daueraufenthalts einreist. Ausreichende Deutschkenntnisse i.S.v. § 28 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG müssen daher bereits vor der Einreise oder spätestens während der Geltungsdauer des Schengen-Visums erworben sein (wie Hess. VGH, Beschl. v. 22.9.2008 - 1 B 1628/08 -, InfAuslR 2009, 14 und OVG Rhl.-Pf., Beschl. v. 20.4.2009 - 7 B 10037/09 -, juris; a.A. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 8.7.2008 - 11 S 1041/08 -, InfAuslR 2008, 444 und BayVGH, Beschl. v. 18.5.2009 - 19 CS 09.853 -, AuAS 2009, 147).

(Amtlicher Leitsatz)

 

[...]

Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 3. November 2008 zu Unrecht stattgegeben. Der Senat vermag bei der in diesem Verfahren nur möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht festzustellen, dass die Antragstellerin gegenwärtig einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Ehegattennachzugs nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Aufenthaltsgesetz hat. Denn der Erteilung steht voraussichtlich entgegen, dass sie ohne das für längerfristige Aufenthalte erforderliche nationale Visum eingereist ist (§ 5 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 6 Abs. 4 AufenthG) und weder ein Fall des § 39 AufenthV vorliegt noch von der Erfüllung der Visumpflicht nach § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG abgesehen werden kann.

Zwar steht dem Anspruch der Antragstellerin auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis als Ehegattin eines Deutschen nach Erwerb des Zertifikats A1 ("Start Deutsch 1") des Goethe-Instituts Hannover am 24. Februar 2009 nicht mehr die mangelnde Fähigkeit entgegen, sich zumindest auf einfache Art in deutscher Sprache zu verständigen (vgl. §§ 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 5, 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG), doch ist sie entgegen § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 6 Abs. 4 AufenthG nicht mit dem erforderlichen Visum eingereist, weil sie lediglich ein tschechisches Schengen-Visum für kurzfristige Aufenthalte (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG) besaß, obwohl Überwiegendes dafür spricht, dass als tatsächlicher Aufenthaltszweck die Führung der Lebensgemeinschaft mit ihrem deutschen Ehegatten im Bundesgebiet beabsichtigt war. Der Senat teilt nicht die vom Verwaltungsgericht im Anschluss an die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg (Beschl. v. 8.7.2008 - 11 S 1041/08 -, InfAuslR 2008, 444; ebenso Bay.VGH Beschl. v. 18.5.2009 - 19 CS 09.853 -, AusAS 2009, 147) vertretene Auffassung, dass die Antragstellerin die Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet einholen könne, weil die Voraussetzungen des § 39 Nr. 3 AufenthV (i.V.m. § 99 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG) erfüllt seien.

Nach § 39 Nr. 3 AufenthV in der ab 28. August 2007 geltenden Fassung (vgl. Art. 7 Abs. 4 Nr. 13 des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union - Richtlinienumsetzungsgesetz - vom 19. August 2007, BGBl I S. 1970, 2051) kann ein Ausländer über die im Aufenthaltsgesetz geregelten Fälle hinaus einen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet einholen, wenn er Staatsangehöriger eines im Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 (sog. EG-Visa-Verordnung) aufgeführten Staates ist und sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder - nur diese Alternative kommt hier in Betracht - ein gültiges Schengen-Visum für kurzfristige Aufenthalte (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG) besitzt, sofern die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach der Einreise entstanden sind. § 39 Nr. 3 2. Alt. AufenthV ist auf die Antragstellerin grundsätzlich anwendbar, weil sie im Zeitpunkt der Antragstellung am 28. September 2008 im Besitz eines Schengen-Visums (gültig vom 1.9. bis zum 29.11.2008) war. Sie erfüllt aber nicht die weitere Bedingung, dass die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach der Einreise entstanden sein müssen.

Durch das Richtlinienumsetzungsgesetz vom 19. August 2007 (a.a.O.) wurde § 39 Nr. 3 AufenthV dahingehend geändert, dass das Wort "erfüllt" durch die Wörter "nach der Einreise entstanden" ersetzt wurden. Während zuvor Tatbestandsvoraussetzungen allein die Einreise mit einem Schengen-Visum und ein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels waren, wird nunmehr zusätzlich gefordert, dass der Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels erst nach der Einreise entstanden ist. Dem lag - wie sich aus der Begründung des Gesetzentwurfs ergibt (vgl. BT-Drs. 16/5065, S. 240) - folgende Erwägung zugrunde:

"Ein visumpflichtiger Ausländer, der mit einem Schengen-Visum in das Bundesgebiet mit dem Ziel einreist, zum deutschen Familienangehörigen nachzuziehen (z.B. Heirat eines Deutschen in Dänemark), kann unter den Voraussetzungen der Nr. 3 den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach der Einreise stellen, obwohl er im Visumantrag nach eigenen Angaben zu touristischen Zwecken begehrt und nur deswegen ein Schengen-Visum ohne Zustimmung der Ausländerbehörde erhalten kann. Dabei wird das Visum für den Kurzaufenthalt entgegen dem angegebenen Zweck für einen auf Dauer angelegten Aufenthalt, für den von vornherein ein nationales Visum erforderlich ist, genutzt und somit die Beteiligung der Ausländerbehörde umgangen. In diesem Fall macht er gezielt unrichtige Angaben, um ein Schengen-Visum zu erhalten, und kommt dennoch in den Genuss des § 39 Nr. 3".

Weiter heißt es:

"Im Interesse einer einheitlichen Handhabung der Nr. 3 sollte klargestellt werden, dass die Vergünstigung nur dann gilt, wenn der Anspruch nach der Einreise entsteht und damit ein von vornherein beabsichtigter Wechsel des angegebenen Aufenthaltszwecks ausgeschlossen werden kann. Ansonsten kann über ein Schengen-Visum ein Daueraufenthaltsrecht trotz unrichtiger Angaben hinsichtlich des Aufenthaltszwecks erlangt werden".

Aus dieser Begründung folgt, dass mit der Änderung klargestellt werden sollte, dass bei einem von vornherein beabsichtigten längerfristigen Aufenthalt der Befreiungstatbestand des § 39 Nr. 3 AufenthV nicht anwendbar ist (vgl. Hailbronner, AuslR, Stand: Juni 2008, § 5 AufenthG Rn. 54; Welte, InfAuslR 2008, 387). Allerdings hat diese Absicht des Gesetzgebers in der Neufassung des § 39 Nr. 3 AufenthG keinen ausdrücklichen Niederschlag gefunden. Daraus haben der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (a.a.O.) und der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (a.a.O.) die Schlussfolgerung gezogen, es sei lediglich auf das objektive Entstehen der Anspruchsvoraussetzungen nach der Einreise, und nicht darauf abzustellen, dass der Ausländer vor der Einreise keinen längerfristigen Aufenthalt beabsichtigt haben dürfe. Für die Befreiung von der Visumpflicht nach § 39 Nr. 3 AufenthG reiche es dementsprechend aus, wenn nur die letzte noch fehlende Voraussetzung für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach der Einreise - u. U. auch erst nach Ablauf des Schengen-Visums - erfüllt werde. Diese Auslegung hält der Senat aber in Übereinstimmung mit dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof (Beschl. v. 22.9.2008 - 1 B 1628/08 -, InfAuslR 2009, 14) und dem Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (Beschl. v. 20.4.2009 - 7 B 10037/09 -, juris) für nicht überzeugend.

Bereits der Wortlaut "wenn er (…) ein gültiges Schengen-Visum für kurzfristige Aufenthalte (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 des Aufenthaltsgesetzes) besitzt" mit der Verwendung der Gegenwartsform, legt es nahe, dass der Ausländer bei Entstehung des Anspruchs nach der Einreise noch im Besitz eines gültigen Schengen-Visums sein muss. Auf jeden Fall ist der Wortlaut entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg (a.a.O.) und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes (a.a.O.) nicht so eindeutig, dass eine ergänzende teleologische Auslegung verboten wäre. Der anhand der Gesetzesmaterialien dargestellte Sinn und Zweck der Regelung spricht - ohne dass dies mit dem Wortlaut des § 39 Nr. 3 AufenthG n.F. unvereinbar wäre - dagegen, dass für die Entstehung des Anspruchs allein auf das letzte, bislang noch fehlende Tatbestandsmerkmal abzustellen ist. Denn damit würde für Missbrauchsmöglichkeiten, die der Gesetzgeber mit der Änderung des § 39 Nr. 3 AufenthV gerade ausschließen wollte, ein weiter Raum eröffnet (so zu Recht Hess. VGH, a.a.O. und OVG Rheinl.-Pfalz a.a.O.; Hailbronner, a.a.O., § 5 AufenthG Rn. 55). An dem - im vorliegenden Fall maßgeblichen - Erfordernis der einfachen deutschen Sprachkenntnisse (§ 28 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG) wird dies besonders deutlich: Würde man nämlich zulassen, dass allein der Erwerb der Sprachkenntnisse nach der Einreise erfolgt, während sämtliche übrigen Voraussetzungen für den Ehegattennachzug bereits früher erfüllt sind, könnte ein mit einem/einer Deutschen verheirateter Ausländer ohne weiteres mit einem kurzfristigen Schengen-Visum aus einem Drittstaat einreisen, die Deutschkenntnisse erst im Bundesgebiet erwerben und dann mit Aussicht auf Erfolg unter Berufung auf § 39 Nr. 3 2. Alt. AufenthV einen Antrag auf Aufenthaltserlaubnis stellen, obwohl das nach dem Aufenthaltsgesetz vorgesehene Visumverfahren als Integrationsvoraussetzung (vgl. BT-Drs. 16/5065, S. 173 f.) den Erwerb der Sprachkenntnisse bereits im Heimatland vorsieht. Die vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (a.a.O.) und Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (a.a.O.) für vorzugswürdig gehaltene Auslegung hätte deshalb die Konsequenz, dass diese Absicht des Gesetzgebers mit Hilfe eines Schengen-Visums letztlich unterlaufen werden könnte. Zwar weisen beide Gerichte einschränkend darauf hin, dass falsche oder unvollständige Angaben im Visumverfahren zu einem Ausweisungsgrund nach § 55 Abs. 2 Nr. 1 a AufenthG führen und damit über § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG den Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels ausschließen können, doch dürfte diese Möglichkeit in der Realität wegen der Bedeutung des Schutzes der Ehe oder wegen erheblicher tatsächlicher Aufklärungsschwierigkeiten nur selten zum Tragen kommen.

Hiervon ausgehend vermag der Senat nach gegenwärtigem Erkenntnisstand nicht festzustellen, dass die Befreiungsregelung des § 39 Nr. 3 2. Alt. AufenthV zugunsten der Antragstellerin eingreift. Der Senat geht aufgrund des Akteninhalts - insoweit besteht auch kein Unterschied zu der Einschätzung des Verwaltungsgerichts - davon aus, dass die Antragstellerin gemeinsam mit ihrem deutschen Ehemann die Einreisevorschriften bewusst umgangen hat, um im Bundesgebiet vorzeitig ein längerfristiges Aufenthaltsrecht zu erwerben. [...]

Ebenso wenig kann die Antragstellerin Rechte aus § 39 Nr. 6 AufenthV herleiten. Ein Schengen-Visum für kurzfristige Aufenthalte zählt nicht zu den Aufenthaltstiteln im Sinne dieser Bestimmung, da § 39 Nr. 3 2. Alt. AufenthV insoweit eine speziellere Regelung darstellt (vgl. OVG Rheinl.-Pfalz, a.a.O.).

Von der Nachholung des Visumverfahrens kann zugunsten der Antragstellerin auch nicht gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG abgesehen werden. Diese Vorschrift eröffnet der Ausländerbehörde ein Ermessen, wenn entweder die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels erfüllt sind oder es aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Keiner der beiden Tatbestände ist hier erfüllt.

Zwar steht der Antragstellerin mittlerweile aufgrund des nachträglichen Erwerbs der erforderlichen deutschen Sprachkenntnisse ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug zu, doch setzt die Erteilung weiter voraus, dass kein Ausweisungsgrund vorliegt (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG). Dabei reicht das bloße Vorliegen eines Ausweisungstatbestandes aus. Es ist deshalb nicht erforderlich, dass der betreffende Ausländer ermessensfehlerfrei ausgewiesen werden könnte (vgl. Hailbronner, a.a.O., § 5 AufenthG Rn. 26 m.Nachw.). Der Senat hat bereits dargelegt, dass die Antragstellerin und ihr Ehemann gegenüber der Tschechischen Botschaft in Bangkok unrichtige Angaben über den Zweck des Aufenthalts der Antragstellerin gemacht und auf diese Weise ein Schengen-Visum erlangt haben, obwohl die Absicht für einen Ehegattennachzug und damit für einen dauernden Aufenthalt im Bundesgebiet bestand. Zwar hat der Senat ebenso wie das Verwaltungsgericht den Eindruck, dass der Ehemann der Antragstellerin die treibende Kraft für diese Umgehung der Einreisevorschriften war, doch kann sie dies nicht entlasten. Denn sie muss sich das Verhalten des Ehemanns im vorliegenden Zusammenhang grundsätzlich zurechnen lassen und war im Übrigen auch verpflichtet, sich selbst über die Voraussetzungen einer legalen Einreise in das Bundesgebiet zu informieren und diese zu beachten. Eine Ausnahme von der Regelvoraussetzung des Nichtvorliegens eines Ausweisungsgrundes liegt hier nicht vor. Der Ausweisungsgrund des § 55 Abs. 2 Nr. 1 a AufenthG soll verhindern, dass durch falsche oder unvollständige Angaben des Ausländers im Visumverfahren die Regelungsmechanismen des Aufenthaltsgesetzes umgangen und die dort vorgesehenen Visumsregeln missachtet werden, insbesondere soweit es um die Absicht eines längerfristigen Zuzugs nach Deutschland und die damit einhergehende nationale Visumspflicht (§ 6 Abs. 4 Satz 1 AufenthG) sowie die insoweit ggf. erforderliche Beteiligung der zuständigen inländischen Ausländerbehörde (vgl. § 31 AufenthG) geht (vgl. etwa VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 16.4.2009 - 13 S 656/09 -, juris). Es besteht ein erhebliches öffentliches Interesse an der Steuerung der Zuwanderung von Ausländern (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Das Nichtabsehen von diesem Ausweisungsgrund vor der gebotenen Nachholung des erforderlichen Visumverfahrens dürfte demzufolge grundsätzlich mit dem Schutz von Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 Abs. 1 EMRK ebenso vereinbar sein wie die Visumpflicht selbst. Anders kann es sich zwar verhalten, wenn eine unverhältnismäßig lange Trennung der Eheleute droht (vgl. dazu BVerfG, Beschl. v. 4.12.2007 - 2 BvR 2341/06 -, InfAuflR 2008, 341). Dafür ist hier aber - wie noch dargelegt wird - nichts ersichtlich.

Ebenso wenig kann festgestellt werden, dass die Antragstellerin den Ausnahmetatbestand des § 5 Abs. 2 Satz 2 2. Alt. AufenthG erfüllt. Es ist davon auszugehen, dass die Antragstellerin lediglich für kurze Zeit das Bundesgebiet verlassen muss, um von Thailand aus das Visumverfahren zu betreiben. [...]

In Anbetracht der kurzen Ehedauer und der kurzen Aufenthaltsdauer der Antragstellerin im Bundesgebiet hält der Senat die durch die Nachholung des Visumverfahrens bedingte zeitweise Trennung der Antragstellerin von ihrem Ehemann auch im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 Abs. 1 EMRK für durchaus zumutbar. Sie hat keinerlei besondere Umstände wie gesundheitliche Gründe o. ä. (vgl. Kluth/Hund/Maaßen, a.a.O.) angeführt, die einer Aufenthaltsbeendigung entgegenstehen könnten. Die mit der Ausreise und der erneuten Einreise mit dem erforderlichen Visum verbundenen Kosten, Mühen und anderen Unannehmlichkeiten gehören zu dem normalen Risiko, die nicht als unzumutbar im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 2 2. Alt. AufenthG angesehen werden (vgl. etwa Bäuerle, in: GK-AufenthG, Stand: Juni 2007, § 5 Rn. 170; Renner, AuslR, 8. Aufl., § 5 AufenthG Rn. 61). Da somit keiner der beiden Tatbestände des § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG erfüllt sein dürfte, kam es auf die (zusätzlich angestellten) Ermessenserwägungen der Antragstellerin nicht entscheidungserheblich an. Es stellte sich deshalb entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch nicht die Frage, ob das der Antragsgegnerin nach § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG zustehende Ermessen zugunsten der Antragstellerin auf Null reduziert ist. Im Übrigen vermag der Senat auch keine Ermessensfehler zu erkennen. Insbesondere durfte die Antragsgegnerin als erheblichen öffentlichen Belang anführen, dass aus generalpräventiven Gründen - siehe oben - auf die Nachholung des Visumverfahrens nicht verzichtet werden könne. [...]