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Die auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sowie auf eine Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO) gestützte Beschwerde des Bundesbeauftragten hat keinen Erfolg.
1. Die von der Beschwerde gerügte Abweichung des Berufungsurteils von der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesverfassungs- und Bundesverwaltungsgerichts ist nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechend dargetan. [...]
Die Beschwerde rügt, das Berufungsgericht sei bei der Prüfung, ob die den Beigeladenen bei einer Rückkehr drohende Verfolgung durch paramilitärische Kräfte dem kolumbianischen Staat zuzurechnen sei, von der Rechtsprechung des Bundesverfassungs- und Bundesverwaltungsgerichts abgewichen. Es habe nämlich die Übergriffe paramilitärischer Gruppen dem kolumbianischen Staat mit der Begründung zugerechnet, dass angesichts der fortbestehenden Verquickung von staatlichen Stellen und paramilitärischen Gruppen eine grundsätzlich effektive und im Großen und Ganzen erfolgreiche Bekämpfung paramilitärischer Gruppen noch nicht festgestellt werden könne. Daraus ergebe sich, dass das Berufungsgericht den Rechtssatz zu Grunde lege, ein Staat sei im Sinne des Art. 16a Abs. 1 GG stets und uneingeschränkt asylrechtlich für Drittverfolgungshandlungen dann verantwortlich zu machen, wenn er hiergegen nicht grundsätzlich effektiven und erfolgreichen Schutz biete. [...]
Mit diesem und dem weiteren Vorbringen der Beschwerde ist eine Divergenz schon deshalb nicht ordnungsgemäß bezeichnet, weil sich der von der Beschwerde dem Berufungsgericht unterstellte Rechtssatz der Entscheidung nicht entnehmen lässt. Das Berufungsgericht hält nach eingehender Erörterung der Erkenntnislage zu der Frage, ob sich der kolumbianische Staat nach wie vor die Bedrohungen durch paramilitärische Gruppen zurechnen lassen muss, zusammenfassend fest: Die kolumbianische Regierung und Justiz belasse es zwar nicht nur bei einer rein verbalen Bekämpfung der Paramilitärs, sondern unternehme - jedenfalls in Teilen - Anstrengungen, den Einfluss dieser Gruppen zurückzudrängen. Andererseits könne angesichts der Tatsache, dass - anders als bei der FARC - die paramilitärischen Einheiten staatlicherseits zunächst gefördert und offen oder verdeckt unterstützt worden seien, es mithin keine strenge Trennlinie zu den Paramilitärs gegeben habe, nicht übersehen werden, dass die Voraussetzungen für eine weiter existierende Verquickung von staatlichen Stellen und paramilitärischen Gruppen bestünden und eine solche auch weiterhin in nicht unerheblichem Umfang festgestellt werden müsse, und zwar bis in hohe und höchste Regierungs- und Parlamentskreise hinein. Im Ergebnis könne noch nicht eine grundsätzlich effektive und im Großen und Ganzen erfolgreiche Bekämpfung der paramilitärischen Gruppen festgestellt werden, die das Zusammenwirken von Amtsträgern mit den nichtstaatlichen Akteuren als nicht vermeidbare "Panne" oder Einzelphänomen erscheinen ließe (UA S. 25). Dass das Berufungsgericht mit diesem abschließenden Satz seiner Subsumtion den Rechtssatz aufstellen wollte, dass es auf die Frage, ob der Staat zur Schutzgewährung überhaupt in der Lage sei, nicht ankomme, liegt fern. Insbesondere spricht dagegen die Tatsache, dass das Berufungsgericht an anderer Stelle der Urteilsgründe, nämlich bei der Prüfung, ob die Vorverfolgung der Beigeladenen durch paramilitärische Gruppen dem kolumbianischen Staat zuzurechnen sei, seine rechtlichen Maßstäbe insoweit zusammenfassend dargestellt und unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ausgeführt hat, asylerhebliche Maßnahmen durch nichtstaatliche Stellen seien nur dann ausnahmsweise asylrelevant, sofern sie dem Staat zugerechnet werden könnten, weil er sie veranlasse, bewusst dulde oder ihnen gegenüber keinen Schutz gewähre, "obwohl er dazu in der Lage wäre" (UA S. 11). Auch in seinen weiteren Erörterungen hierzu geht das Berufungsgericht davon aus, dass die asylrechtliche Verantwortlichkeit des Staates endet, wenn die an sich angestrebte Schutzgewährung die staatlichen Kräfte übersteigt (UA S. 15). Es kann deshalb nicht angenommen werden, dass das Berufungsgericht mit seinen Ausführungen zur Rückkehrverfolgung auf S. 25 des Urteils einen von diesen Rechtsgrundsätzen abweichenden Rechtssatz aufgestellt hat. Damit führt das Vorbringen der Beschwerde allenfalls auf einen Rechtsanwendungsfehler des Berufungsgerichts im Einzelfall, der - selbst wenn er vorläge - eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht begründen könnte.
2. Auch die von der Beschwerde geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. [...]
Nach Auffassung der Beschwerde werfen diese Ausführungen die Rechtsfrage auf, "was in einer wie der festgestellten Situation der Verflechtung von außerhalb der staatlichen Institutionen stehenden Kräften mit staatlichen Stellen und deren amtswidrige Tolerierung von Verfolgungshandlungen, die von solchen nichtstaatlichen Akteuren ausgehen, zu den an sich zur Verfügung stehenden staatlichen Mitteln zu rechnen ist, jenseits der asylrechtliche Verantwortung endet."
Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde indes keine verallgemeinerungsfähig zu beantwortende rechtsgrundsätzliche Frage auf. Wie schon die Fragestellung mit der Bezugnahme auf die hier festgestellte Situation der Verflechtung nichtstaatlicher und staatlicher Kräfte zeigt, lässt sich diese Frage nur auf Grund der jeweiligen konkreten Verhältnisse im Herkunftsland beantworten und entzieht sich deshalb einer abstrakten, über den Einzelfall hinausgehenden Klärung. Die Beschwerde legt nicht dar, inwieweit der Fall der Beigeladenen Anlass geben könnte, über die von der Rechtsprechung bisher entwickelten Maßstäbe hinaus, allgemeine Kriterien für den Umfang und die Grenzen der staatlichen Verantwortung für Verfolgungshandlungen Dritter im Rahmen von Art. 16a Abs. 1 GG zu entwickeln. In Wahrheit wendet sich die Beschwerde mit ihrer Rüge gegen die ihrer Ansicht nach unzutreffende Beurteilung der politischen Verhältnisse in Kolumbien und damit gegen die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Berufungsgerichts. Darauf kann aber eine rechtsgrundsätzliche Bedeutung der Sache nicht gestützt werden. [...]