OLG Frankfurt a.M.

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Zitieren als:
OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 31.08.2009 - 20 W 470/07 - asyl.net: M16047
https://www.asyl.net/rsdb/M16047
Leitsatz:

Keine Haft wegen illegaler Einreise bei Asylantragstellung. Bereits bei Antragstellung in Kombination mit der Weiterleitung des Schutzersuchens am Tag der Vorführung vor dem Abschiebungshaftrichter war kein Raum mehr für eine Haftanordnung und damit kein begründeter Anlass für die Stellung eines Haftantrags.

Schlagwörter: Abschiebungshaft, Kosten, Kostenentscheidung, sofortige weitere Beschwerde, notwendige Auslagen, Haftantrag, begründeter Anlass, illegale Einreise, Asylgesuch, Asylantrag, Weiterleitung, Bundesamt, Dublin II-VO, Dublinverfahren,
Normen: FGG § 20a Abs. 2; FEVG § 16; AufenthG § 62 Abs. 2 S. 1 Nr. 1; AufenthG § 57 Abs. 3; AsylVfG § 14 Abs. 3
Auszüge:

[...]

Die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen, mit der er sich gegen den Kostenausspruch im Beschluss des Landgerichts wendet, ist zulässig, denn es handelt sich hierbei um die Anfechtung einer isolierten Kostenentscheidung gemäß § 20 a Abs. 2 FGG, die sowohl hinsichtlich des Gerichtskostenausspruches als auch hinsichtlich der Kostentragungspflicht zwischen den Beteiligten zulässig ist (Keidel/Kuntze/Winkler-Zimmermann, FGG, 15. Aufl., § 20 a, Rdnr. 8).

Entgegen der Auffassung des Landgerichtes ist die antragstellende Behörde verpflichtet, die notwendigen Auslagen des Betroffenen in entsprechender Anwendung des § 16 FEVG zu tragen. Ein begründeter Anlass zur Stellung eines Haftantrages bestand nach Lage der Akten mutmaßlich nicht. Soweit das Landgericht darauf abstellt, es sei der Haftgrund des § 62 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 i.V.m. § 57 Abs. 3 AufenthG gegeben gewesen, da der Betroffene illegal in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sei, ist dies zwar zunächst zutreffend, einer Haftanordnung stand jedoch der Asylantrag des Betroffenen entgegen. Gemäß § 14 AsylVfG kann zwar auch bei Vorliegen eines förmlichen Asylantrags des Betroffenen Haft angeordnet werden (§ 14 Abs. 3 AsylVfG), jedoch nur unter den in § 14 Abs. 3 AsylVfG normierten Voraussetzungen. Ausweislich der Feststellungen des Landgerichts wurde dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge das Schutzersuchen des Betroffenen am 04.10.2007, dem Tag der Haftantragstellung, in schriftlicher Form zugeleitet, so dass vom Vorliegen eines schriftlichen Asylantrags beim Bundesamt auszugehen ist. Da dem Betroffenen auch von der antragstellenden Behörde lediglich zur Last gelegt wurde, illegal in die Bundesrepublik Deutschland eingereist zu sein und ansonsten keine Anhaltspunkte ersichtlich oder von der antragstellenden Behörde dafür vorgebracht worden sind, dass ein anderer Haftgrund des § 62 Abs. 2 S. 1 AufenthG in Betracht gekommen wäre, hätte sich die Haftanordnung in jedem Fall nur auf § 62 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG stützen können. In diesem Fall ist jedoch bei Vorliegen eines förmlichen Asylantrags im Sinne des § 14 Abs. 2 AsylVfG für eine Haftanordnung nur dann Raum, wenn der Betroffene sich seit mehr als einem Monat ohne Aufenthaltsgenehmigung im Bundesgebiet aufgehalten hätte (§ 14 Abs. 3 Nr. 4 AsylVfG). Dies war nach Vortrag der antragstellenden Behörde nicht der Fall, so dass bereits bei Antragstellung in Kombination mit der Weiterleitung des Schutzersuchens am Tag der Vorführung vor dem Abschiebungshaftrichter kein Raum mehr für eine Haftanordnung war und damit kein begründeter Anlass für die Stellung eines Haftantrages bestand. Aus diesem Grund waren in entsprechender Anwendung des § 16 FEVG der antragstellenden Behörde die außergerichtlichen Auslagen des Betroffenen aufzuerlegen. [...]