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Zitieren als:
BAMF, Bescheid vom 27.03.2009 - 5316283-499 - asyl.net: M16118
https://www.asyl.net/rsdb/M16118
Leitsatz:

Krankheitsbedingtes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG hinsichtlich Armeniens und der Russischen Föderation (Hepatitis C).

Schlagwörter: krankheitsbedingtes Abschiebungsverbot, Armenien, Hepatitis C, Interferon, Medikamente, Russische Föderation
Normen: AufenthG § 60 Abs. 7 S. 1
Auszüge:

[...]

Hinsichtlich beider Staaten ist jedoch übereinstimmend ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG festzustellen. In Bezug auf Armenien wird in diesem Zusammenhang verwiesen auf den Botschaftsbericht der Deutschen Botschaft Jerewan vom 18.10.2005 (Az.: RK 516.80), wonach eine Behandlung mit Interferon in Armenien ca. 1.500 US-Dollar monatlich kosten würde. Durch die Verordnung Nr. 3838a des Gesundheitsministeriums der Republik Armenien vom 28.12.2004 wurden zwar die Virushepatiden, darunter die Virushepatitis C, in das Verzeichnis der Krankheiten aufgenommen, die eine vom Staat garantierte kostenlose stationäre ärztliche Hilfe erfordern. Der Staat übernimmt die Kosten der ethiotropischen Behandlung mit Interferon jedoch nicht.

Vorliegend wäre der mittellose Antragsteller jedoch keinesfalls in der Lage, monatliche Medikamentenkosten in Höhe von 1.500 US-Dollar bezahlen zu können.

Hinsichtlich der medizinischen Versorgung in der Russischen Föderation wird auf den Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 17.03.2007 (Az.: 508-516.80/3 RUS) verwiesen, wonach die medizinische Grundversorgung in Russland zwar theoretisch grundsätzlich ausreichend ist, allerdings die medizinische Hilfe heutzutage in Russland oftmals eine Kostenfrage darstellt. Die Zeiten der kostenlosen sowjetischen Gesundheitsfürsorge sind vorbei. Eine beitragsfinanzierte medizinische Versorgung ist erst in Planung. Theoretisch hat zwar jeder russische Bürger das Recht auf eine kostenfreie medizinische Grundversorgung, doch in der Praxis erfolgen zumindest aufwendigere Behandlungen erst nach privater Bezahlung. Die Versorgung mit Medikamenten ist zumindest in Großstädten gut, aber nicht kostenfrei. Neben russischen Produkten sind gegen entsprechende Bezahlung auch viele importierte Medikamente erhältlich. Große Teile der russischen Bevölkerung können sich teure Arzneien jedoch nicht leisten.

Gemäß einiger gängiger Internet-Apotheken kostet eine 168-Stück-Packung des dem Antragsteller verordneten Präparates Copegus 200mg, die, da er sechs Tabletten pro Tag einnehmen muss, 28 Tage reichen würde, € 930,64. Das ihm ebenfalls verordnete Pegasys 180 (vier Stück) kostet € 1.121,79, so dass er insgesamt € 2.052,43 alleine an Medikamentenkosten (Laboruntersuchungen, Bluttests etc. nicht eingeschlossen) bezahlen müsste, was dem mittellosen Antragsteller nicht möglich wäre.

Da ein Abbruch der Behandlung im derzeitigen akuten Stadium seiner Erkrankung zu einem Leberversagen und somit zu seinem vorzeitigen Tod führen würde, war somit ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Armeniens und der Russischen Föderation festzustellen. [...]