VG Berlin

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Zitieren als:
VG Berlin, Beschluss vom 02.10.2009 - 9 L 452.09 A [= ASYLMAGAZIN 12/2009, S. 31] - asyl.net: M16123
https://www.asyl.net/rsdb/M16123
Leitsatz:

Aussetzung einer Dublin-Überstellung nach Griechenland wegen konkludenten Selbsteintritts, Ablauf der Überstellungsfrist und der neuen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.

Schlagwörter: Dublin II-VO, Dublinverfahren, Griechenland, vorläufiger Rechtsschutz, Bundesverfassungsgericht, Überstellungsfrist, Selbsteintritt
Normen: AsylVfG § 34a Abs. 2, AsylVfG § 27a, Dublin II-VO Art. 3 Abs. 2, Dublin II-VO Art. 19 Abs. 4
Auszüge:

[...]

Die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens sei von Griechenland auf die Bundesrepublik Deutschland durch einen konkludenten Selbsteintritt (Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO) übergegangen, da trotz einer Ablehnung des Eilantrags gegen eine Überstellung nach Griechenland am 3.12.2008 das Bundesamt der Ausländerbehörde für eine Rückschiebung bis September 2009 "keine Erlaubnis" gegeben hatte. Da nach dem 4. Erwägungsgrund eine rasche Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats erfolgen soll, um den effektiven Zugang zum Asylverfahren zu ermöglichen, spreche dies für eine Übernahmeerklärung im Rahmen eines Selbsteintritts.

Darüber hinaus sei die Überstellungsfrist nach Art. 19 Abs. 4 Dublin II-VO abgelaufen. Unerheblich sei, ob der Antragsteller untergetaucht war; entscheidend sei, dass sich die Überstellungsfrist im Falle eines Untertauchens nicht automatisch verlängere, sondern es hierzu einer Ermessensentscheidung über das "ob" und die Dauer der Verlängerung der Überstellungsfrist bedürfe. Die bloße Information des anderen Mitgliedstaats genüge nicht. Vorliegend habe das Bundesamt die zuständigen griechischen Stellen lediglich am 19.9.2009 mit einem Formblatt über das Untertauchen des Antragstellers informiert. Dies stelle keine Ermessensentscheidung dar, die auch sonst nicht aus den Akten ersichtlich sei.

Schließlich wäre eine Überstellung nach Griechenland auch mit Blick auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 8.9.2009 (2 BvQ 56/09) fehlerhaft. Die Kammer schließe sich insoweit dem VG Minden (Beschluss vom 10.9.09, 9 L 474/09.A) an. [...]