VG Arnsberg

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Zitieren als:
VG Arnsberg, Beschluss vom 30.11.2009 - 13 L 713/09.A - asyl.net: M16252
https://www.asyl.net/rsdb/M16252
Leitsatz:

Aussetzung einer Dublin-Überstellung nach Griechenland für die Dauer von 6 Monaten (Änderung der Rechtsprechung).

Schlagwörter: Dublinverfahren, Dublin II-VO, Griechenland, vorläufiger Rechtsschutz
Normen: VwGO § 123 Abs. 1, AsylVfG § 27a
Auszüge:

[...]

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat Erfolg. Die Voraussetzungen nach § 123 Abs. 1 VwGO liegen vor. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch sind glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO, § 920 ZPO).

Einen Anordnungsgrund hat der Antragsteller glaubhaft gemacht, denn es droht seine Abschiebung nach Griechenland. Es ist zu befürchten, dass die zuständige Ausländerbehörde kurzfristig Maßnahmen zur Abschiebung ergreift, so dass es dem Antragsteller dann unmöglich ist, angemessenen Rechtsschutz zu erreichen.

Ebenso hat der Antragsteller einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Aus Gründen der Einheitlichkeit der Rechtsprechung gibt das erkennende Gericht seine bisherige Rechtsprechung auf und schließt sich dem Bundesverfassungsgericht (vgl. dessen Beschluss vom 11. August 2009 . - 2 BvR 56/09 -, sowie dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen an (vgl. dessen Beschluss vom 7. Oktober 2009 - 8 B 1433/09.A -).

Danach liegen ernst zu nehmende Anhaltspunkte dafür vor, dass in Griechenland die flüchtlingsrechtlichen Gewährleistungen und die asylverfahrensrechtliche Praxis nicht an den Standard heranreichen, den der nationale Gesetzgeber bei Einfügung des § 27 a AsylVfG vor dem Hintergrund der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben der Richtlinie 2004/83/EG (sog. Qualifikationsrichtlinie) bei dem nach der Dublin II-VO zuständigen Mitgliedsstaat als gegeben vorausgesetzt hat. Im Einzelnen bedarf dies der Prüfung in einem gerichtlichen Hauptsacheverfahren. Zur Durchsetzung der Gewährleitung bedarf es daher ausnahmsweise der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Dem Gericht erscheint es angemessen, die erlassene Anordnung entgegen dem zeitlich unbegrenzt gestellten Antrag auf die Dauer von sechs Monaten zu begrenzen. Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass in diesem Zeitraum die Erkenntnislage durch Einholung von Gutachten und Auskünften in einem gerichtlichen Verfahren eine bessere Beurteilung der Lage in Griechenland gestattet. [...]