VG Osnabrück

Merkliste
Zitieren als:
VG Osnabrück, Beschluss vom 19.11.2009 - 5 B 114/09 - asyl.net: M16259
https://www.asyl.net/rsdb/M16259
Leitsatz:

Auch nach Inkrafttreten des Deutsch-Syrischen Rückführungsabkommens bestehen bislang keine tragfähigen Anhaltspunkte für eine generelle Gefährdung aller kurdischen Volkszugehörigen bei ihrer Rückführung. (Amtlicher Leitsatz)

Schlagwörter: Syrien, vorläufiger Rechtsschutz, einstweilige Anordnung, Wiederaufnahme des Verfahrens, Abschiebungshindernis, staatenlos, Maktumin, Deutsch-Syrisches Rückführungsabkommen, Kurden
Normen: AsylVfG § 71 Abs. 5 S. 1, VwGO § 123, AsylVfG § 71 Abs. 5 S. 2, AufenthG § 60a Abs. 5 S. 4, AufenthG § 60 Abs. 5, EMRK Art. 3, AufenthG § 60 Abs. 2
Auszüge:

[...]

Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Zur Begründung wird auf die zutreffenden Ausführungen im Bescheid der Antragsgegnerin vom 23.09.2009 Bezug genommen, denen die Kammer folgt, § 77 Abs. 2 AsylVfG (zur Anwendbarkeit der Norm auf Beschlüsse vgl. BT-Drs. 12/2062, S. 40 f.). Das Vorbringen der Antragsteller im anhängigen Hauptsacheverfahren - 5 A 251/09 - rechtfertigt keine andere Entscheidung. Soweit die Antragsteller dort pauschal auf die nach ihrer Auffassung diskriminierende und menschenunwürdige Situation der nicht registrierten Kurden yezidischer Glaubenszugehörigkeit in Syrien verweisen, ist in der Rechtsprechung der Kammer und des Nds. Oberverwaltungsgerichtes (vgl. jüngst: Urteil des 2. Senates vom 24. März 2009 - 2 LB 643/07 -, juris) geklärt, dass kurdische Yeziden in Syrien keiner Gruppenverfolgung unterliegen und zu ihren Gunsten auch keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG greifen. Es ist daher nicht ersichtlich, warum die Abschiebung der staatenlosen Antragsteller, wie diese pauschal geltend machen, gegen Art. 3 EMRK i.V.m. § 60 Abs. 5 AufenthG verstoßen sollte. Dass den Antragstellern in Syrien aus individuellen Gründen die Gefahr von Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe im Sinne des § 60 Abs. 2 AufenthG droht, haben sie weder dargelegt noch glaubhaft gemacht. Soweit sie weiter bemängeln, ihnen werde über Jahre hinweg die Integration in Deutschland verweigert, ihnen werde insbesondere die begehrte Beschäftigungserlaubnis versagt, müssen sie sich auf die Ausführungen der Kammer in ihrem Beschluss vom 11. Juni 2008 - 5 A 70/08 - und das im selben Verfahren ergangene Urteil vom 23.03.2009 sowie auf die Ausführungen in dem Beschluss des Nds. Oberverwaltungsgerichts vom 18.12.2008 - 2 PA 509/08 - über die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe verweisen lassen. Das vorliegende asylrechtliche Verfahren ist zur (erneuten) Klärung ausländerrechtlicher Fragen nicht geeignet.

Soweit sich die Antragsteller schließlich auf die Ausführungen der Kammer in ihrem Beschluss vom 07.10.2009 (a.a.O.) zur Gefährdung kurdischer Volkszugehöriger bei einer zwangsweisen Rückführung aufgrund des RückFühAbk sowie den dort zitierten Fall des Herrn N. berufen, verkennen sie, dass die Kammer in dem Verfahren 5 B 94/09 aufgrund der vom Antragsteller substantiiert dargelegt und glaubhaft gemachten Umstände des Einzelfalls das Erfordernis weiterer Sachverhaltsaufklärung im Hauptsacheverfahren angenommen hat. Keinesfalls lässt sich aus dem Beschluss der Kammer vom 07.10.2009 herleiten, dass generell alle kurdischen Volkszugehörigen im Falle ihrer Rückführung auf Grundlage des RückFühAbk einer Gefahr i.S.d. § 60 Abs. 2 AufenthG mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit unterliegen. Auf die Formulierungen "Der Antragsteller hat ... konkret dargelegt, dass kurdischen Rückkehrern nach Syrien ... drohen kann," und weiter "Der Vortrag des Antragstellers und die von ihm angebotenen Beweismittel begründen jedenfalls ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung, ..." wird insoweit verwiesen (Beschluss der Kammer vom 07.10.2009, a.a.O., BA S. 3, 3. Absatz und 4. Absatz, Satz 3). Der vorliegende Sachverhalt weist mehrere Unterschiede zu dem von der Kammer mit Beschluss vom 07.10.2009 entschiedenen Fall auf. Die Antragsteller sind zum einen sog. Maktumin. Sie haben insoweit nicht dargelegt und glaubhaft gemacht, die Voraussetzungen einer Rückführung nach diesem Abkommen überhaupt erfüllen zu können (vgl. die obigen Ausführungen zum fehlenden Anordnungsgrund). Insoweit gilt für die Antragsteller aller Voraussicht nach weiter der Grundsatz, dass sie die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft schon deshalb nicht beanspruchen können, weil ihnen eine Wiedereinreise nach Syrien - sei es freiwillig oder im Wege der Abschiebung - nicht möglich ist und weil das Wiedereinreiseverbot seinerseits nicht auf einem der in § 60 Abs. 1 AufenthG genannten Merkmale beruht (näher dazu: Nds. OVG, Urteil vom 24.03.2009, a.a.O., m.w.N.). Andererseits haben sich die Antragsteller während der Dauer ihres Aufenthalts in Deutschland nicht exilpolitisch betätigt, sodass keinerlei Anhaltspunkte dafür erkennbar sind, dass sie bei der Einreise nach Syrien durch den syrischen Geheimdienst über den Grund ihres Auslandsaufenthalts und ihrer Abschiebung hinaus auch hinsichtlich ihrer Aktivitäten in Deutschland und ihren Kontakten zu anderen exilpolitisch aktiven Kurden befragt bzw. verhört und ggf. sogar inhaftiert und misshandelt werden könnten. [...]