OVG Saarland

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Zitieren als:
OVG Saarland, Beschluss vom 08.12.2009 - 3 A 354/09 [= ASYLMAGAZIN 2010, S. 77] - asyl.net: M16366
https://www.asyl.net/rsdb/M16366
Leitsatz:

Keine Gruppenverfolgung von Yeziden in Syrien, nur gelegentlich anzutreffende gesellschaftliche Benachteiligungen. Bei dem Yezidischen Forum e.V. ist die Gefahr einer interessenorientierten Betrachtungsweise nicht auszuschließen.

Schlagwörter: Yeziden, Syrien, Gruppenverfolgung, Verfolgungsdichte, Yezidisches Forum e.V., religiöse Verfolgung
Normen: AufenthG § 60 Abs. 7
Auszüge:

[...]

Nach der bisherigen Senatsrechtsprechung unterliegen Yeziden in Syrien ungeachtet einzelner moslemischer Übergriffe sowie im täglichen Leben zu verzeichnender Diskriminierungen mangels Verfolgungsdichte weder einer unmittelbaren noch einer mittelbaren Gruppenverfolgung (vgl. u.a. Urteil des Senats vom 28.5.1999 - 3 R 74/98 - sowie Beschlüsse vom 11.3.2002 - 3 Q 47/01 - und vom 9.5.2005 - 3 Q 15/04 -).

Dies entspricht auch der einhelligen jüngeren obergerichtlichen Rechtsprechung, die eine Gruppenverfolgung der Yeziden in Syrien weiterhin verneint (vgl. etwa OVG Lüneburg, Grundsatzurteil vom 17.7.2007 - 11 LB 332/03 - (dazu auch BVerwG, Beschluss vom 23.4.2008 - 10 B 156.07 - und BVerfG, Beschluss vom 3.7.2008 - 2 BvR 1083/08 -) sowie Urteil vom 24.3.2009 - 2 LB 643/07 - und Beschlüsse vom 7.6.2007 - 2 LA 416/07 - und vom 13.11.2008 - 11 LA 174/08 -; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 30.1.2008 - 3 L 75/06 -; HessVGH, Urteil vom 22.6.2006 - 3 UE 1678/03.A -; BayVGH, Beschluss vom 8.10.2003 - 19 ZB 01.30244 - sowie Urteil vom 1.9.2003 - 19 B 99.32044 -; jeweils dokumentiert bei Juris).

Auch aus dem jüngsten Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 9.7.2009 - 508-516.80/3 SYR - geht hervor, dass es in Syrien keine staatliche Verfolgung aus religiösen Gründen gibt. Dies gelte auch für die Yeziden. Aufgrund ihrer in der Regel schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse sei jedoch der Auswanderungsdruck bei Mitgliedern dieser Religionsgemeinschaft sehr hoch. Zudem gebe es in vielen westlichen Ländern (u.a. auch in Deutschland) bereits funktionierende yezidische Glaubensgemeinschaften, die bereit seien, andere Yeziden zumindest in der ersten Zeit im fremden Land beizustehen. Zu den wirtschaftlichen Abwanderungsmotiven komme eine gelegentlich anzutreffende gesellschaftliche Benachteiligung der Angehörigen des yezidischen Glaubens hinzu. Auch wenn der straff geführte Einheitsstaat Syrien keine nicht-staatliche Gewaltausübung toleriere, sei er nicht in der Lage, Benachteiligungen im alltäglichen Leben vollständig zu verhindern. Übergriffe durch nicht-staatliche Akteure könnten im Einzelfall vorkommen (konkrete Vorfälle werden jedoch nicht angeführt). Mit Ausnahme eines mangelnden effektiven staatlichen Schutzes gegen sog. "Ehrverbrechen" in der Familie würden Gewalt- und Tötungsdelikte ansonsten aber verfolgt.

Die von der Klägerin vorgelegte Stellungnahme des Yezidischen Forums e.V. vom 3.7.2009 bietet keinen Anlass zu einer anderen Einschätzung.

Bei der Bewertung der Stellungnahme kann zunächst nicht unberücksichtigt bleiben, dass es sich bei dieser Organisation um einen Zusammenschluss von Yeziden aus Oldenburg und Umgebung handelt, dessen Ziel "die Aufrechterhaltung und Wertvermittlung der religiösen und kulturellen Inhalte sowie Werte und Bräuche unter yezidischen Gesellschaftsformen in der Diaspora" ist (vgl. die lnternetveröffentlichung unter www.yezidi.org/28.98.html) und von daher die Gefahr einer interessenorientierten Betrachtungsweise nicht auszuschließen ist. [...]