LG Braunschweig

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Zitieren als:
LG Braunschweig, Beschluss vom 30.12.2009 - 3 T 726/09 (020) - asyl.net: M16465
https://www.asyl.net/rsdb/M16465
Leitsatz:

Rechtswidrigkeit der Abschiebungshaft wegen fehlender Anhörung.

Schlagwörter: Abschiebungshaft, Anhörung, Sicherungshaft, einstweilige Anordnung
Normen: FEVG § 7 Abs. 1, FEVG § 7 Abs. 3, FGG § 19, FGG § 22, FEVG § 11, FEVG § 5 Abs. 1, FEVG § 6 Abs. 1, AufenthG § 62 Abs. 2 Nr. 1
Auszüge:

[...]

Der Beschluss vom 07.09.2009 erging ohne mündliche Anhörung des Betroffenen. Es ist dem Beschluss nicht zu entnehmen, ob das Amtsgericht die Voraussetzungen von Gefahr im Verzug angenommen hat, eine dementsprechende Begründung fehlt vollständig. Die Begründung ist jedoch gemäß § 6 Abs. 1 FEVG erforderlich. Das Gesetz sieht regelmäßig die Ladung eines Betroffenen, dem die Freiheit entzogen werden soll, zur persönlichen Anhörung vor. Erst wenn er einer solchen Ladung nicht folgt, kann seine Vorführung angeordnet werden, § 5 Abs. 1 S. 2 FEVG. Deshalb kann Gefahr in Verzug auch nicht allein damit begründet werden, dem Betroffenen werde durch die Ladung der Haftantrag der Ausländerbehörde bekannt, so dass die Möglichkeit bestehe, er werde sich seiner Verhaftung entziehen. Für eine solche Annahme bedarf es konkreter Anhaltspunkte (vgl. Kammergericht, Beschluss vom 18.11.2008 - 1 W 275/08, FGPrax 2009. 86, zitiert nach juris). Solche Anhaltspunkte lagen hier nicht vor. Der Betroffene hat über seinen Verfahrensbevollmächtigten von sich aus Kontakt zur Stadt Salzgitter aufgenommen mit dem Ziel, eine Duldung zu erreichen, da er die deutsche Staatsangehörige ... heiraten wollte. Dabei hat der Verfahrensbevollmächtigte mitgeteilt, dass die Korrespondenz mit dem Betroffenen über seine Kanzlei geführt werden könne. Zusätzlich hat der Betroffene im Rahmen seiner Anhörung am 07.09.2009 bei der Stadt Salzgitter angegeben, dass er unter der Anschrift seiner Freundin ... wohne. Der Betroffene war somit sowohl für die Stadt Salzgitter als auch für das Amtsgericht erreichbar. Vor diesem Hintergrund war davon auszugehen, dass der Betroffene sich dem Verfahren stellen werde. Unter diesen Voraussetzungen war der Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 11 FEVG ohne die dazugehörige vorherige Anhörung und ohne ausreichende Begründung des Beschlusses rechtswidrig. [...]