VG Göttingen

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Zitieren als:
VG Göttingen, Urteil vom 26.01.2010 - 4 A 45/09 - asyl.net: M16620
https://www.asyl.net/rsdb/M16620
Leitsatz:

Verurteilung zur Streichung einer Wohnsitzauflage bei Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG.

Schlagwörter: Wohnsitzauflage, Nebenbestimmung, Aufenthaltserlaubnis, Zustimmung
Normen: AufenthG 12 Abs. 2, AufenthG § 23 Abs. 3, AufenthG § 24 Abs. 5, AufenthG § 23 Abs. 1
Auszüge:

[...]

Der Bescheid des Beklagten vom 6. Juni 2008 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Sie kann die Aufhebung/Streichung der vom Beklagten auf der Grundlage der §§ 12 Abs. 2 S. 2, 23 Abs. 3, 24 Abs. 5 AufenthG verfügten Wohnsitzauflage beanspruchen (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO). Für die im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung maßgebende Sach- und Rechtslage ist zwischenzeitlich auf die allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz des Bundesministeriums des Inneren vom 26. Oktober 2009 (VV AufenthG) abzustellen, die die niedersächsische vorläufige Verwaltungsvorschrift vom Aufenthaltsgesetz ersetzt hat. Danach bedarf es für eine Streichung oder Änderung der wohnsitzbeschränkenden Auflage zur Ermöglichung eines dem Zuständigkeitsbereich der Ausländerbehörde überschreitenden Wohnortwechsels der vorherigen Zustimmung der Ausländerbehörde des Zuzugsortes (Nr. 12.2.5.2.4 Satz 1 der VV AufenthG). Die betreffende Zustimmung ist, soweit die Auflage aus den unter Nr. 12.2.5.2.2 genannten Gründen verfügt wurde (was vorliegend einschlägig ist), zu erteilen, wenn der Lebensunterhalt am neuen Wohnort auch für alle Familienangehörigen voraussichtlich dauerhaft ohne die Inanspruchnahme von Leistungen nach SGB II oder XII oder dem Asylbewerberleistungsgesetz gesichert ist oder wenn das für die Sicherung des Lebensunterhalts erforderliche Einkommen um bis zu zehn Prozent unterschritten wird (Nr. 12.2.5.2.4.1 Sätze 1 und 3 VV AufenthG). Darüber hinaus ist die Zustimmung - unabhängig von der Sicherung des Lebensunterhaltes oder den genannten migrations- und integrationspolitischen Interessen - zu erteilen, wenn mindestens eine der folgenden Voraussetzungen vorliegt:

Der Umzug dient der Herstellung der familiären Lebensgemeinschaft zwischen Ehe- bzw. Lebenspartnern sowie Eltern und ihren minderjährigen Kindern, die über eine Aufenthaltserlaubnis nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des AufenthG verfügen. (Nr. 12.2.5.2.4.2 VV AufenthG).

Im vorliegenden Fall kann die Klägerin ihr Verpflichtungsbegehren bereits auf die vorgenannte ermessensbindende Nr. 12.2.5.2.4.1 VV AufenthG stützen, da sie den maßgeblichen Unterhalt für sich und ihre Tochter durch eigene Erwerbstätigkeit sichert. Dies hat sie durch die vorgelegten Verdienstbescheinigungen und die nachgewiesene Einzugsberechtigung für die von ihr genutzte Wohnung in Offenbach belegt. Insoweit ist nach der neuen VV AufenthG die Zustimmung der Beigeladenen zur Streichung der Wohnsitzauflage zu erteilen, die durch das zusprechende Urteil ersetzt wird.

Soweit die Beigeladene meint, der Zustimmungserteilung stehe auch eine nicht angemessene Wohnraumausstattung in Offenbach entgegen, so sieht die neue VV AufenthG solche Erwägungen nicht vor. Unabhängig davon kann diesem Vorbringen auch in der Sache nicht gefolgt werden. Die Klägerin findet offenkundig in der mit Familienangehörigen des Vaters ihrer Tochter gemeinsam genutzten Wohnung ausreichende Unterkunft für sich und ihre Tochter. Es fehlt auch an jeglichen tragfähigen Anhaltspunkten dafür, dass etwa die Tochter der Klägerin dort keine angemessene Wohnraumausstattung findet. Vielmehr gilt es festzuhalten, dass die Tochter der Klägerin durch die dort wohnenden Familienmitglieder des Kindesvater betreut und versorgt wird, wenn die Klägerin ihrer Erwerbstätigkeit nachgeht.

Da die Klägerin seit Mitte 2008 kontinuierlich einer Erwerbstätigkeit im Raum Offenbach nachgeht, nachdem ihr dies in Northeim und Umgebung nicht erfolgreich möglich gewesen ist, gibt es keine Gründe, auf einer Wohnsitzauflage für den Landkreis Northeim zu bestehen. Das Ermessen des Beklagten im Rahmen des § 12 Abs. 2 AufenthG ist bereits deshalb im Sinne einer Streichung der streitbefangenen Wohnsitzauflage auf Null reduziert.

Angesichts dessen lässt das Gericht dahinstehen, ob die Klägerin ihr Verpflichtungsbegehren auch erfolgversprechend auf die momentanen Besuchskontakte zu dem inhaftierten Kindesvater stützen könnte (über Nr. 12.2.5.2.4.2. VV AufenthG oder allgemein Art. 6 GG, 8 EMRK). [...]