LG Frankfurt/Oder

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Zitieren als:
LG Frankfurt/Oder, Beschluss vom 11.01.2010 - 15 T 96/09 - asyl.net: M16680
https://www.asyl.net/rsdb/M16680
Leitsatz:

Ein Minderjähriger kann zur Sicherung seiner Abschiebung nur dann in Haft genommen werden, wenn das Verfassungsgebot der Verhältnismäßigkeit gewahrt ist. Dies setzt voraus, dass anderweitige Sicherungsmaßnahmen, etwa die Unterbringung in einer Jugendeinrichtung, Meldeauflagen oder die räumliche Beschränkung des Aufenthaltsortes, nicht zur Verfügung stehen. Fehlt es an einer solchen Darlegung, so ist davon auszugehen, dass die Verwaltung die erforderliche Prüfung unterlassen hat und dass daher die Haftvoraussetzungen derzeit nicht vorliegen.

Schlagwörter: Abschiebungshaft, Zurückschiebungshaft, Zurückschiebung, minderjährig, Verhältnismäßigkeit, Feststellungsinteresse, Bundespolizei
Normen: AufenthG § 106 Abs. 2 S. 1, FEVG § 7 Abs. 1, FGG § 22 Abs. 1, GG Art. 19 Abs. 4, AufenthG § 71 Abs. 3
Auszüge:

[...]

Die Anordnung der Haft zu Sicherung der Zurückschiebung des zum Zeitpunkt des Haftantrages erst 16 Jahre alten Betroffenen war aber zu Unrecht erfolgt.

Ein Minderjähriger kann zur Sicherung seiner Abschiebung nur dann in Haft genommen werden, wenn das Verfassungsgebot der Verhältnismäßigkeit gewahrt ist. Dies setzt voraus, dass anderweitige geeignete Sicherungsmaßnahmen, etwa die Unterbringung in einer Jugendeinrichtung, Meldeauflagen oder die räumliche Beschränkung des Aufenthaltsortes, nicht zur Verfügung stehen. Dies hat die Behörde vor Stellung des Haftantrages zu prüfen und in ihrem Antrag ausführlich darzulegen, warum solche Mittel nicht zur Verfügung stehen oder ungeeignet sind.

Fehlt es hieran, so ist davon auszugehen, dass die Verwaltung die erforderliche Prüfung unterlassen hat und dass daher die Haftvoraussetzungen derzeit nicht vorliegen (OLG Köln, NVwZ 2003, Beilage Nr. 1, 64; OLG Braunschweig, InfAuslR 2004, 119; OLG München, InfAuslR 2005, 264; OLG Frankfurt, Beschl. v. 15.5.2006, 20 W 124/06; zit. n. Juris). [...]