In der Türkei würde der psychisch schwer kranke Kläger keine zureichende Behandlung erhalten, weshalb ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG vorliegt.
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Erfolg hat die Klage hingegen, soweit der Kläger sich in seinem weiteren Hilfsantrag auf § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG beruft. Danach soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für ihn eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Die Vorschrift erfasst ausschließlich zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote. Damit besteht insbesondere bei psychischen Erkrankungen die Notwendigkeit der Abgrenzung zu einem inlandsbezogenen Vollstreckungshindernis. Die Verschlechterung einer bestehenden körperlichen oder seelischen Erkrankung im Zielstaat der Abschiebung kann ein Verbot begründen (BVerwG, Urt. v. 25.11.1997. InfAuslR 1998, 189 zu § 53 Abs. 6 Satz 1 Ausländergesetz - AuslG - 1990). Erforderlich ist für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, dass sich "die vorhandene Erkrankung des Ausländers aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen konkreten Gefahr für Leib und Leben führt", was bedeutet, dass eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers drohen muss (BVerwG, Urt. v. 17. Oktober 2006, DVBl. 2007, 254). Im Rahmen der dabei zu stellenden Prognose sind alle zielstaatsbezogenen Umstände zu berücksichtigten, die zu einer Verschlimmerung der Erkrankung führen können.
Das Gericht ist aufgrund der vorgelegten fachärztlichen Bescheinigungen und Gutachten davon überzeugt, dass der Kläger jedenfalls an einer paranoiden Psychose leidet, welche einer weiteren regelmäßigen psychologischen Behandlung bedarf. Zu diesem Ergebnis kommt insbesondere der den Kläger behandelnde Arzt, Herr ..., in seinen o.g. aktuellen Stellungnahmen. Bei diesem Arzt handelt es sich auch um einen Facharzt, so dass das Gericht keinen Anlass hat, an der Richtigkeit dieser Stellungnahmen und Einschätzungen und damit am Bestehen der psychischen Erkrankung des Klägers zu zweifeln. Die Äußerungen sind schlüssig und widerspruchsfrei. Es besteht für das Gericht kein Anlass, ein weiteres Gutachten einzuholen.
Bestätigt sieht sich das Gericht ferner durch das psychiatrische Gutachten des Landkreises Hameln-Pyrmont vom 11. Oktober 2007, in dem dem Kläger insoweit übereinstimmend mit der Diagnose von Herrn ... bereits eine schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen bescheinigt wurde.
Die schwere psychische Störung des Klägers würde sich im Falle seiner Abschiebung in die Türkei verschlimmern, weil sie dort keine zureichende Behandlung erführe (BVerwG, Urteil vom 25. November 1997, Az.: 9 C 58.96). Zwar sind psychiatrische Behandlungen auch in der Türkei ohne Weiteres möglich (vgl. zum Ganzen Nr. IV des Lageberichts Türkei des Auswärtigen Amtes vom 29. Juni 2009 nebst der dortigen Anlage II). Mittels der sogenannten Grünen Karte ist auch für Mittellose eine kostenlose Behandlung in den psychiatrischen Kliniken des Staatlichen Gesundheitssystems der Türkei möglich (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, a.a.O.). Allerdings wird der aktuelle Zustand des Klägers in der Stellungnahme von Herrn ... vom 08. Dezember 2009 als labil beschrieben. Neben einer sicherlich in der Türkei zu erlangenden medikamentösen Behandlung bedarf es danach zur Vermeidung einer lebensgefährlichen Verschlechterung auch einer stabilen unveränderten häuslichen Umgebung. Unter diesen Umständen ist eine erfolgreiche Therapie der Erkrankung des Klägers und der damit zusammenhängenden Suizidalität nur außerhalb der Türkei in einer beruhigten und auf Sicherheit gründenden Lebenssituation mit geklärtem Aufenthaltsstatus nach einer psychotherapeutischen Behandlung möglich. Zwar mag die somit zu befürchtende Verschlimmerung des psychischen Zustandes des Klägers im Falle einer Rückkehr in die Türkei auch durch seine individuelle Konstitution mitbedingt sein, hierauf kommt es jedoch nicht an (vgl. BVerwG, ebd.). Entscheidend ist allein, dass die Gründe für die dem Kläger ernsthaft drohenden Gefahren, die bis zu einer Lebensgefährdung in Folge Suizidgefahr führen könnten, auf die Bedingungen in der Türkei zurückgeführt werden müssen. [...]