VG Köln

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Zitieren als:
VG Köln, Beschluss vom 20.11.2009 - 19 K 4814/07.A - asyl.net: M16726
https://www.asyl.net/rsdb/M16726
Leitsatz:

Keine erhebliche und nicht nur vorübergehende Änderung der tatsächlichen Verhältnisse in Togo mit der Folge hinreichender Sicherheit vor erneuter Verfolgung; der Widerrufsbescheid wird aufgehoben.

Schlagwörter: Widerruf, Widerrufsverfahren, Togo, Exilpolitik
Normen: AsylVfG § 73 Abs. 1 S. 1
Auszüge:

[...]

Im vorliegenden Fall ist ein Widerruf der Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG nicht gerechtfertigt, weil sich im maßgebenden Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) die Sach- und Rechtslage in Bezug auf Togo nicht in entscheidungserheblicher Weise geändert hat. Dem Kläger war die Rechtsposition nach § 51 Abs. 1 AuslG zuerkannt worden, weil ihm nach den Feststellungen des Bundesamtes im Bescheid vom 21. Januar 2004 bzw. nach den Darlegungen im Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen vom 25. November 2003 - 4 K 1035/99.A - im Falle einer Rückkehr nach Togo mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr politischer Verfolgung aufgrund seiner exilpolitischen Tätigkeiten in Deutschland drohte. Diese Gefährdungslage hat sich zur Überzeugung der Kammer bislang nicht derart verändert, dass dem Kläger aus diesem Grunde drohende Verfolgungsmaßnahmen im Falle seiner Rückkehr in sein Heimatland auf absehbare Zeit mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen sind.

Zur Entwicklung der allgemeinen politischen Lage in Togo und zur dortigen Menschenrechtssituation hat das Verwaltungsgericht Aachen in seinem Urteil vom 21. September 2009 - 5 K 1342/07.A - (juris) Folgendes ausgeführt: [...]

Die Kammer folgt diesen überzeugenden Ausführungen; die Beklagte hat nichts vorgetragen, was eine solche Würdigung ernsthaft in Frage stellt.

Ergänzend wird insbesondere zu dem - eher angespannten und labilen - Verhältnis der Regierung und der Regierungspartei RPT zu den parlamentarischen und außerparlamentarischen Oppositionsparteien darauf hingewiesen, dass nach der Bekanntgabe der Wahl von Lardja Henri Kolani (PDR - außerparlamentarische Opposition) zum Vorsitzenden der Wahlkommission (CENI) die parlamentarische Opposition (V./D.) diese Wahl aufgrund behaupteter unrechtmäßiger Vorgehensweise nicht anerkennt und seither die Sitzungen der Wahlkommission boykottiert. Mitglieder der V. demonstrierten am 26. September 2009 gegen die Wahl des Vorsitzenden; Mitglieder der CAR hatten sich aufgrund einer Empfehlung des burkinischen Staatspräsidenten einer Teilnahme an dieser Veranstaltung enthalten (vgl. Hanns-Seidel-Stiftung, Quartalsbericht 03 - 2009 (Togo)).

Nach Einschätzung ausländischer Beobachter ist zudem noch völlig unklar, ob und inwieweit die Vorbereitungen zu den Präsidentschaftswahlen im Februar 2010 und die Wahlen selbst friedlich verlaufen werden. Bislang haben sich einzig die CAR als parlamentarische Oppositionspartei klar und deutlich für Gewaltverzicht ausgesprochen; für die V. ist fraglich, ob sie sich mit friedlichen Protesten zufrieden geben wird (vgl. Konrad-Adenauer-Stiftung, Brüderkrieg in Togo (Mai 2009)).

Auch der Umgang mit dem - oben beschriebenen - Versuch eines Staatsstreichs durch den Halbbruder des Präsidenten - Kpatcha Gnassingbé - und die Aufarbeitung des Prozesses vor den Wahlen wird Aufschluss darüber geben, ob sich das System wirklich und nachhaltig verändert hat. Dabei wird von Bedeutung sein, ob es eine transparente und nachvollziehbare Auseinandersetzung mit den Ereignissen gibt, welchen Haftbedingungen Kpatcha und seine Anhänger ausgesetzt sind und ob die Öffentlichkeit objektiv über den Stand des Prozesses informiert wird. Gerade an einer umfassenden Information der Öffentlichkeit und einer Transparenz des Verfahrens bestehen begründete Zweifel, weil unmittelbar nach dem Putschversuch alle interaktiven Radiosendungen in Togo für drei Tage suspendiert wurden. Dies zeigt deutlich, dass Togo noch demokratische Defizite hat (vgl. Konrad-Adenauer-Stiftung, Brüderkrieg in Togo (Mai 2009)). [...]