In Marokko sind homosexuelle Handlungen zwar strafbewehrt; nach der aktuellen Auskunfts- und Erkenntnislage wird Homosexualität jedoch geduldet, solange sie nicht öffentlich gelebt wird, so dass für Homosexuelle bei diskreter Behandlung ihres Sexuallebens, wie dies im Übrigen in islamischen Ländern auch für Heterosexuelle üblich ist, keine Gefahr von Verfolgung besteht.
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In Anwendung dieser Grundsätze liegt im Falle des Klägers eine asyl- oder flüchtlingsrelevante Verfolgungslage im Sinne von Art. 16a GG bzw. § 3 AsylVfG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG nicht vor. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 77 Abs. 2 AsylVfG auf den angefochtenen Bescheid mit der Maßgabe Bezug genommen, dass die Schilderungen des Klägers auch nach Einschätzung des Einzelrichters im Kern jegliche präzisen Einzelheiten vermissen lassen und damit nicht hinreichend glaubhaft sind.
Dies betrifft zunächst die Ausprägung der vom Kläger behaupteten Homosexualität. Ob und inwieweit die Homosexualität für ihn identitätsprägend ist, kann aufgrund der bisherigen Einlassungen des Klägers nicht nachvollzogen werden. Dies gilt auch für das Kerngeschehen, also die Umstände des Bekanntwerdens der Homosexualität im Lebensumfeld des Klägers, die vorgeblichen Drangsalierungen durch die Nachbarschaft und der anschließende Wegzug aus dem Haus des Vaters, welche allesamt nur oberflächlich und vage beschrieben werden.
Weitere Erläuterungen sind auch im Laufe des Klageverfahrens nicht durch eine Schilderung nachprüfbarer bzw. lebensnaher Einzelheiten des persönlichen Erlebens erbracht worden. Vielmehr hat der Kläger zur Sache jegliche Klagebegründung vermissen lassen. Durch sein unentschuldigtes Fernbleiben von der mündlichen Verhandlung hat er zudem eine Vertiefung seines Vorbringens sowie dessen unmittelbare Prüfung durch das Gericht unmöglich gemacht.
Ungeachtet dessen kann für den Fall, dass man eine homosexuelle Neigung des Klägers einschließlich der geschilderten Drangsalierungen durch die Nachbarschaft als gegeben unterstellt, eine Verfolgungslage im Sinne von Art. 16a GG und § 60 Abs. 1 AufenthG des Klägers nicht angenommen werden. Staatliche Verfolgung hat der Kläger nach eigenem Vorbringen nicht erlitten. Eine solche steht auch nicht zu befürchten. Zwar sind homosexuelle Handlungen in Marokko strafbewehrt (Art. 489 des marokkanischen Strafgesetzbuchs). Dass staatliche Stellen von der vorgeblichen Homosexualität des Klägers Kenntnis erlangt oder gar konkrete Ermittlungen eingeleitet hätten, ist jedoch weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. In dem Zusammenhang ist einzustellen, dass nach der aktuellen Auskunfts- und Erkenntnislage Homosexualität in Marokko geduldet wird, solange sie nicht öffentlich gelebt wird, so dass dort für Homosexuelle bei diskreter Behandlung ihres Sexuallebens, wie dies im Übrigen in islamischen Ländern auch für Heterosexuelle üblich ist, keine Gefahr von Verfolgung besteht (Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Marokko vom 9. Oktober 2009, S. 16; Presseartikel aus der Zeitung "Die Welt" vom 28. März 2009: "De facto angewandt wird dieses Gesetz nicht, in den großen Städten leben gleichgeschlechtliche seit Jahren ohne Probleme zusammen"; vgl. auch VG München, Urteil vom 28. November 2007 - M 18 K 07.50325 -, juris).
Vor dem Hintergrund steht auch eine Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 4 Buchst, c) AufenthG nicht zu befürchten. Denn jedenfalls ist der Kläger auf die Möglichkeit des internen Schutzes gem. § 60 Abs. 1 Satz 5 AufenthG i.V.m. Art. 8 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes - Qualifikationsrichtlinie - zu verweisen. Danach benötigt ein Ausländer keinen internationalen Schutz, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung haben kann und von ihm vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort aufhält. Vorliegend ist davon auszugehen, dass der Kläger weitere Begegnungen mit der gewalttätigen Nachbarschaft in .... durch den Zuzug in einen anderen Landesteil oder einen anderen Stadtteil wird vermeiden können, zumal ihm letzteres nach eigenem Vorbringen bereits vor seiner Ausreise für einen Zeitraum von etwa fünf Monaten möglich war, ohne dass es zu weiteren Belästigungen gekommen wäre. Auch für die weiter zurückliegende Vergangenheit hat der Kläger nichts von weiteren vergleichbaren Vorfällen berichtet, obwohl er nach eigenem Bekunden bereits seit vier Jahren Homosexualität praktiziert. Insgesamt ist davon auszugehen, dass der Kläger bei Wahrung hinreichender Diskretion nicht mit Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen hat. Dass der Kläger ggf. gehalten sein wird, seine homosexuelle Veranlagung und Betätigung nicht nach außen hin bekannt werden zu lassen, sondern auf den Bereich seines engsten persönlichen Umfelds zu beschränken, ist nicht unzumutbar (vgl. Urteile der Kammer vom 14. September 2006 - 11 K 81/06.A -, vom 21. Februar 2008 - 11 K 2432/07.A - und vom 27. August 2009 - 11 K 1003/09.A -). [...]