LSG Nordrhein-Westfalen

Merkliste
Zitieren als:
LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 31.03.2010 - L 20 B 3/09 AY ER [= ASYLMAGAZIN 2010, S. 176 ff.] - asyl.net: M16929
https://www.asyl.net/rsdb/M16929
Leitsatz:

1. Kein Rechtsmissbrauch im Sinne von § 2 Abs. 1 AsylbLG, da die Antragsteller als Roma aus dem Kosovo unabhängig von ihrem Verhalten in der gesamten Zeit ihres Aufenthalts nicht hätten abgeschoben werden können.

2. Änderung der Rechtsprechung des Senats zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit Blick auf die Entscheidung des BVerfG v. 9.2.2010 (1 BvL 1/09, 3/09 und 4/09) zum Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums hinsichtlich der Regelsätze des SGB II. Der Senat sieht es als notwendig an, eine Verpflichtung zur Gewährung von Analogleistungen (§ 2 Abs. 1 AsylbLG) im einstweiligen Verfahrenbereits dann vorzunehmen, wenn der Anordnungsanspruch jedenfalls nicht deutlich ausgeschlossen erscheint und keine sonstigen besonders wichtigen Gründe des Einzelfalls dagegen sprechen.

Schlagwörter: Asylbewerberleistungsgesetz, Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, Rechtsmissbräuchliche Beeinflussung der Aufenthaltsdauer, Analogleistungen, Kosovo, Roma, vorläufiger Rechtsschutz, einstweilige Anordnung
Normen: AsylbLG § 2 Abs. 1, AsylbLG § 3, GG Art. 1 Abs. 1, GG Art. 20 Abs. 1, AsylbLG § 3 Abs. 2 S. 2, AsylbLG § 3 Abs. 3 S. 1
Auszüge:

[...]

Die Antragsteller begehren die Verpflichtung der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung, ihnen statt der gewährten Leistungen nach § 3 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) solche nach § 2 AsylbLG zu gewähren. [...]

1. Sofern die Antragsgegnerin erstinstanzlich die Ansicht vertreten hat, in einem Verfahren, in dem es um höhere Leistungen nach § 2 AsylbLG anstelle erbrachter Leistungen nach § 3 AsylbLG gehe, bestehe schon kein Anordnungsgrund, folgt der Senat dem in ständiger Rechtsprechung nicht (vgl. etwa Beschluss vom 06.08.2007 - L 20 B 50/07 AY ER). Denn besteht ein Anspruch auf sog. Analogleistungen nach § 2 AsylbLG, so soll damit (abgesehen von der weiterhin wie bei Leistungsbezug nach § 3 AsylbLG bestehenden Möglichkeit einer Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft; vgl. § 2 Abs. 2 AsylbLG) eine wirtschaftliche Gleichstellung mit Empfängern von Leistungen der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) erreicht werden. Jene Leistungen aber sichern allein das sog. soziokulturelle Existenzminimum; es ist jedoch einem Antragsteller bei bestehendem Anordnungsgrund regelmäßig nicht zuzumuten, für die Dauer des Hauptsachverfahrens, das sich unter Umständen über mehrere Jahre hinziehen kann, mit den deutlich geringeren Leistungen nach § 3 AsylbLG auszukommen, da diese das soziokulturelle Existenzminimum, welches den Leistungen nach dem SGB XII zugrundliegt, nicht gewährleisten können.

2.a) Den Antragstellern steht auch ein Anordnungsanspruch zur Seite. Insofern ist wegen des langjährigen Vorbezugs von Leistungen nach § 3 AsylbLG zwischen den Beteiligten einzig streitig, ob die Antragsteller die Dauer ihres Aufenthalts in Deutschland im Sinne von § 2 Abs. 1 AsylbLG selbst rechtsmissbräuchlich beeinflusst haben. Hierfür ist nach der Rechtsprechung des BSG, die bereits das Sozialgericht in seiner Entscheidung zutreffend referiert hat, ein sozialwidriges Verhalten mit objektiver und subjektiver Komponente erforderlich, welches das Ziel verfolgt, die Aufenthaltsdauer in Deutschland zu verlängern; dabei ist nach der Rechtsprechung des BSG ein einmal stattgehabtes rechtsmissbräuchliches Verhalten fortwirkend für die gesamte folgende Zeit des Verbleibs in Deutschland.

Ein solches rechtsmissbräuchliches Verhalten der Antragsteller lässt sich jedoch entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin bei summarischer Prüfung nicht mit der notwendigen Sicherheit erkennen:

Die Antragsteller stammen aus dem Kosovo, und es erscheint überwiegend wahrscheinlich, dass sie dort der ethnischen Minderheit der Roma angehört haben. Wenn die Antragsgegnerin insoweit darauf verweist, die Antragsteller hätten zunächst eine jugoslawische Staatsangehörigkeit angegeben, so spricht das nicht gegen eine Zugehörigkeit zum Volk der Roma. Denn das Kosovo gehörte bei Ausreise der Antragsteller zum damaligen Staat Jugoslawien, und es ist nichts dafür ersichtlich, dass dort lebende Roma als Bürger dieses damaligen Staates nicht die jugoslawische Staatsangehörigkeit hätten haben können. [...]

Im Übrigen sind die Antragsteller auch in einer in der Ausländerakte der Beklagten befindlichen Auskunft des ICMPD - IOM Kosovo Information Project vom 26.02.2002 von der vom dortigen Feldbüro befragten Person als Roma bezeichnet worden.

Dass sich die Antragsteller über lange Zeit nicht um die Beschaffung von Passpapieren gekümmert haben, steht einer Leistungserbringung im Sinne von § 2 Abs. 2 AsylbLG ebenfalls nicht entgegen (gleiches gilt, falls die Antragstellerin zu 2) ggf. widersprüchliche Angaben zu ihrem Geburtsnamen gemacht haben sollte.). Denn nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 17.06.2008 - B 8/9b AY 1/07 R) liegt eine rechtsmissbräuchliche Beeinflussung der Aufenthaltsdauer dann nicht vor, wenn ein Antragsteller auch ohne eine etwaige Vernichtung von Pässen in der gesamten Zeit des Aufenthalts in Deutschland hätte nicht abgeschoben werden können. Dass dies im Falle der Antragsteller so ist, ist jedoch überwiegend wahrscheinlich. Denn das Unterlassen einer freiwilligen Ausreise genügt nach der Rechtsprechung des BSG nicht, um das Merkmal der Rechtsmissbräuchlichkeit im Sinne von § 2 Abs. 1 AsylbLG auszufüllen. Eine zwangsweise Ausreise der Antragsteller als Roma wäre jedoch in der Vergangenheit nicht durchsetzbar gewesen. Ein Memorandum of Understanding vom 31.03.2003 zwischen der UNMIK und der Bundesrepublik Deutschland schloss Roma als Angehörige einer Minderheit mit abstrakt höherer Gefährdung von Rückführungen aus. Am 26.04.2005 wurde mit der UNMIK vereinbart, dass ab Mai 2005 wenige Roma in das Kosovo zurückgeführt werden könnten, die in Deutschland massiv straffällig geworden seien. Zwar sind nach dem derzeit aktuellsten Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kosovo vom 02.02.2009 (Stand: Januar 2009, dort zu IV.) die Kompetenzen in Rückführungsangelegenheiten von der UNMIK/UCRM auf das (kosovarische) Innenministerium rückübertragen worden, und dieser Vorgang sei durch Inkrafttreten einer Rückführungsstrategie am 01.01.2008 abgeschlossen worden. Deshalb seien abgeschlossene Memoranda of Understanding wirkungslos, und das Innenministerium prüfe jeweils die Herkunft einer Person aus dem Kosovo und teile das Ergebnis dem jeweils anfragenden Staat mit. Derzeit fänden Verhandlungen zwischen Deutschland und der Republik Kosovo über den Abschluss eines Rückführungsabkommens statt. Bis zum Abschluss eines solchen Abkommens blieben allerdings die mit UNMIK geschlossenen Memoranda of Understanding weiterhin Orientierungsrahmen für die Rückführung von Kosovaren aus Deutschland. Als Ausfluss der Kosovo-Krise seien trotz vieler Aufbautätigkeiten die Wiederherstellung bzw. Beschaffung von Wohnraum für die Rückkehrer u.a. der Gruppe der Roma problematisch. Obwohl die Bautätigkeit im gesamten Kosovo, vor allem in den Städten, voranschreite und Wohnraum vielerorts leer stehe, könnten Angehörigen der Minderheiten nur schwer privaten Wohnraum anmieten, da sie häufig nicht über ausreichende Mittel verfügten und als Mieter selten akzeptiert würden. Einen Sozialwohnungsbau gebe es nicht.

Bei summarischer Prüfung ergibt sich in der Gesamtschau, dass jedenfalls noch im Jahr 2008 eine zwangsweise Rückführung von Roma in das Kosovo noch problematisch gewesen wäre. Im Jahr 2008 lagen allerdings ausweislich der im Hauptsachverfahren S 16 AS 32/07 vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen für die Antragsteller zu 5 und 7 schon erhebliche gesundheitliche Einschränkungen vor, die bei summarischer Prüfung offensichtlich zur Bewertung des BAMF geführt haben, dass Abschiebungshindernisse im Sinne von § 60 Abs. 7 AufenthG vorlagen. Sind darüber hinaus jedenfalls massive Straftaten der Antragsteller, die eine ausnahmsweise Rückführung in das Kosovo erlaubt hätten, von der Antragsgegnerin nicht dargetan und aus den vorgelegten Ausländerakten nicht ersichtlich (dort im Wesentlichen für den Antragsteller zu 1 Fahren ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit Urkundenfälschung, Urkundenfälschung in Tateinheit mit versuchtem Betrug, gemeinschaftliches Vortäuschen einer Straftat, für die Antragstellerin zu 2 gemeinschaftliches Vortäuschen einer Straftat und Erschleichen von Leistungen), so ist insgesamt bei summarischer Prüfung ebenfalls davon auszugehen, dass die Antragsteller über den gesamten Zeitraum von 1996 entweder aus Gründen ihrer ethnischen Zugehörigkeit nicht hätten in das Kosovo abgeschoben werden können oder ab einem gewissen Zeitpunkt, in dem jedenfalls eine Rückführung noch nicht in Frage kam, aufgrund medizinischer Gegebenheiten bei den Antragstellern zu 5 und 7 als Familie insgesamt nicht hätten abgeschoben werden können.

Dann aber konnte eine fehlende Mitwirkung bei der Beschaffung von Passpapieren in der Vergangenheit jedenfalls nicht ursächlich für den Verbleib der Dauer in der Bundesrepublik sein. Eine Rechtsmissbräuchlichkeit im Sinne von § 2 Abs. 1 AsylbLG, die eine solche Kausalität aber voraussetzt (vgl. BSG, a.a.O., dort Rn. 43 f.), kann deshalb einstweilen nicht festgestellt werden.

2.b) Der Antragsgegnerin ist es auch zuzumuten, einstweilen die begehrten höheren Leistungen zu erbringen und etwa verbleibende Zweifel hinsichtlich der ethnischen Zugehörigkeit der Antragsteller und eines zwischenzeitlichen Bestehens eines hinreichenden Zeitfensters für eine Rückführung der Antragsteller in das Kosovo im Hauptsachverfahren endgültig zu klären. Der Senat weist insoweit darauf hin, dass diese Zumutbarkeit für die Antragsgegnerin um so mehr besteht, als im Anschluss an die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09, 3/09 und 4/09 das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 Grundgesetz (GG) jedem Hilfebedürftigen diejenigen materiellen Voraussetzungen zusichert, die für seine physische Existenz sowie für ein Mindestmaß an Teilnahme am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben unerlässlich sind (Leitsatz 1 nach JURIS). Dieses Grundrecht hat als Gewährleistungsrecht neben dem absolut wirkenden Anspruch aus Art. 1 Abs. 1 GG auf Achtung der Würde jedes Einzelnen eigenständige Bedeutung. Es ist dem Grunde nach unverfügbar und muss eingelöst werden, bedarf aber der Konkretisierung und der stetigen Aktualisierung durch den Gesetzgeber, der die zu erbringenden Leistungen an dem jeweiligen Entwicklungsstand des Gemeinwesens und der bestehenden Lebensbedingungen auszurichten hat, wobei ihm ein Gestaltungsspielraum zusteht (Leitsatz 2). Zur Ermittlung des Anspruchumfangs hat der Gesetzgeber alle existenznotwendigen Aufwendungen in einem transparenten und sachgerechten Verfahren realitätsgerecht sowie nachvollziehbar auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren zu bemessen (Leitsatz 3).

Zwar ist diese Entscheidung zum Grundsicherungsrecht nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) ergangen. Ein vom Bundesverfassungsgericht erkanntes Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums kann jedoch bei Herleitung aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG nicht davon abhängig gemacht werden, ob etwa derjenige, der sich auf dieses Grundrecht beruft, die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder sich in Deutschland mit einem gesicherten Aufenthaltsstatus aufhält. Ist das Grundrecht nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vielmehr dem Grunde nach unverfügbar und einzulösen, so stellt sich allenfalls die Frage, ob bei einer typischerweise unter das AsylbLG fallenden Lebenssituation Leistungsabstriche gegenüber einer Versorgung mit dem soziokulturellen Existenzminimum nach dem SGB II (oder nach dem SGB XII) gestattet sind. Insofern sieht bereits das geltende AsylbLG durch § 2 Abs. 1, dessen Anwendungsbereich im Laufe der Gesetzesgeschichte stets mit nachteiligen Auswirkungen für die betroffenen Leistungsberechtigten eingeengt worden ist (mehrfache Verlängerung der Vorbezugsfrist für Leistungen nach § 3 AsylbLG) eine Versorgung auf dem Niveau eines soziokulturellen Existenzminimums jedenfalls nach einem Vorbezug von Leistungen nach § 3 AsylbLG von (heute) 48 Monaten vor, wie sie die Antragsteller auch aufweisen. Zugleich erscheint in Ansehung der genannten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts die Leistungsregelung des § 3 AsylbLG jedenfalls verfassungsrechtlichen Zweifeln ausgesetzt. Denn die (auch von den Antragstellern bezogenen) Geldbetragsleistungen des § 3 Abs. 2 Satz 2 AsylbLG sind seit Einführung der Vorschrift im Jahre 1993 nicht erhöht worden, obwohl seither ein Anstieg der Verbraucherpreise um mehr als 23 % zu verzeichnen ist (vgl. www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Content/Statistiken/Zeitreihen/WirtschaftAktuell/Basisdaten/Content100/vpi101a.psml); schon 2007 lagen die Geldeistungen nach § 3 AsylbLG ca. 35 % niedriger als die Regelsätze nach dem SGB XII (vgl. Birk, in: LPK-SGB XII, 8. Aufl. 2008, § 3 AsylbLG Rn. 8). Gleichzeitig lagen die Leistungen nach § 3 Abs. 2 Satz 2 AsylbLG schon bei Inkrafttreten der Vorschrift im Jahre 1993 unterhalb dessen, was damals nach der gesetzlichen Wertung des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) als soziokulturelles Existenzminimum anzusehen war. Zwar mag es (was der Senat im vorliegenden Zusammenhang nicht entscheiden muss) auch nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts denkbar erscheinen, dass unter bestimmten Umständen, insbesondere für eine bestimmte, begrenzte Dauer und in Ansehung eines grundsätzlich nur vorübergehend angelegten Aufenthalts eines Asylbewerbers in Deutschland sich das soziokulturelle Existenzminimum für den betroffenen Personenkreis anders bemisst als dasjenige für den nach dem SGB II oder dem SGB XII versorgten Personenkreis. Sollte dies der Fall sein, gestattete es dem Gesetzgeber jedoch nicht, Leistungen für Asylbewerber nach § 3 Abs. 2 Satz 2 AsylbLG beliebig, d.h. ohne nachvollziehbares, transparentes und sachgerechtes Bedarfsermittlungsverfahren festzusetzen und sodann, wiederum ohne erkennbare sachgerechte Bedarfsprüfung, insbesondere einen im Zeitverlauf augenfälligen erheblichen Teuerungsprozess schlicht unberücksichtigt zu lassen (und damit zugleich den Umstand auszublenden, dass das AsylbLG in § 3 Abs. 3 Satz 1 selbst bereits die Notwendigkeit von Leistungsanspassungen bei geänderten Kaufkraftverhältnissen berücksichtigt). Dass bei Schaffung des § 3 Abs. 2 Satz 2 AsylbLG eine nachvollziehbare Bedarfsermittlung stattgefunden habe, ist allerdings einstweilen nicht zu erkennen; jedenfalls sind dem Senat, der in einem anderen (Hauptsache-) Verfahren eine entsprechende Anfrage an das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gerichtet hat, bislang trotz schon vor geraumer Zeit erfolgter Anfrage aussagekräftige Informationen hierzu nicht mitgeteilt worden. Ebenso ist bisher nicht ersichtlich, dass in der Folgezeit Überprüfungen i.S.v. § 3 Abs. 3 Satz 1 AsylbLG hinsichtlich eines möglicherweise geänderten Bedarfs stattgefunden hätten.

Bestehen aus den genannten Gründen erhebliche Zweifel, ob die Bemessung der Leistungen nach § 3 Abs. 2 AsylbLG dem sich aus Artikel 1 Abs. 1 i.V.m. Artikel 20 Abs. 1 GG ergebenden, unverfügbaren und staatlich einzulösenden Grundrecht gerecht werden, so kann dies in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht ohne Auswirkungen bleiben. Zwar hat der Senat bislang bei jedenfalls zweifelhaftem Anordnungsanspruch in der Regel eine einstweilige Verpflichtung zur Erbringung von Leistungen nach § 2 anstelle von § 3 AsylbLG bisher abgelehnt und die Antragsteller insofern auf eine Klärung im Hauptsachverfahren verwiesen. Angesichts der Erkenntnis eines Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums durch das Bundesverfassungsgericht (a.a.O.), das die physische Existenzsicherung und ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben berücksichtigt, sieht der Senat es allerdings nunmehr als notwendig an, eine Verpflichtung im einstweiligen Verfahren bereits dann vorzunehmen, wenn der Anordnungsanspruch jedenfalls nicht deutlich ausgeschlossen erscheint und keine sonstigen besonders wichtigen Gründe des Einzelfalls gegen eine einstweilige Verpflichtung des Leistungsträgers sprechen. Für den Fall der Antragsteller gilt ohnehin, dass ein Anordnungsanspruch auch in Anwendung der bisher vom Senat angewandten Kriterien bereits glaubhaft gemacht erscheint. [...]